Sie waren nie ein Sparer. Es ist egal, wie viel Sie auf Ihr Sparkonto oder Girokonto einbezahlt haben — Sie haben nichts gespart. Sie sind ein Gläubiger der Bank. Sie sollten wissen, dass es seit hunderten Jahre so ist. Überall in der Welt. Sobald Sie Ihr Geld auf einer Bank einlegen, gehört das Geld der Bank.
Bestens: so kann die Bank mit „Ihrem“ (ehemaligen) Geld tun, was sie will. Und wenn durch das, was die Bank dann auch durchführt, es zum Geldverlust und/oder zur Bankinsolvenz kommt, wird das Geldvermögen der Bank, dass heißt das Geld, das noch bei der Bank ist, unter den Gläubigern verteilt. Ja, Ihre Ersparnisse werden an die Gläubiger gehen. Toll, sagen Sie, „Ich bin einer der Gläubiger!“
Institutionelle Gläubiger werden bei einem Crash bevorzugt
Sie haben Recht. Was Sie wahrscheinlich nicht wissen ist: Es gibt eine Rangfolge unter den Gläubigern. Es gibt vorrangige Finanzverbindlichkeiten, höchstrangige Obligationäre, welche ihr Geld zuerst vom Restgeld der Bank bekommen. Was ist das „Restgeld“? Es ist nichts anderes als eben Ihre Ersparnisse! Aber Sie haben als Gläubiger durch Ihre Einzahlung den niedrigsten Rang der Gläubiger. Dass heißt, nur wenn die großen „institutionellen“ Investoren, die Aktionäre, die Spekulanten und alle Anderen bezahlt sind, sind Sie erst dran — wenn dann noch Geld da ist! Ihre Ersparnisse wurden benutzt, um das Geld der großen Spekulanten zu retten.
Das ist, was die italienischen Sparer und Sparerinnen im Dezember letzten Jahres entdeckt hatten. Viele haben ihre Lebensersparnisse verloren. Das führte sogar zu nicht wenigen Selbstmorden. DAS ist, was gemeint ist, wenn Schäuble und Merkel sagen: Keine Bankenrettung durch den Steuerzahler. Eine solche Rettung mit „Steuergeld“ heißt Bail-Out.
Seit 2012 gibt es noch ein neues amerikanisches Wort im deutschem Wortschatz: Bail-In. Das ist was oben beschrieben ist — der „rechtmäßige“ Klau Ihres Geldes. Zitat:
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die geplante Rettung von italienischen Banken durch den Steuerzahler verhindert. Bloomberg berichtet, dass Deutschland klargemacht habe, dass die von der EU beschlossenen Bail-In-Regeln angewandt werden müssten. Bloomberg beruft sich auf deutsche Regierungskreise. Demnach habe die Bundesregierung gefordert, dass zuerst die Gläubiger der Banken an Verlusten beteiligt werden müssten. (DWN)
Bail-In: Vom Notfallszenario zur geltenden (Un)rechtsnorm
Die „Bail-In-Regeln“ wurden letztes Jahr beschlossen und gelten ab 1. Januar diesen Jahres. Wenn Merkel dieses sagt:
Auch diese Forderungen bügelte Merkel ab. Die europäische Bankenunion sei noch keine zwei Jahre alt. "Wir können ja nicht alle zwei Jahre die Dinge neu machen", betonte sie. Die bestehenden Regelungen bieten aus ihrer Sicht genügend Spielraum, um mit schwierigen Situationen umzugehen. (N-TV)
meint sie „Bail-In“. Wenn Sie die Schlagzeile lesen: „Deutschland und Niederlande: Kein Steuergeld für Italiens Banken“ (DWN) dann ist mit „Deutschen“ und „Niederländern“ gemeint, dass ein „Bail-Out“ nicht benutzt werden darf, aber der „Bail-In“. Das heißt, die ‘systematischen’ und nun wahrscheinlich richtig gut strategisch geplanten Sünden der Banken werden nicht vom gesamten Staatshaushalt bezahlt, aber von den unschuldigen Sparern und Sparerinnen, welche ihr Geld der Bank anvertraut haben. Und die Bankregulierungsbehörden, die die Banken nie wirklich überprüft haben, werden auch nie bestraft, ebenso nicht die Geschäftsführer, und nicht die Spekulanten.
