Trotz internationaler Ächtung und gesetzlicher Verbote ist Fischfang mit illegalen Methoden nach wie vor Gang und gäbe, und das nicht nur außerhalb der Europäischen Union. Weil es nicht genug Kontrollen vor Ort gibt, sind die Verbrauchersiegel, die für einen nachhaltigen Fischfang garantieren sollen, leider oft nur Makulatur. Eine junge NGO mit Sitz in Amsterdam hilft dabei, die Dunkelziffern zu verringern und illegalen Fischfang für die Behörden nachzuweisen. Sofian Zerelli (22) studiert technischen Umweltschutz an der TU Berlin und ist seit 2014 Aktivist bei „The Black Fish“.
Sofian Zerelli liebt das Meer und seine Bewohner. Diese Leidenschaft und der Wunsch, aktiv etwas für den Erhalt der Weltmeeere tun zu können, hat bei der Entscheidung für seine Studienrichtung eine große Rolle gespielt. Und es hat ihn zu „The Black Fish“ gebracht, einer neuen Organisation, die seit 2015 auch in Deutschland aktiv ist.
Das Geld für seinen ersten Einsatz als „Citizen Inspector“ ( Bürger – Ermittler ) im letzten Sommer hat er zuvor erfolgreich per Crawdfunding im Netz einsammeln können.
Zusammen mit anderen Freiwilligen aus ganz Europa klärte er im nordenglischen Wattenmeeer illegales Sammeln von Herzmuscheln auf.
„Herzmuscheln sind in der Morecambe Bay überfischt, die Fangsaison war zu unserem Einsatzzeitpunkt längst geschlossen, auch aus gesundheitlichen Gründen“, erzählt der Aktivist. Wegen Belastungen mit Salmonellen und Noroviren hätte theoretisch nicht eine einzige Herzmuschel gefangen werden dürfen. „Wir haben aber illegales Sammeln bei Ebbe beobachtet und den Behörden gemeldet.“ Ein weiterer Aspekt illegaler Fangpraktiken in England sind die skrupellosen Methoden beim Einsatz von Saisonarbeitern aus Fernost. So genannte Gangmaster vermitteln ungelernte Billigkräfte an Fischereiunternehmen, die oftmals als Nichtschwimmer und ohne jegliche Erfahrungen auf Trawlern eingesetzt werden. Erst vor sechs Jahren sind 30 Chinesische Arbeiter vor der englischen Küste ertrunken, berichtet Sofian.
Vor seinem ersten Einsatz absolvierte er ein spezielles Training für die Kampagne. Kontakt zu „The Black Fish“ hatte er über das Internet aufgenommen. Die NGO ist vor fünf Jahren in den Niederlanden gegründet worden. Heute gibt es Büros nicht nur in Amsterdam, sondern auch in England, Spanien und in Deutschland. „Geografisch konzentriert sich unsere Arbeit auf das Mittelmeer, die Ostsee und Teile der Nordsee“, sagt Sofian, der im kommenden Jahr unbedingt auf Sizilien dabei sein möchte. Dort geht es um Thunfisch, der seit der Aufhebung des US-Importverbotes wieder in großem Stil gefangen wird. Die freiwilligen Ermittler von „The Black Fish“ haben im Sommer 2015 zufällig illegale schwimmende Köder entdeckt und den italienischen Behörden gemeldet. Für den Sizilien-Einsatz gab es sogar eine Kooperationsvereinbarung mit der italienischen Küstenwache. Trotzdem gibt es für die Arbeit der „Cizizen Inspectors“ klare Grenzen. Selbst verfolgen oder „zur Strecke bringen“ dürfen sie die Firmen nicht. „Es hängt nicht von uns ab, was mit unserer Arbeit geschieht“, fasst Sofian zusammen. „Wir als NGO können nur aufdecken und Beweise sammeln. Der Rest ist der Job der Fischereibehörden. Und das ist auch oft das Problem bei der Weiterverfolgung.“ In Schweden haben die Aktivisten Betrug beim MSC-Label für Kabeljau aufgedeckt, der mit illegal veränderten Netzen gefangen wurde. Die Behörden dort haben aber nicht gehandelt, weil offiziell ein Fotoverbot im Hafen herrscht. „Unsere Beweismittel wurden also nicht anerkannt, weil sie nicht legitimiert waren.“
Was ist das für ein Gefühl, ein freiwilliger „Hilfspolizist“ der Meere zu sein ?
„Auf jeden Fall ist es ein gutes Gefühl, etwas beizutragen, zu verändern. Ärgerlich wird es, wenn unsere Arbeit keinen Erfolg bringt wie in Schweden. Dann landet man schnell bei Systemfragen. Das Dilemma ist die Lücke zwischen der vorhandenen Gesetzgebung und ihrer Durchsetzung und Kontrolle. Diese versuchen wir zu schließen, und zwar mit den Behörden. Das beste an unserer Arbeit ist für mich, dass wir aktiv am Bewusstsein in Europa arbeiten können. Als Verbraucher hat sich Sofian schon stark umgestellt. Seit seinem Einsatz isst er privat überhaupt keinen Fisch mehr. „Geschätzt wird ja, dass 40-50 Prozent des Fisches in Europa illegal gefangen sind. Ich habe das Glück, nicht abhängig zu sein von dieser Nahrungsquelle wie 50 % der Weltbevölkerung.“
Im September 2016 wird Sofian Zerelli mit „The Black Fish“ vor in Halle zu einem Vortrag einladen. Anfang Januar ist die NGO dabei auf einer kritischen Gegenveranstaltung zur Grünen Woche in Berlin.
http://gruene-woche-demaskieren.de/
Kontakt Mitgliedschaft / Bewerbungen für Citizen Inspector Programm:
Valesca Diemel germany@theblackfish.org