Mensch, war ich gerade voll. Voll beschäftigt. Ich hab mich erleichtert. Nein, nein, nicht auf’m Klo. Mein Leben hab ich entrümpelt. Ich brauchte mehr vom Weniger. Denn es ging mir nicht mehr gut mit all dem Hab und Gut. Ich fühlte mich so zugemüllt, so überfordert und belastet. Und doch schien im Zuviel irgendwas zu fehlen oder verschüttgegangen zu sein …
Als erstes hab ich die Flimmerkiste aus dem Fenster geschmissen. Also mental, ne. Ab und zu spaziert ja doch ein Lebewesen vorbei. Realiter hab ich das Konsumwunscheinflüsterungsgerät akkuratverletzungsfrei an Herrn H. weitergereicht. Von meinem Brotscheibenröstautomaten hat mich Bernd erlöst. Toast lässt mich ja völlig kalt. Indes, die Apparatur war seinerzeit schlichtweg zu billig, um nicht gekauft zu werden.
Danach hab ich mich getrennt. Von weiterem Verführungsgedöns, Ablenkungsgelump, Kompensationszeugs, Status- und Prestigeplunder: Einen schönen, fetten Haufen hab ich gemacht – aus Modetand, Bespaßungsscheiben, Protzbüchern – und damit den Umsonstladen bzw. eine Schenkbox gefüllt. Um den Krempel komplett zu konsumieren, hätte ich ohnehin 2,3 Leben benötigt.
Da sich das Ausscheiden von Überflüssigkeiten als ungeheuer befreiend erwies, hab ich gleich auch in meinem Terminkalender tabula rasa gemacht, die Infobrief- Schwemme eingedämmt und die Armeen von Kontakt und Dateileichen in den Katakomben meines Rechners per Löschtaste ins Jenseits geschossen.
Leere. Stille. Herrlich. Gar nicht satt sehen kann ich mich am Weniger. Auch komme ich mir jetzt so aufgeräumt vor, so unbeschwert und entheddert. Frei geräumt ist der Blick für das Genug, das Sinnvolle, das Nütz- und Wesentliche. Reicher an Raum und Zeit ist man außerdem. Dabei ärmer an Ärger und Sorgen. Denn hab ich mich nicht quasi selbst ent-sorgt? Gelöst vom Gedankenkreisen um sinnlose Sachen, die man haben wollen soll? Die man auswählen, pflegen, reparieren, verwalten, hüten, schleppen, suchen muss? Etwas egaler kann mir fortan auch das Schuften für Schotter sein: Wer genügsam ist und weniger braucht, muss weniger Kies rankarren.
So geb ich mich gelassen der Muße hin und handschreibe zwei Briefchen: Werte EinbrecherInnen! Bei mir ist nüscht mehr zu holen. Liebe Werbeonkels und -tanten, Wachstumsjünger, Materialismusgläubige und KonsumfetischistInnen! Sind wir nicht, bei aller dinglichen Übersättigung, seelisch voll krass unterversorgt? Ich jedenfalls lass mich nicht mehr überrümpeln. Ich lass schlicht und einfach Manches weg und Manches sein. Da hab ich mehr vom Leben: Ich stopp mal hier, ich horch mal da und auch in mich hinein. Was Sinn ergibt, das tu ich. Gern. Zum Beispiel wenn es andern hilft. Bin ganz bei mir und dir und dir. Schnuppdidei, tirilo.
Katharina Wibbe