Am 22.8.2015 um 8.00 Uhr hatte der Oberbürgermeister der Stadt Halle zum Frühstück eingeladen. Anlass war eine geplante Demonstration der NPD gegen die Errichtung einer zweiten Anlaufstelle für Flüchtlinge Sachsen-Anhalts in Halle.
Spontan wurden Tische und Bänke von der Stadt aufgestellt in Halle-Neustadt. Das Wetter meinte es gut. So saßen pünktlich zur Eröffnungsrede des OB etwa 1000 Menschen gemeinsam an der Frühstückstafel. Jeder brachte etwas mit, so dass es zum regen Austausch von Speisen und Getränken kam. Während weitere Rednerinnen und Redner zu den aktuellen Themen der Flüchtlingssituation sprachen, kam es auch zu vielen Gesprächen unter den Teilnehmern. In meiner unmittelbaren Nähe saß Gunter von der halleschen plan-Aktionsgruppe. Er hatte seine Patenfamilie mitgebracht. Eine syrische Frau aus Aleppo mit ihrem sechsjährigen Sohn sowie ihrer 14-jährigen Schwester. Mutter und Sohn sind erst seit sechs Wochen hier in Halle, ihre Schwester bereits seit sechs Monaten. Sie möchte gern ihr Abitur so gut abschließen, dass es zum Mathelehrer- oder Zahnarztstudium reicht. Alle drei sehr sympathische Menschen, welche diese Atmosphäre an der Tafel genießen konnten nach all ihren schrecklichen Erlebnissen der letzten Jahre. Gunter wird nun in den nächsten Wochen viel Arbeit haben mit der Begleitung zu Ämtern und Ärzten. Doch das erfüllt ihn. Das Gefühl zu helfen, ist eine Kraftquelle in seinem Leben. Genau diese Atmosphäre versprühten auch alle anderen Teilnehmer. Wir sind in der Lage, Hilfe zu leisten und das ist ein Gefühl von Kraft und Lebensfreude. Wie lange die Tafel bestehen blieb, kann ich nicht sagen, da ich um 9.00 weitermusste. Doch ständig gingen Menschen und ständig kamen neue, so dass es schwierig war zu sagen, wie viele Menschen am Ende dabei waren.
Ein großes Lob an unseren OB für die spontane Idee und Umsetzung. Ein großes Lob auch für die Hallenser_Innen, welche ein klares Zeichen setzen konnten im momentan nicht abreißenden Nachrichtenmarathon über Flüchtlinge und Anschläge gegen Unterkünfte. Halle steht zur Hilfe für die Flüchtenden. Halle ist bereit zu helfen. Das ist doch eine gute Botschaft in die Welt.
Nicht verschweigen möchte ich auch zwei Aktivisten. Einer ist von der wöchentlichen Montagsdemo auf dem Markt bekannt. Er forderte auf, montags auf dem Markt zu kommen, um für eine bessere Politik zu streiten. Eine Politik der Ursachenbekämpfung und nicht der Schadensbegrenzung. Denn leider sind die Flüchtlinge wohl auch eine Folge unserer verfehlten deutschen Außenpolitik. Wir Deutschen sind viertgrößter Waffenexporteur der Welt!!! Wir fahren eine Wirtschaft, die es anderen Völkern sehr schwer bis unmöglich macht zu existieren. Wir tragen eine Mitschuld in der immer größer werdenden Flüchtlingswelle. Wir sollten die Ursachen beheben noch mehr als die Folgen zu bearbeiten. Egal ob plan (Kinderhilfswerk), welches sich für Bildung in der Welt stark macht oder viele Vereine und Gewerkschaften, welche gegen das TTIP Sturm laufen oder Sie als Verbraucher, wenn Sie sich gegen billig, billiger, am billigsten entscheiden … Es gibt so viele gute Ideen, wie unsere Welt gerechter zu machen wäre. Wir müssen nur weg von der einseitigen Nachrichtenwelt. Wir müssen nur hin zu umfangreicheren Informationsquellen. hallesche störung zum Beispiel. Machen Sie mit! Diskutieren Sie mit uns! Schreiben Sie für uns! Liefern Sie Fakten aus aller Welt!
Der zweite Aktivist stand mit einem Plakat am Rand der Tafel. "Gestern Waffen liefern und heute Frühstück teilen. Ihr Heuchler!“
Die Beamten der Polizei konnten also einen sehr entspannten Dienst verrichten. So geht friedlich, so geht Demokratie in Halle. Ein Gewinn für die Stadt, denke ich.
Steffen Neubert
plan/NABU/Tierschutz/Flüchtlingshelfer/störungsmitglied
ein guter artikel, durch ihn wird der aktuelle zur montagsmahnwache auch besser verständlich. ich wünsche mir mehr solcher aktionen und mehr solcher artikel. z.b. über den montagsstammtisch für flüchtlinge in der rose. aber gerne auch über den brandanschlag in der rose. denn auch das ist halle.