„Bail-In“ wurde zu allererst in der Zypernfinanzkrise von 2013 eingesetzt. Jetzt ist es in Europa, in den UK, in den USA und Canada überall als Regelung gültig. So sagen Merkel, Schäuble, Hollande und die Niederländer: Banken können jetzt nur durch ein Bail-In „gerettet“ werden. Das heißt: Anlegergeld klauen. Aber natürlich muss man sich in Deutschland nicht sorgen!?
Der Bail-In soll zuerst nur bei der betroffenen Bank selbst stattfinden. Im schlimmsten Fall würden möglicherweise alle Banken in einem Land unter Zwang herhalten müssen. Bis jetzt gibt es keine europaweite Bail-In Regel. Deshalb sind Merkel und Schäuble ziemlich locker, wenn sie verlangen, dass sich Italien an die neuen Regeln zu halten habe. Und natürlich wird es in Deutschland immer so dargestellt, dass die Bankenkrisen anderswo stattfinden.
Renzi hat am Tag X ein Problem
Premierminister Renzi will die neuen „Bail-In“ Regeln nicht benutzen. Ernst Wolff, der Autor des Buches „Weltmacht IWF“, sagt in einem Interview:
„Er spürt, dass ein Rettungsversuch mittels Bail-in in Italien einen Banken-Run, wenn nicht einen Volksaufstand auslösen könnte. Einen Vorgeschmack darauf gab es ja Ende letzten Jahres, als vier kleinere italienische Banken mittels Bail-in gerettet wurden und ein Aufschrei der Empörung durch Italien ging. Außerdem würde ein Bail-in und seine Folgen den EU-Gegnern in Italien Aufwind geben und das Land mit großer Wahrscheinlichkeit umgehend zum nächsten EU-Austrittskandidaten machen.“ (DWN)
Aber Schäuble und Merkel verlangen den Bail-In. Und wenn es sich so auswirkt, wie Renzi befürchtet? Dann hat Deutschland große Sorgen. Noch eine Schlagzeile erklärt das ganz einfach: „Deutsche Banken nervös: 90 Milliarden Dollar Risiko in Italien". Die Banken-Krise in Italien sorgt für Nervosität im Banken-Sektor: Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank fordert eine neue Banken-Rettung aus Steuergeldern. Der Grund: Deutschland und Frankreich haben eine hohe Exposure [hohe offene Positionen] in Italien.
„Italiens Banken haben besonders viel ausfallgefährdete Kredite in ihren Büchern. Schätzungen gehen davon aus, dass die riskanten Papiere einen Umfang von etwa 360 Milliarden Euro haben – so viel wie in keinem anderen Bankensystem der Eurozone.“ (DWN)
Deshalb der Titel dieses Artikels: Merkels Renzi Dilemma - Renzis Merkel Dilemma. Wenn Merkel und Schäuble an den Bail-In Regeln festhalten, kann dies die Destabilisierung deutscher und französischer Banken verursachen. Wenn die Deutsche Bank Hilfe braucht, dann müssen Schäuble und Merkel entscheiden, ob sie Heuchler werden wollen, und einen Bail-Out mit Steuergeld durchführen ODER, die Bail-In Regeln verteidigen, das Geld der Deutsche-Bank-Anleger klauen. Dann könnten in Deutschland das passieren, was Renzi in Italien befürchtet.
