Liebe Leserinnen und liebe Leser.
Seit einem Jahr stehen wenige Menschen jeden Montag um 18.00 Uhr auf unserem Markt und versuchen Fehler unserer modernen Zivilisation deutlich zu machen. Doch keiner der vorbeilaufenden Hallenser oder Besucher unserer Stadt bleibt stehen, um zuzuhören.
Woran liegt das? An den Themen kann es nicht liegen, die sind sehr aktuell und sehr brisant. Sind sie zu brisant? Trauen wir „Normalbürger“ uns nicht heran an so gewichtige Themen? Vielleicht liegt es auch an der Art der Vortragenden. Die Sprecher sind oft sehr direkt, sehr deutlich. Da überschreitet auch mal ein Redner seine Grenzen in der Emotion. Die gesagten Worte versprühen eine Angst, eine große Bestürzung. Es macht beklommen, wenn man Worte, die man in unseren Medien zu den üblichen Sendezeiten so nicht hört, so laut hört. Es ereilt einem das Gefühl, dass gleich die Polizei einschreitet und alles untersagt.
Doch was soll sie untersagen? Öffentliche Meinungen sind erlaubt, ja sogar erwünscht in unserer Gesellschaft. Zu extrem? Ist es Ihnen lieber, wenn gut gekleidete Damen und Herren in ruhiger und lieblicher Stimme uns täglich beibringen, wie wichtig unsere Waffenproduktionen und -lieferungen in Krisengebiete dieser Welt sind? Deutschland steht auf Platz vier der Waffenproduzenten!!! Ist es Ihnen lieber, wenn nett wirkende Menschen uns täglich sagen, wir arbeiten zu wenig und verlangen zu viel? Auch auf Kundgebungen von Gewerkschaften geht es nicht ruhig zu. Auch da werden Verantwortliche namentlich angesprochen. Doch da ist der Schutz von großen Organisationen beruhigend, oder?
Warum kämpfen Zehntausende auf den Straßen um mehr Geld und werden im Fernsehen gezeigt?
Warum kämpft keiner für Frieden in unserem Land? Gibt es da vielleicht Zusammenhänge mit dem Mehr-Geld für uns und dem Mehr-Leid in der Welt?
Bitte liebe Leserinnen und Leser, überwinden Sie ihre Angst! Bleiben Sie einfach mal eine gewisse Zeit stehen, hören Sie zu, sprechen Sie mit den Sprechern! Keiner muss sich mit allem identifizieren, nur weil er auf dem Markt irgendwem zuhört.
Oder – Sie helfen ganz einfach. Ja, Sie haben etwas verpasst in Halle am Di. den 17.3. 2015.
„Willkommen in der Nachbarschaft!“
Da trafen sich etwa 60 ruhige, verantwortungsvolle Menschen, um sich Gedanken über die Flüchtlinge zu machen, welche in Halle ankommen. Etwa 1500 Menschen werden in diesem Jahr in unsere Stadt kommen. Menschen aus Kriegsgebieten, die sich unsere Stadt nicht aussuchen können. Nein, wir konnten erfahren, dass diese Menschen sogar oft einzeln, von all ihren Wegbegleitern getrennt hier ankommen. Nur weg von der Heimat. Nur weg vom Krieg. Nur weg vom Elend und weg von der Armut.
Zusammenhänge? Faire Weltwirtschaft, TTIP, Handelsabkommen, Bankengeschäfte, Aktienkurse, was hat das alles mit Krieg und Armut in der Welt zu tun? Fragen Sie mal die Redner der Montagsdemo!
Aber zurück zum Abend der Vernetzung. Es stellten sich unzählige Menschen vor, welche in kleinen und großen Organisationen sehr aktiv sind. Es entstand ein Gefühl für drei Stunden von menschlicher Wärme und heiler Welt. Doch nur der bittere Ernst der halleschen Realität war Ursache dieses Treffens. Die Freiwilligenagentur hatte eingeladen zu einem Workshop (auf Deutsch kreativer Verständigungskreis?).
Unsere Flüchtlinge, nein unsere neuen Mitbürger, wollen empfangen werden. Sie haben es doch verdient nach all dem Leid und Elend hier nicht nur behördlich anzukommen, sondern auch menschlich. Was wollen wir denn für ein Bild abgeben als weltoffene Stadt, wenn wir diese Menschen nicht menschenwürdig begrüßen können? Was sind das für Menschen? Welche Berufe bringen sie mit?
