Emo­tio­nen am Run­den Tisch Radverkehr

Alle zwei Mona­te trifft sich der Run­de Tisch Rad­ver­kehr Hal­le im Tech­ni­schen Rat­haus am Han­se­ring. Der Raum ist stets gut gefüllt mit Teil­neh­me­rIn­nen, wel­che zum einen Ver­ant­wort­li­che der Stadt Hal­le sind und zum ande­ren bunt gemisch­te Hal­len­se­rIn­nen. Eini­ge gehö­ren Ver­ei­nen an, ande­re nicht. Alle Teil­neh­me­rIn­nen ver­eint ein gro­ßes Ziel. Sie wol­len in Hal­le die Bedin­gun­gen für ein unge­stör­tes Rad­fah­ren ver­bes­sern. Und das tun sie bereits vie­le Jah­re sehr erfolg­reich. So ist es in Hal­le gut mög­lich, ent­ge­gen Sper­run­gen für Kraft­fahr­zeu­ge vie­le Stra­ßen der Innen­stadt mit dem Rad zu nut­zen. Auch oft ent­ge­gen der Fahrt­rich­tun­gen in Ein­bahn­stra­ßen. Es wur­den bei sämt­li­chen Neu­bau­ten und Umbau­ten von Stra­ßen auf die Errich­tung guter norm­ge­rech­ter Rad­we­ge geach­tet. Vie­le klei­ne Details wur­den hart erkämpft in den Jahren.

Ein Tisch - vie­le Meinungen

Unter­schied­lich sind oft die Aus­gangs­la­gen der Teil­neh­me­rIn­nen. Der Ver­samm­lungs­lei­ter Herr M. hat da oft sei­ne lie­be Not, den roten Faden zu füh­ren. Aus geplan­ten zwei Stun­den wer­den dann oft drei. Die anwe­sen­de Poli­zei möch­te die Unfall­zah­len sen­ken und ver­sucht Gefah­ren­stel­len zu beleuch­ten. Stadt­pla­ner und Denk­mal­schutz sehen gern klei­nes Pflas­ter und geschwun­ge­ne Lini­en­füh­run­gen. Mit­glie­der des ADFC (All­ge­mei­ner deut­scher Fahr­rad Club) ach­ten auf euro­pä­isch gefor­der­te Weg­brei­ten und geeig­ne­te Abstell­an­la­gen an Kno­ten­punk­ten, kur­ze stö­rungs­freie Weg­füh­run­gen. Umwelt­ver­bän­de suchen die Chan­ce, Hal­le etwas nach­hal­ti­ger zu ent­wi­ckeln. Ob Sport­ler, Berufs­pend­ler, Ein­kaufs­fah­rer oder Fami­li­en­aus­flüg­ler, die Wün­sche sind nicht immer ein­deu­tig und ein­stim­mig am Tisch.

Unbe­strit­ten ist die­ser Tisch jedoch ein gutes Bei­spiel geleb­ter Demo­kra­tie in unse­rer Stadt. Die EU for­dert und unter­stützt die Ent­wick­lung einer Rad­mo­bi­li­tät in den Bal­lungs­räu­men. Nicht zuletzt wegen Resour­cen­scho­nung, Lärm­re­du­zie­rung, Fein­staub­re­du­zie­rung, um kom­mu­na­le Kli­ma­zie­le zu errei­chen, die Erhal­tung von Gesund­heit der Men­schen durch För­de­rung von Bewe­gung und Sport zu ermöglichen.

Der (Rad)weg ist das Ziel

Wer heu­te als öffent­li­cher Trä­ger baut und umge­stal­tet, der hat sich an stren­ge Vor­ga­ben zu hal­ten. Lei­der ist die­se Ent­wick­lung aber kein Selbst­läu­fer. Auch in Hal­le steckt der Teu­fel oft im Detail. Da wer­den bei­spiels­wei­se sehr gute Rad­we­ge errich­tet, aber bei der Que­rung von Kreu­zun­gen hol­pern dann Rad­ler über zuläs­si­ge drei Zen­ti­me­ter hohe Bord­kan­ten. Da muss sich erst vie­le Jah­re gestrit­ten wer­den, ehe man ein­sieht, dass es ganz ohne Kan­te viel bes­ser geht. Der Ver­ant­wort­li­che für Hal­les Rad­we­ge Herr B. kann die immer wie­der­keh­ren­den Dis­kus­sio­nen kaum noch ertra­gen. Doch genau das macht den Run­den Tisch in Hal­le aus. Die Hart­nä­ckig­keit der Teil­neh­mer führt dann gele­gent­lich irgend­wann doch zum Ziel.