Dann könnte es sogar zu einer Lösung kommen, die der Max-Planck-Ökonom Martin Hellwig neulich geäußert hatte: Verstaatlichung. (FAZ) Die Leser- Kommentare zu diesem Bericht haben, wie immer, mehr Einblick und Vernunft als die Banker und Ökonomen.
Deutsche Bank bereits klinisch tot
Aber man braucht keine Krise in Italien, um eine Krise bei der Deutschen Bank zu verursachen. Die Deutsche Bank allein ist selbst eine ständige Krise. Die kommende Krise durch die Deutsche Bank wird die italienische Bankenkrise wie einen verlegten Pfennig erscheinen lassen. Deutsche Bank ist schon jetzt technisch insolvent.
„Erst kürzlich fiel die international stark vernetzte Deutsche Bank zum zweiten Mal in Folge durch den Stresstest der US-Notenbank – Grund genug, das Risikomanagement von Großbanken zu verbessern, sie schärfer zu beaufsichtigen und grenzüberschreitende Folgen genau im Auge zu behalten.“ (Euroactiv)
Neuer Spruch: systemrelevante Finanzinstitute. (Systemically important financial institution) Wie das Piraten Wiki erklärt:
Systemrelevante Banken sind Banken, die so groß ("too big to fail") und so stark mit anderen vernetzt sind ("too connected to fail"), dass ihr Zusammenbruch zu einem Dominoeffekt führen würde, also dem Zusammenbruch weiterer Banken bis hin zum Crash des Finanzsystems.
„Von systemrelevanten Finanzinstituten wird allgemein gesprochen, wenn der plötzliche Ausfall eines solchen Instituts die Zahlungsfähigkeit anderer Institutionen bedrohen und damit eine Krise des Finanzsystems und gegebenenfalls der Realwirtschaft entstehen könnte („Ansteckungseffekte“). Im Englischen spricht man von SIFI (systemically important financial institution). “ (aus einer Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Regulierung von systemrelevanten Finanzinstituten, 21.10.2011, S.1[1])
Weiter mit Euractivs Bericht: Die Deutsche Bank ist die wohl riskanteste Bank der Welt, warnt der Internationale Währungsfonds (IWF). EurActiv-Kooperationspartner Milano Finanza berichtet:
Sie ist eine der größten Banken weltweit: Die Deutsche Bank. Und sie “scheint der wichtigste Netto-Risikoträger für systemische Risiken im globalen Bankensystem zu sein”, betont nun der IWF im Rahmen seines Programms zu Bewertung des Finanzsektors (FSAP). Das deutsche Bankensystem weise ein höheres Ansteckungsrisiko nach Außen als nach Innen auf. Im schlimmsten Fall würde das bedeuten, dass die Deutsche Bank so wichtig für das globale Finanznetzwerk ist, dass ihr Zusammenbruch in einem Desaster für den gesamten Bankensektor enden würde.
Obiges auf Englisch mit Grafiken auf Zerohedge.
Wer zahlt am Ende?
Sie erkennen jetzt, was für ein schönes finanzielles Eintopfgericht Schäuble und Merkel für Sie vorbereitet haben. Herr Schäuble und Frau Merkel befinden sich in einer Zwickmühle ihres eigenen Tuns. Als die Hauptfeldwebel finanzieller Korrektheit in der Eurozone werden sie jetzt von ihren eigenen Sünden eingeholt. Aber Sie werden bezahlen, nicht sie. Was wir nach der Zerstörung Griechenlands und von den italienischen Schulden als Schulmeister für das Platzen der Deutsche Bank erwarten können, werden wir in einer Woche im nächsten Teil besprechen. Wir werden erweitern und erklären, was kaum im deutschsprachigem Raum über die Deutsche Bank zu finden und lesen ist. Sind Bail-In, Bail-Out oder Verstaatlichung die einzigen Auswahlmöglichkeiten? Wie ist der Zustand der Sparkassen und Landesbanken? Wie steht es mit dem Haushalt und den Schulden der Stadt Halle?
