Nach 25 Jah­ren: Diva end­lich wie­der grau!

Nach einem Vier­tel­jahr­hun­dert ist die gro­ße Bau­gru­be am Hall­markt nun Geschich­te. Anstel­le der umzäun­ten Sand­wüs­te resi­diert dort neben dem MDR und der Hän­del­hal­le dem­nächst die Finanz­ver­wal­tung in stan­des­ge­mäß recht­wink­li­gem Grau. Nach­dem das für Hal­le sprich­wört­li­che Grau der DDR-Zeit hin­ter Pas­tell­an­stri­chen oder Denk­mal­pig­men­ten ver­schwun­den ist, ent­ste­hen seit Jah­ren immer mehr Ver­klei­dun­gen und Bau­ten in zeit­ge­mä­ßem Grau. Die­ses kommt im Gegen­satz zu frü­her übli­chen Mischun­gen meist ohne jeg­li­che bun­ten Farb­an­tei­le aus.

Fens­ter­grau, Anthra­zit-, Sil­ber- oder Alu­mi­ni­um­grau hei­ßen die Far­ben des Jahr­zehn­tes, die immer mehr das Stadt­bild beein­flus­sen und bestim­men. Die neu­graue Urba­ni­tät reicht vom Pflas­ter auf dem Markt­platz über die Kauf­haus­fas­sa­de in der Mans­fel­der Stra­ße bis zum frisch eröff­ne­ten Stein­tor-Cam­pus der Geisteswissenschaftler.

Längst bleibt der Trend zum Neu­tral­grau nicht mehr auf Wirt­schafts- und Ver­wal­tungs­ge­bäu­de beschränkt. Die HWG hat in der Innen­stadt hun­der­te Meter von Wohn­haus­fas­sa­den in Stein-, Staub-oder Gra­phit­grau getaucht. Auch wer als Erbau­er von Stadt­vil­len oder Eigen­hei­men im Grü­nen etwas auf sich hält, greift zum Grau – manch­mal kom­plett bis hin zum Dach­zie­gel. Damit nicht genug – selbst die Schau­fens­ter von Klei­dungs- und Möbel­ge­schäf­ten wer­den durch graue Kol­lek­tio­nen domi­niert – der Trend will es so. Ursprüng­lich als wohl­tu­en­der Akzent zum schrei­en­den Knall­bunt ein­ge­setzt, avan­ciert das Grau mitt­ler­wei­le zum Stan­dard, zum Must-Paint. Zum All-Over oder schlicht­weg zum Grau in Grau. Erschaf­fen wir uns gera­de eine graue Welt, aus der die Waren, die sie bewer­ben­den Tafeln und ande­re funk­tio­nal erfor­der­li­chen Pik­to­gram­me als letz­te Farb­flä­chen hervorstechen?

Das wäre arm­se­lig, fin­den Sie nicht?

Mehr dazu: Grau - Vom Sie­ges­zug einer Nicht-Far­be/ MDR Figaro

Text & Foto: Jörg Wunderlich

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