Die Stadt Halle und die Gemeinde Sennewitz wollen auf dem Gelände einer alten Aschespülhalde nördlich von Halle-Trotha ein riesiges Solarkraftwerk errichten. Fünf Trafostationen, 145 Wechselrichter und 38 280 Solarmodule sollen eine Fläche von 22,7 Hektar einnehmen.
Der ursprüngliche Flächennutzungsplan bescheinigte der Fläche eine „sehr hohe klimatisch-/ lufthygienische Ausgleichsfunktion für den angrenzenden Stadtteil Trotha“. Doch der Flächennutzungsplan wurde vom Stadtrat geändert, der Bau der mindestens 10 Millionen Euro teuren Anlage steht somit kurzfristig bevor. Umweltschützer kritisieren Eingriffe in die Lebens- und Rückzugsräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Auch bestehe die Gefahr vermehrter Auswaschungen und Verwehungen von Schadstoffen.
Zwitter Umweltbericht
Inzwischen steht dazu ein "Umweltbericht" gemäß Baugesetzbuch online, dessen Lektüre auf jeden Fall lohnt. Das ist zwar noch keine Umweltverträglichkeits-Prüfung, prognostiziert aber einigermaßen wissenschaftlich die zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die "Schutzgüter" Boden, Wasser, Klima, Mensch, Tiere, Pfanzen und Landschaftsbild.
Bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf das "Schutzgut Mensch" werden als gering eingeschätzt. Die Tierwelt ist weit stärker betroffen: Teichmolch und Erdkröte vermehren sich im Bereich. Dem Teichfrosch ist es zu trocken, er wandert nur durch. Aber Lurche würden auf der "sehr viel befahrenen L 145" ohnehin plattgefahren, deshalb "ist der Tierartengruppe Lurche im Geltungsbereich des Bebauungsplanes eine geringe Bedeutung beizumessen."
Den Reptilien geht es kaum besser: 54 Zauneidechsen sind "im Planungsgebiet nicht als eigenständige Population anzusprechen, sondern bilden Einzel- bzw. Streubestände."
Die Vögel machen es den Planern schon schwerer: 2016 konnten insgesamt 50 Vogelarten nachgewiesen werden, davon 39 ansässige Brutvögel mit 15 Rote-Liste-Arten wie Neuntöter, Mäusebussard, Wendehals, Grünspecht und Grauammer. Schwarzmilan, Turmfalke, Rauchschwalbe und Gartenrotschwanz sind zwar auch geschützt, aber nur Durchzügler. Die Brutvogelarten hingegen sind so "wertgebend", dass "der Tierartengruppe Vögel insgesamt ... eine hohe Bedeutung beizumessen" ist.
Wertgebende Heuschrecken
Auch die Insekten halten sich gut: sechs bedeutsame und eine besonders geschützte Heuschreckenart sorgen dafür, dass "der Tierartengruppe Heuschrecken im Geltungsbereich des Bebauungsplanes eine hohe Bedeutung beizumessen" ist. Unter den 18 ansässigen Tagfalter-Arten des Gebiets sind keine Raritäten, deshalb lautete der Urteilsspruch "mittlere Bedeutung". An Säugetieren wurden Rotfüchse und Muflons beobachtet. Insgesamt erhielt das Schutzgut Tiere eine "mittlere Wertigkeit", was Ausgleichsmaßnahmen außerhalb der Baufläche erfordert.
Den Pflanzen des Gebiets bescheinigt der "Umweltbericht" einen "geringen Wert", trotz der besonders geschützten Landröhricht-Bestände. Die Geologie ist auch nicht "wertgebend": "Dem Schutzgut Boden ist am Standort in der Gesamtbetrachtung eine geringe Wertigkeit zu bescheinigen." Grund- und Oberflächenwasser werden durch die geplanten Bauten kaum beeinflusst, Havariegefahr besteht nur gering.
Trotha wird ungesünder
Klimatisch befindet sich der geplante Solarpark einschließlich seiner Randbereiche auf einer Freifläche mit "sehr hoher lufthygienischer Ausgleichsfunktion“. Ein wertvolles "Kaltluftentstehungsgebiet“ mit guten „Luftleitbahnen“ in die Umgebung droht überbaut zu werden. Die Luftqualität in Halle-Trotha würde deutlich sinken: "Damit ist die Beeinträchtigung auf das Schutzgut Luft/Klima insgesamt als „erheblich“ einzuschätzen."
Das Landschaftsbild leidet auch, deshalb wird der "Grad der visuellen Verletzlichkeit als mittel" eingeschätzt.
Abschließend werden Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen, hauptsächlich zum Vogelschutz, dazu Durchlässe für Kleintiere in der Umzäunung und Erhalt des Röhrichts. Nur klimatisch gibt es keine Ausgleichsmaßnahmen und die Anlage wird auch nur dann Strom produzieren, wenn alle anderen Anlagen der Umgebung dies auch tun ...
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Wobei die geplante Solaranlage nur Strom produziert, wenn alle anderen Solaranlagen dieser Republik auch Strom erzeugen. Statt die Hallenser diese Ideenlosigkeit teuer bezahlen zu lassen, sollte die EVH den Strom lieber billig zukaufen, wenn dies denn überhaupt erforderlich ist? Das Stadtklima wird es ihr danken.
ja, es gibt deutliche Schädigungen der Umwelt durch dieses Projekt. Vielleicht muss man über die Größe nachdenken.
Aber, Leute, ihr alle verbraucht Energie, was wollt ihr eigentlich? Lieber ein Atomkraftwerk, oder Strom von den Windrädern in der Nordsee, der durch ganz Deutschland geleitet wird. Einerseits schreien wir nach erneuerbaren Energien, andererseits wollen wir aber nichts in unserer Nähe, das vielleicht Schaden anrichten könnte.
Strom gibt es nur durch Umweltschädigung, das sollte uns allen doch klar sein. Hier geht es nur um das kleinere Übel, sonst um nichts!
Dass die "Energiewende" auch mindestens eine dunkle Seite hat, legt der Autor anschaulich und witzig dar. Nebenbei wird man daran erinnert, dass das "Verlautbarungsdeutsch", in den Ämtern und Behörden liebevoll gepflegt, ein schier unversiegbarer Quell unbeabsichtigter Heiterkeit ist.