In Zeiten von Corona und Kontaktverbot zeigen sich die Vorteile von Gemeinschaft deutlicher denn je! Wir sind in einer sehr privilegierten Situation für Quarantäne und Distancing im Vergleich zu vielen Menschen in ihren kleinen Wohnungen, Alleinerziehenden, Lohnarbeitsabhängigen... und wollen das nicht romantisieren.
Während die halbe Welt allein zu Hause sitzt, geht bei uns vieles wie gewohnt weiter. Alles läuft etwas gemächlicher, denn Veranstaltungen wurden leider abgesagt, aber in unserer Wohngemeinschaft trifft man sich wie sonst auch zum Mittagessen und zum Plausch. Was auch sonst, Quarantäne mit gemeinsamem Klo macht ja keinen Sinn.
Warum wir nur ans Baggern denken, obwohl rundum die Welt Kopf steht? Daran ist unser letzter Neuzugang schuld: wir konnten einen gebrauchten Minibagger erwerben, der uns nun beim Gräben ziehen und Versorgungsleitungen legen helfen soll. Da er aus zweiter Hand stammt, braucht er vorher noch ein bisschen Zuwendung. Darum kümmert sich Wahl-Papa Steffen jedoch gerne und mit großer Hingabe.
Auch wenn es schön ist, mal nicht auf drei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen (sondern nur auf zweieinhalb), erleben wir natürlich auch die Nachteile der Krise. So sind wir sehr traurig, dass viele Veranstaltungen wie das Oya Hoffest oder das Los Geht's abgesagt werden mussten. Wir bedanken uns aber auch bei den Menschen, die uns dennoch mit Spenden unterstützt haben!
Ob es bei uns noch einen Veranstaltungssommer geben wird, ist völlig unklar und abhängig von der weiteren Entwicklung.
Die Corona-Krise hat uns zum Nachdenken angeregt. Plötzlich ist es möglich schnell zu handeln und Gesetze zu erlassen. Stehen wir nicht mit der Klima Krise einer ähnlichen Herausforderung gegenüber, bei der sich gefühlt schon seit Jahren wenig bewegt?
Denkt ihr auch drüber nach, was sich mit der Corona-Krise verändern könnte? Als Chance und als Bedrohung. Und ob nun alles weiter geht wie zuvor oder welche Spuren und Erfahrungen bleiben?
„Ich hab mal die Problemkette nachgezeichnet: Tiere essen, Flüge, Karnevalssitzungen, Après-Ski-Parties“- „Ah ja, das stand eh alles auf meiner Liste von Dingen, die ich verbieten würde.“ (Marc-Uwe Kling und das Känguruh).
Die Corona-Krise zeigt manches deutlicher, was schon lange im Argen liegt: Stellt das Gesundheitssystem Menschen oder Profite in den Vordergrund? Wie kann eine gerechte Verteilung von Tests, Impfstoffen, etc. aussehen? Und Solidarität? Und werden dabei auch Menschen in schwierigen Lagen mitgedacht, z.B. Asylsuchende in überfüllten Unterkünften? Wieso ist es so schwierig, Datenschutz bei Corona-Apps zu gewährleisten? Wer und was profitiert eigentlich von dieser Krise? Und wäre ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle vielleicht die unbürokratischste Form der Corona-Nothilfe?
Nach diesem Exkurs zurück nach Harzgerode:
Während wir uns sonst oft in panischer Hektik fragten, wann wir das alles noch schaffen sollten, ist jetzt sogar Zeit sich um Garten und Haushalt zu kümmern. Unsere internen Meetings sind aber nicht weniger geworden und die Bauarbeiten gehen (zum Glück und dank weiterhin arbeitender HandwerkerInnen!) ebenfalls weiter. Es ergab sich sogar Zeit und Muße, endlich wieder einen Newsletter zu schreiben! So leiden wir nicht unter Langeweile, doch es finden sich Themen in der Runde wieder, die sonst vielleicht nicht so viel Zeit bekommen hätten.