Nach meinen Schätzungen gibt es hier in unserer Stadt bereits etwa 1000 Hallenserinnen und Hallenser, die sich richtig kümmern. Ja, hingehen in die Aufnahmelager. Ja, hingehen und erste sprachliche Verständigungen aufnehmen. Es werden gemeinsame Behördengänge unternommen. Es werden Umzugshilfen organisiert. Ja man bekommt als Flüchtling Geld zur minimalen Einrichtung, doch Werkzeug, Fahrzeuge und so viele andere Selbstverständlichkeiten fehlen. Es war herrlich zu hören, dass viele Lehrer sich da einbringen und bei der Sprachentwicklung helfen. Ausgerechnet unserer Lehrer, welche in den Schulen schon genug Probleme bewältigen durch Personalmangel und Unterbezahlung.
Hallenser helfen und das ist richtig. Jeder Verein versuchte sich irgendwie einzubinden in diesen Prozess der Eingliederung. Nicht ausgrenzen, sondern zulassen.
Ja, zugegeben, ich selbst bekam sofort Kraft zum Mithelfen. Doch was ist mit meiner eh schon knappen Zeit durch meine Aktivitäten im Beruf und Verein? Auch diese Sorgen konnten mir genommen werden. Egal ob eine Stunde im Monat oder drei im Jahr, jeder, der hilft, tut gut.
Also liebe Leserinnen und Leser der halleschen Störung, werdet aktiv! Geht die kleinen Schritte der Begegnung! Ihr müsst keine zertifizierten Dolmetscher sein, keine beurkundeten Handwerker oder unerschöpflichen Geldgeber, sondern einfach nur Menschen sein, die helfen.
Freiwilligen-Agentur Leipziger Str. 82
www.freiwilligen-agentur.de
Steffen Neubert
NABU Halle
Liebe oder lieber Ülm Tülp,
Mich freut es, wenn Sie zum Flüchtlingsthema zustimmen. Mich sorgt es aber, wenn Sie die hallesche Montagsdemo mit PEGIDA in einen Topf schmeißen. Da haben Sie, wie leider die vielen anderen Hallenser, offensichtlich nur zu kurz zugehört. Den Rednern der ENDGAME geht es um Hintergründe unserer heutigen Probleme in der Welt. Wir verlieren mit unserer USA-Hörigkeit unsere Demokratie, leider ist das nur wenigen bewusst. Sie brauchen sich nur mit dem Thema TTIP zu beschäftigen. Uns geht es vereinsübergreifend immer um einen fairen Handel, eine faire Wirtschaft und eine faire Nachbarschaft, ein friedliches Miteinander. Dazu gehören eben nicht die NATO-OST-Erweiterung, sondern ein Dialog und eine gute wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland. Das möchte uns die USA gern verbieten, leider macht Frau Merkel da mit. Wir stehen dort jeden Montag, weil wir Krieg so unendlich schlecht finden. Die USA hat in den vergangenen Jahren sehr viele Kriege geführt- und Russland?
Unsere deutschen Waffen töten täglich Menschen in der Welt. Unsere CDU möchte nicht auf diese deutschen Arbeitsplätze verzichten. Doch Arbeitsplätze in der alternativen Energiewirtschaft wurden platt gemacht. Wenn PEGIDA Angst vor zunehmenden Einwanderungen macht, so möchten wir die Lebensbedingungen in all diesen Ländern stärken, aus denen diese vielen Flüchtlinge kommen. Das geht nur mit einer neuen Wirtschaftsweise. Bio-Landwirtschaft, vegane Ernährung, Entkommen aus dem Wachstumszwang, Geld nur noch als Tauschmittel anstatt als Wachstumsmittel einsetzen. Solange Menschen mit Geld Geld machen ohne wirkliche Werte zu schaffen, solange muss irgendwo Elend und Leid entstehen. All diese Überlegungen kann man auf dem Markt verfolgen. Bitte kommen Sie einfach noch mal vorbei und reden Sie mit!
Volle Zustimmung zum Flüchtlingsthema, mit den "Friedens"-Demonstranten auf dem Markt sieht es anders aus. Vor denen brauchen die Passanten keineswegs in Ehrfurcht zu erstarren, zumal diese mit ihrem "ENDGAME" (Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas) ziemlich eng auf PEGIDA-Spuren wandeln ...