Auf jeden Fall ist alles sehr dringend. In der englischsprachigen Finanzpresse ist die Deutsche Bank schon unter Totenwache. Sie ist nicht allein. Wie in 2008 sind alle großen Banken (U.S., U.K. Frankreich usw.) unterkapitalisiert — das heißt: sie haben nicht genügend Geld, eine weitere Finanzkrise zu bewältigen. (Souvereign man)
Bald wird eine neue Finanzlandschaft entstehen. Die Leiter des jetzigen neoliberalen Finanzsystems sind ahnunglos. Ups, leider nicht. Die wissen genau, was sie tun und was sie verursachen. Das jetzige neoliberale Finanzsystem bricht zusammen. Sie haben sicher das Flüstern in den Alternativen Medien gehört, darüber gelesen, oder schon diskutiert oder was unternommen. Eine tiefere Erläuterung der Redewendung „Neoliberalismus“ wird hier erscheinen.
Fragen über Fragen
In den nächsten Jahren werden unter der „Philosophie“ des Neoliberalismus Entscheidungen über den auslaufenden Länderfinanzausgleich (Zeit) , sowie den Solidaritätszuschlag (Richtungsfrei) getroffen. Was ist die Ideologie dahinter und was sind die Gründe für den „ausgeglichenen Haushalt“? (Zeit). Wie gestaltet der Neoliberalismus die jetzigen Methoden öffentlicher Finanz- und Steuerpolitik? Was würde Sachsen-Anhalt ohne sein 560.000.000 € Solidaritätszuschlag Geld tun? Was ist die Rolle von Gebühren und Beiträgen in der öffentlichen Finanzpolitik und wie sind sie vom Neoliberalismus geprägt? Wie werden Sachsen-Anhalt und Halle ihre Schulden und deren Zinsen in einer erneuten Finanzkrise bezahlen?
In den kommenden Wochen und Monaten werden wir hier diese Themen, sowie den Zusammenhang zwischen Finanzsystem und der Rettung (oder weiteren Zerstörung) des Planeten, besprechen und erläutern. Wie wird Merkel ihrem Renzi Dilemma entgegnen? Der erste Schritt kommt schon, aber schräg:
Die SPD sieht die deutsche Bevölkerung „aufgrund terroristischer Bedrohungen neuartigen Gefahren ausgesetzt“. Daher sei es sinnvoll, der Bevölkerung Anweisungen zum Horten von Lebensmitteln, Wasser und Bargeld zu geben. Die Opposition hält die Warnungen für Angstmache. (DWN)
Ohne ein Wort über das Finanzsystem, erteilt Ihnen die Regierung Rat darüber, wie private Personen eine Finanzkrise bewältigen können. Mehr zum Thema im nächsten Artikel. In der Zwischenzeit lohnt es sich, die Hinweise Burkhard Lischka’s zu befolgen.
Die SPD hat die Kritik der Opposition am geplanten Zivilschutzkonzept der großen Koalition zurückgewiesen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, sagte am Montag der Nachrichtenagentur AFP, dass es normal sein sollte, dass die Bevölkerung selbst Vorsorge treffe, um auf Extremsituationen vorbereitet zu sein. „Der Kauf von bestimmten Nahrungsmitteln und Trinkwasser auf Vorrat ist von daher nichts Besonderes und schon gar keine Angstmache.“
Rodney Thomas
Der Einlagen-Sicherungsfonds der Banken schützt Kleinsparer bis 100 000,- € pro Person. Erst darüber hinaus (oder wenn gleichzeitig "alles krachen" geht) kommt es zu Verlusten für Sparkunden. Für eine Bail-In-Lösung spricht, dass die Staaten (bzw. ihre Steuerzahler) nicht für absurde Wettgeschäfte und Spekulationen zahlen müssen. Sollte also nicht eher eine saubere Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanken gefordert werden?