Block­u­py – Ein­drü­cke aus Frankfurt

Am letz­ten Mai­tag tramp­te ich von der Saa­le an den Main. Mein Ziel waren die Ban­ken­tür­me von Frank­furt. Die­se Art­zu rei­sen ist vor­teil­haf­ter, denn man wird­nicht gefilzt. Lei­der kein Witz. Alle Daten der Bus­pas­sa­gie­re aus Ber­lin wur­den auf­ge­nom­men und in einem Video­aus­schnitt ein­zeln dokumentiert.

Gegen 18 Uhr herrsch­te ange­spann­te Ruhe in der Stadt. So wie die römi­schen Sol­da­ten im Aste­rix-Car­toon durch die Städ­te patrouil­lie­ren, fuhr in Frank­furt eine Poli­zei­ko­lon­ne nach der ande­ren durch die lee­ren Straßen.

Kaum bei der EZB ange­kom­men, durf­te ich mei­nen Aus­weis zücken und wur­de gleich dar­auf weg geschickt. Im Camp berich­te­ten die Pro­tes­tie­ren­den des anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Spek­trums von ihren Aktio­nen. Zum einen hat­ten sie in der Ein­kaufs­mei­le für Auf­se­hen gesorgt, wo sie jeweils halb­stün­dig einen Laden­ein­gang nach dem ande­ren besetzten.

Zum ande­ren gab es eine Blo­cka­de am Abschie­be-Flug­ha­fen der Repu­blik. Aller­dings erlaub­te die hoch­ge­rüs­te­te Poli­zei nach einem beschä­men­den Spa­lier­lauf nur abge­zähl­ten 200 Per­so­nen den Einlass.

Am Frei­tag­abend ging ich gemein­sam mit ca. 500 Leu­ten aus Soli­da­ri­tät mit den Pro­tes­tie­ren­den in der Tür­kei zum tür­ki­schen Kon­su­lat. Sowohl Poli­zei als auch Demons­tran­ten blie­ben zu mei­ner Freu­de fried­lich. Lei­der änder­te sich, was unser aller Freund und Hel­fer angeht, die­ses Bild tags dar­auf kom­plett. Die gro­ße Demons­tra­ti­on zur EZB stopp­te schon nach 500 Metern. Was war passiert?

Am Zug­an­fang hat­te die Poli­zei ca. 1000 Demons­tran­ten an einer stra­te­gisch prak­ti­schen Posi­ti­on in einem Kes­sel ein­ge­schlos­sen. Ein Dixi-Klo stand schon bereit. Und nach mei­nen Infor­ma­tio­nen wur­den Anwoh­ner vor Ein­tref­fen des Demo-Zuges gebe­ten, das Gebiet zu ver­las­sen – die Akti­on war von Anfang an geplant! Ich lief nach vor­ne und beob­ach­te­te, wie der Kes­sel mit immer mehr Weiß­hel­men gesi­chert wur­de. Dies geschah unter Ein­satz von Pfef­fer­spray. Den­noch blie­ben die Demons­tran­ten fried­lich. Ledig­lich ein paar reak­tio­nä­re Farb­bom­ben flo­gen. Die Gewalt­be­reit­schaft der Poli­zei war erschre­ckend. Jour­na­lis­ten wur­den teils genau­so hart ange­gan­gen wie Demonstranten.

Die hei­mi­schen Bil­lig­me­di­en igno­rier­ten größ­ten­teils die Anlie­gen der Block­u­py- Demons­tra­tio­nen und die damit ein­her­ge­hen­den Unver­hält­nis­mä­ßig­kei­ten und Geset­zes­über­tre­tun­gen sei­tens der Poli­zei. Schließ­lich gab es Fuß­ball, Hoch­was­ser und (bit­te­re Iro­nie) die Pro­tes­te in der Tür­kei. Ich kam mit der trau­ri­gen Gewiss­heit nach Hau­se, der neu­en euro­päi­schen Poli­zei­staat­lich­keit wie­der ein­mal begeg­net zu sein.

Mat­thi­as Woelki/ Text & Foto

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