Im Mai diesen Jahres erschien in einem Wissenschaftsjournal relativ unbemerkt ein Artikel zum Thema ‘Der Penis als ein soziales Konstrukt‘. Hinter der satirisch intendierten Aktion standen zwei gender-kritische männliche Wissenschaftler, die dem Penis unter 'false flag' die Schuld am Klimawandel unterjubeln wollten.
Der von dem Philosophen Peter Boghossian und dem Mathematiker James Lindsay verfasste Artikel sollte, laut Selbstdarstellung der Autoren, ein ‘absurder, lose im Stile der poststrukturalistisch-diskursiven Gender Theorie komponierter Artikel‘ sein, der behauptet, dass ‚Penisse nicht als Geschlechtsorgan betrachtet werden sollten, sondern als schädliche soziale Konstruktionen‘ und dass ‚Männlichkeit an sich böse, sowie verantwortlich für den Klimawandel‘ sei.
Artikel kam bei seriösem Magazin nicht durch
Das selbst-erklärte Ziel der Wissenschaftler war es, einen unzumutbaren Artikel in ein Wissenschaftsmagazin zu schleusen, wie es der Physiker Alan Sokal schon 1996 getan hatte. Auf diese Weise sollten die vermeintlich schlechten wissenschaftlichen Standards von so genannten Peer-Review-Journalen* kritisiert und der ‘wissenschaftskorrumpierenden Postmodernismus‘ entlarvt werden. Wie die Geschichte nun zeigt, wurden ihre Ziele jedoch nicht erreicht. Denn das Paper wurde zuvor bereits beim Magazin ‘NORMA International Journal for Masculinity Studies‘ eingereicht, wo es nach einem Peer-Review-Prozess abgelehnt wurde.
Allerdings leitete das Magazin den Artikel nach der Ablehnung an ein angegliedertes und eher unseriöses Bezahl-Journal (Social-Cogent-Science) weiter, in welchem es dann gegen Bezahlung erschien. Den Nachweis, dass das System der Peer-Review innerhalb der Wissenschafts sehr wohl funktioniert, lieferten die Kritiker mit ihrer Scherzaktion somit selbst. Und auch der Versuch, den Gender Studies unwissenschaftliche Methoden nachzuweisen, scheiterte, denn dazu hätte es einer seriösen repräsentativen Studie nach wissenschaftlichen Methoden bedurft.
Wichtige und berechtigte Fragen
Dennoch wurden mit der Aktion zwei Probleme ersichtlich. Zum einen wird die Frage nach den Problemen von Bezahl-Journalen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs und deren Seriosität aufgeworfen. Zum anderen steht die Qualitätssicherung von derartigen Peer-Review-Prozessen zur Debatte, um Studienmüll insgesamt gering halten zu können und wissenschaftliche Standards zu schützen.
Die am Anfang der Aktion stehende Behauptung, dass Peer-Review-Prozesse die Standards des wissenschaftlichen Arbeitens verwässern, sowie dass die Forschungsergebnisse innerhalb der Gender Studies keine wissenschaftliche Grundlage hätten, müssen also weitere Studien und Diskurse versuchen zu zeigen. Deutlich erkennbar wird an diesem Fall allerdings, dass ‘Fake-Studien‘ ein ungeeignetes Mittel sind, auf vermeintliche wissenschafstliche Missstände aufmerksam zu machen.
*Ein oder eine Peer-Review (englisch von Peer, Gleichrangiger und Review, Gutachten) ist ein Verfahren zur Qualitätssicherung einer Arbeit durch unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet. Peer-Review ist im Wissenschaftsbetrieb von herausragender Bedeutung, um die Eignung eines wissenschaftlichen Textes zur Veröffentlichung zu beurteilen. Dadurch soll die Qualität von wissenschaftlichen Publikationen gewährleistet werden.[1] Viele wissenschaftliche Fachzeitschriften nutzen ein Peer-Review, häufig in Form eines Doppelblindgutachtens. Ebenso wird die Qualität von Anträgen zur Förderung von Forschungsprojekten mittels Peer-Review beurteilt.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Peer-Review