Seit Anfang des Jahres 2017 gibt es Bundesfördermittel für den Bau von Radschnellwegen. Bedingungen dabei sind, dass sie grundsätzlich vier Meter breit sein müssen, voll asphaltiert, kreuzungsfrei, fußgängerfrei, fast ohne Steigungen und mindestens fünf Kilometer lang sind.
70 Millionen Euro stehen schon mal als Anschubfinanzierung des Bundes dafür bereit. Im Moment läuft die Anmeldefrist, in der die Bundesländer Bedarf an derartigen Verkehrswegen signalisieren können. Niedersachsen hat 13 Vorschläge eingebracht und Hessen 10. Sachsen hat vier Strecken angemeldet, Sachsen-Anhalt sechs und Thüringen keine. Anders als die touristischen Fernradwanderwege sollen Radschnellwege den Autobahnen Konkurrenz machen. Vorbild ist dabei Nordrhein-Westfalen, das ein landesweites Radschnellwege-Netz plant. Gebaut wird dort der "RS1" (Radschnellweg 1), von dem 15 Kilometer zwischen Mülheim und Essen schon für den Verkehr freigegeben sind. Die Gesamtstrecke des "RS1" soll einmal 100 km weit von Duisburg über Mülheim, Essen, Bochum und Dortmund nach Hamm führen. Erste Erfahrungen zwischen Mülheim und Essen zeigen, dass die Strecke vor allem von Berufspendlern und Studenten angenommen wird, für die der Radschnellweg jetzt schon eine Alternative zu den staugeplagten Autobahnen des Ruhrgebiets ist.
Länder und Gemeinden müssen zahlen
In Sachsen und Sachsen-Anhalt konzentrieren sich die Überlegungen auf eine Verbindung zwischen Halle und Leipzig. Im Rahmen der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland sollen dafür zusätzliche Fördermittel "locker gemacht" werden. Denn Länder und Gemeinden müssen anteilig mitfinanzieren, was besonders in den chronisch hoch verschuldeten Gebietskörperschaften für komplizierte Diskussionen sorgt. Für die etwa 35 km lange Piste zwischen Leipzig und Halle schlagen interessierte Planer einen Weg parallel zur Leipziger Luise-Otto-Peters-Allee hin zum Flughafen Leipzig/Halle vor. Nach komplizierten Querungen anderer Verkehrsträger soll der Weg dann südlich der Bahntrasse, über Beuditz und unter der A 9 hindurch bis nach Halle führen. Die Kosten werden auf 25 bis 30 Millionen Euro geschätzt. Wobei der bestehende Elster-Saale-Radwanderweg zwischen Halle und Leipzig deshalb nicht benachteiligt werden soll. Neben den Kosten stehen vor allem befürchtete Umweltschäden in der Kritik. In einer Pressemitteilung vom 07.04.2017 warnt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e. V. (AHA) davor, dem bestehenden umfassenden Netz von lokalen Radwanderwegen weitere parallele Schnellradler-Trassen hinzufügen.
Bodenversiegelung und Vandalismus
Der Umweltverein befürchtet das flächendeckende Zerschneiden wertvoller Landschaften im unteren Saaletal mit Asphalttrassen. Die Bodenversiegelung würde zur Zerstörung von Biotopen und Wanderwegen für Klein- und Kleinstlebewesen führen. Die vier Meter breiten Kleinstraßen würden verstärkt von Motorrädern und Mopeds genutzt. In dem Zusammenhang machten sich ausgiebige Bepollerungen der Wege notwendig, um das ungehinderte Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art zu verhindern, aber die Nutzung durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, Maschinen und Geräte zu ermöglichen. Nur so könnte auch die Gefahr für die Fahrradfahrer und Fußwanderer gesenkt werden.
Laut Statistischem Bundesamt und Umweltbundesamt werden in Deutschland täglich zwischen 80 und 90 ha Boden neu versiegelt. Bei schnurgeraden Schnellwegen würden neue Brückenbauwerke in Landschafts- und Naturschutzgebieten besonders die Auenlandschaften zerschneiden. Radschnellwege nutzen nur den Großstädten. Statt dessen gilt es dafür Sorge zu tragen, touristische Angebote an bestehenden Fuß- und Radwanderwegen zu stärken, Gastronomie und Übernachtung zu befördern sowie kulturelle, wirtschaftliche und ökologische Angebote vor Ort besser darzustellen und zu kommunizieren.
Abgesehen davon hält es der AHA für dringend geboten, innerhalb der Ortschaften die Bedingungen des Radwegenetzes zu verbessern. Dazu gehören die Beseitigung baulicher Schäden, regelmäßiges Reinigen von Schmutz, Glassplittern und anderem Unrat, Beendigung der häufigen Degradierung zu Parkstreifen für Kraftfahrzeuge, Abstell- und Lagerplatz für Materialien sowie einen umfassenden Winterdienst!
LVZ: Auf dem Rad von Leipzig nach Halle
AHA: AHA warnt ...