Seit Anfang Juli liegt mitten auf dem Marktplatz eine zwölf Meter lange Betonschale. Was steckt dahinter?
Ein Kunstprojekt des Fotografen Knut Mueller im Rahmen von '50 Jahre Halle-Neustadt', das der Künstler als Referenz für seinen Vater versteht. Der als "Schalenmüller" bekannt gewordene Hallesche Architekt Herbert Müller hatte während der 60er Jahre die sogenannte HP-Schalenbauweise entwickelt, und wurde damit zum Protagonisten der Ostmoderne. (Zur Herleitung aus der Geometrie: Hyperbolischer Paraboloid = HP.)
"Die im Längs- und Querschnitt entgegengesetzt gewölbten Spannbetonschalen strahlen eine gewisse Leichtigkeit des Seins aus", so Knut Mueller. "Sie setzten einen Kontrapunkt zur normierten Rechtwinkligkeit der Wohnblöcke."
Von HP-Schalen-Erfinder Herbert Müller ist überliefert, dass er lange mit Gummibaumblättern experimentierte, um hinter das Geheimnis ihrer Stabilität zu kommen. Tatsächlich war die enorme Belastbarkeit der Schalen bei riesigen Spannweiten von bis zu 24 Metern und einer extremen Dünnwandigkeit von nur fünf Zentimetern revolutionierend in den 60er und 70er Jahren.
"Das Erscheinungsbild von Halle-Neustadt wäre ein anderes", so Mueller weiter, "ohne diese schalengedeckten Unikate."
Nach einigen Pilotprojekten, wie dem "Schmetterling" genannten Schalenpavillon auf dem Markt und diversen Fußgängerbrücken, ging es 1967 mit der Großen Sporthalle am Bildungszentrum los. Dieser erste geschlossene HP-Schalenbau der DDR, bestehend aus Wand- und Dachschalen, war der Prototyp für das UNI-HP-System und steht heute unter Denkmalschutz.
1968, dem Jahr, nach dem sich eine ganze aufbruchwillige Generation benannte, folgte der erste Delta-Kindergarten als multifunktifunktionaler Rundbau mit trapezförmig zulaufenden Dachschalen. Dann die Versorgungseinrichtungen TREFF und BASAR mit einer Schalendachfläche von 4.000 Quadratmetern sowie die Schwimmhalle mit den ersten 24 Meter langen Schalen.
Schulturnhallen und Industriebauten wurden zu Exportschlagern, die ihren Weg aus der Ideenschmiede Halle-Neustadt in die gesamte DDR und darüber hinaus fanden. So etwa nach Ludwigshafen am Rhein (Friedrich-Ebert-Halle) und nach Hamburg (Alsterschwimmhalle).
Bemerkenswert sind auch herausragende Bauwerke der Ostmoderne, wie das Raumflugplanetarium auf der Peißnitz und das Panoramamuseum in Bad Frankenhausen.
Die Ausstellung "Vom Gummibaumblatt zum Weltniveau" ist noch bis zum 14. September im Stadtmuseum, Märkerstraße 10, zu sehen.
Text & Foto: Matthias Knoth
kunstplattform-halle.de