So war endlich Zeit sich der Frage zu stellen, wie politisch wir eigentlich sind.
Dabei konnten wir manche Einigkeiten erzielen, u.a.: Unsere Art zu leben halten wir für politisch. Wir wollen Alternativen ausprobieren und dieses Wissen opensource in die Welt geben. Uns ist wichtig, offen und ehrlich zu teilen, auch was uns nicht gelungen ist.
Wir fragen uns zum Beispiel wie ein gutes Leben gelingen kann, ohne dabei die Ressourcen unsrer Um-und Mitwelt auszubeuten. Hier setzen wir unterschiedliche Schwerpunkte, z. B. auf (Weiter-) Entwicklung von Techniken wie Energieerzeugung. Aber auch unser sozialer Prozess von Selbstorganisation und Gemeinschaftsbildung ist ein zentrales Themenfeld für weiteres Erforschen. Wir suchen dabei unkonventionelle Wege, denn „Probleme lassen sich nicht mit den Denkweisen lösen, die zu ihnen geführt haben.“ (Einstein)
Manchen von uns reicht das an politischer Beteiligung, anderen nicht. Der Drang zur Veränderung in der Welt beizutragen ist unterschiedlich stark ausgeprägt und wird mit unterschiedlichen Mitteln angegangen, aber mit ähnlicher Zielrichtung hin zu einem Guten Leben für alle. Wir finden uns hier gut im Selbstverständnis der Kommuja-Gemeinschaften wieder.
Der Frühling tut uns in dieser Zeit besonders gut und sorgt dafür, dass uns auch ohne Besucher*innen weniger schnell die Decke auf den Kopf fällt. Auch wenn wir nicht so sehr dem erklärten Ziel einer umfassenden Selbstversorgung folgen, wünschen sich doch alle eine gute, biologische Ernährung, was läge da näher als das Thema in die eigenen Hände zu nehmen? Jetzt stehen bereits in vielen Zimmern Töpfe mit den ersten vorgezogenen Pflanzen, die ungeduldig darauf warten, ins Beet zu dürfen.
Dank sonnigen Wetters und Baufortschritten konnten wir schon ein paar kurze eisige aber erfrischende Male den Löschteich anbaden! Er ist noch nicht fertig, aber auf sehr gutem Weg.
Unsere Bau-Projekte führen ein Eigenleben. Anscheinend tauchen ständig Gerüste auf, wandern von diesem zu jenem Haus, Bauschuttcontainer werden entleert oder Baumaterial auf großen Fahrzeugen herangeschafft. Man könnte denken, da geht es gut voran! Doch in den Detailfragen steckt bekanntlich der Teufel. So auch bei uns. Dass die Brandmeldeanlage besser keine Aufschaltung haben sollte, die bei Alarm die Feuerwehr kontaktiert und uns bei falschem Alarm um ein paar grüne Scheine ärmer macht, das war uns lange klar. Nur was kann man tun? Wir sind ratlos und rufen zum wiederholten Male all die Menschen an, von denen wir denken, dass sie helfen könnten. Doch die Behörden schicken uns im Kreis und wir fühlen uns wie Asterix auf der Suche nach dem Passierschein A38.
Das Wort Aufschaltung kannte nicht mal mein Computer und der weiß doch sonst so vieles besser… Dann wollen wir mal hoffen, dass die ersten Worte des kleinen Milan „Mama“ oder zumindest “Bagger“ sind und nicht Aufschaltung oder Brandmeldeanlage!
Und damit liebe Grüße aus dem ergrünenden Harzgerode an euch alle!
Wir hoffen, es geht euch gut in der aktuellen Situation! Und dass wir bald wieder (euren) Besuch empfangen können 🙂
Sonja, Mareike, Milan, Theo, Anna, Alix, Hermann, Steffen, Tobi, Julia, Ronja, Marcel, Alex und Regine