Um Beton­pol­ler am Riveufer/ Ecke Rain­stra­ße zu ver­än­dern bedurf­te es fünf Sit­zun­gen, ehe eine Umset­zung erfol­gen konn­te. Gele­gent­lich man­gelt es nur an Ein­sicht der Ver­ant­wort­li­chen. Meis­tens jedoch an der finan­zi­el­len Situa­ti­on der Stadt. Einen eige­nen klei­nen Haus­halt gibt es für Rad­fah­rer in Hal­le nicht. Per­so­nal für Kon­trol­len und Ent­wick­lun­gen auch nicht. Dabei lie­ße sich heu­te längst errech­nen, wel­che Erspar­nis jeder ein­zel­ne Rad­fah­rer für die Gesellsch­schaft leis­tet, wür­de man die Schä­den des indi­vi­du­el­len Kraft­ver­kehrs gegenrechnen.

Her­aus­for­de­rung trotz här­te­rer Ton­art gemeistert

Wer jedoch bei der letz­ten Sit­zung anwe­send war, konn­te einen noch nicht dage­we­se­nen har­ten Ton erle­ben. Das jah­re­lan­ge gegen­sei­ti­ge Mei­nungs­ge­zer­re hat­te offen­bar tie­fe Spu­ren hin­ter­las­sen bei so manch enga­gier­ten Hal­len­ser. Viel­leicht lag es auch an der unge­schick­ten Argu­men­ta­ti­on, Wün­sche abzu­schmet­tern, jeden­falls kam es zu ver­ba­len per­sön­li­chen Angriffen.

Der Ver­samm­lungs­lei­ter konn­te die Stim­mung sehr geschickt gera­de noch ret­ten. So wird es unver­meid­lich sein, in der nächs­ten Sit­zung ein paar Regeln des Umgangs zu erar­bei­ten. Leicht hat er es nicht zwi­schen den Fron­ten, die Run­de zu füh­ren. Auf der einen Sei­te sind die for­dern­den Rad­fah­rer und auf der ande­ren Sei­te unzäh­li­ge ver­schie­dens­te Inter­es­sen der Stadt. Gele­gent­lich wider­spre­chen sich auch die Rad­fah­rer selbst in ihren For­de­run­gen. 15% Anteil am Ver­kehr in Hal­le neh­men die Rad­fah­rer ein. Da nüt­zen alle guten Argu­men­te für das Rad­fah­ren nichts, wenn die Bür­ger nicht umstei­gen, ihr Auto ein­fach mal öfter ste­hen lassen.

Es könn­te so ein­fach sein...

Das ist die span­nen­de Fra­ge vie­ler Städ­te: War­um stei­gen so wenig Bür­ger vom Auto aufs Rad um? Liegt es womög­lich noch immer an unzu­rei­chend guten Bedin­gun­gen? Hal­le eig­net sich durch sei­ne gerin­ge Grö­ße ide­al, sich in eine Rad­stadt zu entwickeln.

Ein The­ma der Sit­zung war auch die win­ter­li­che Räu­mung von Schnee auf den Rad­we­gen. Hal­le sieht den Sinn nicht, die­se zu ver­an­las­sen. Schlim­mer noch, der Schnee lan­det von der Stra­ße und dem Geh­weg oft genau auf dem Rad­weg. Die Rad­ler aber kön­nen nicht fah­ren im Schnee und auf Eis. Da dreht man sich wie so oft im Kreis und weiß nicht so recht, wo das eigent­li­che Übel beginnt und wo es endet.

Wür­den nur 25 Pro­zent der Bür­ger Hal­les ihren täg­li­chen Weg mit dem Rad bestrei­ten, anstatt mit dem eige­nen PKW, könn­ten wir allein in Hal­le 12 000 000 Liter Ben­zin pro Jahr ein­spa­ren. Eine ent­spre­chen­de Men­ge an Abga­sen eben­so. Lärm und Fein­staub wür­de sich redu­zie­ren, der Park­platz­man­gel könn­te sich ent­span­nen und unse­re Stadt könn­te lebens­wer­ter gestal­tet werden.

https://critical-mass-halle.jimdo.com/

(Foto ADFC)

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