Die Dys­to­pie wird eine andere

Dass die Letz­ten die Ers­ten sein wer­den, mein­te schon der Apos­tel Mat­thä­us. Mit "Die ers­te Kos­mo­nau­tin" hat Bran­don Q. Mor­ris (eigent­lich Mat­thi­as Mat­ting) nun den zwei­ten Band vor­ge­legt, in dem es um die Welt­raum-Aben­teu­er der Kos­mo­nau­tin Man­dy Neu­mann geht.

Im ers­ten Band muss­te "Die letz­te Kos­mo­nau­tin" der DDR der Todes­fal­le ent­kom­men, in die sich ihre Raum­sta­ti­on "Völ­ker­freund­schaft" im Herbst 2029 ver­wan­delt hat­te. Drei Jah­re spä­ter lebt sie glück­lich ver­hei­ra­tet in Indi­en und will mit all­dem nichts mehr zu tun haben.

Doch die Gefahr, auf die Volks­po­li­zei-Leut­nant Tobi­as Wag­ner in einem Sperr­ge­biet in der Lau­sitz gesto­ßen ist, hat sich aus­ge­brei­tet – und sie droht, nicht nur die DDR zu zer­stö­ren, son­dern die gan­ze Welt. Als Kar­rie­re-Ver­wei­ge­rer ist Genos­se Wag­ner zwar inzwi­schen Haupt­mann, aber immer noch Abschnitts-Bevoll­mäch­tig­ter (ABV) in einer Dresd­ner Plat­ten­bau­sied­lung, als ihn der Not­ruf erreicht. Von 10 Ewig­keitstür­men sind neun bereits ins Nichts gestürzt und eine Tücke der Quan­ten­phy­sik ver­hin­dert, dass neue Tür­me errich­tet wer­den können.

Die ein­zi­ge Ret­tungs­mög­lich­keit besteht dar­in, die Ent­ste­hung der Ano­ma­lie gar nicht erst zuzu­las­sen. Jemand muss dazu 1963 an Bord der rus­si­schen Wos­tok-6-Kap­sel gehen. Im Jah­re 2032 gibt es aber nur noch eine Per­son, die alle dafür nöti­gen Fähig­kei­ten besitzt – Man­dy Neu­mann. Der Genos­se ABV reist nach Indi­en, beglei­tet von der künst­li­chen Imtel­li­genz Rosa, benannt nach Rosa Luxemburg.

Man­dy lässt sich über­zeu­gen, die Rei­se geht zurück in die DDR und dann per Zeit­rei­se in die Sowjet­uni­on des Jah­re 1963. Dort besteht Man­dys Kampf­auf­trag dar­in, das Expei­ment an Bord der Wos­tock 6 so zu mani­pu­lie­ren, dass die rus­si­schen Phy­si­ker ent­mu­tigt wer­den und die Idee des Quan­ten­va­ku­ums nicht wei­ter ver­fol­gen. Ich will hier nicht spoi­lern, aber Walen­ti­na Teresch­ko­wa ist eine ganz Net­te und so gelingt es den Genos­sin­nen und Genos­sen, ihre his­to­ri­sche Mis­si­on zu erfül­len und die Welt zu retten.

Zurück in der Lau­sitz der Zukunft lan­den sie in einer ande­ren Zeit­li­nie, in der es nie ein gefrä­ßi­ges Quan­ten­va­ku­um gege­ben hat. Die Erz­ver­rä­te­rin Miri­am hat sich mit der KI Rosa in das Jahr 2027 abge­setzt, wo Rosa Egon Krenz zum Rück­tritt gezwun­gen hat und sich zur Dik­ta­to­rin eines west­eu­ro­päi­schen für­sorg­li­chen Über­wa­chungs­staats auf­ge­schwun­gen hat. Die Welt wur­de zwi­schen fünf Dik­ta­to­rin­nen femi­nis­ti­scher Groß­rei­che auf­ge­teilt, deren Zicken­krie­ge nicht mehr die Aus­ma­ße der Olig­ar­chen-kapi­ta­lis­ti­schen Zeit errei­chen. Die Men­schen bekom­men Über­wa­chungs-Tatoos implan­tiert und wer­den von huma­no­iden Robo­ter­ar­me­en überwacht.

Mensch­li­che Sicher­heits­kräf­te sind dabei nicht mehr vor­ge­se­hen, der Genos­se ABV wird zum Sozi­al­ar­bei­ter umge­schult. Erz­schur­kin Miri­am hat ihre Stra­fe abge­ses­sen und ver­schwand im Low­tech-Unter­grund außer­halb der 15-Minu­ten-Städ­te. Dort wur­de sie zur Iko­ne des Wider­stands gegen die Nach­fah­ren Klaus Schwabs und Yuval Noah Hara­ris. Bran­don Q. Mor­ris hat eine Fort­set­zung sei­ner Kos­mo­nau­tin­nen-Rei­he ange­kün­digt, auf die man gespannt sein darf.

Bran­don Q. Morris
Die ers­te Kosmonautin
A7L Thril­ling Books Ltd.
Dub­lin 2024

Bei­trags­bild: Devi­ant­Art AI

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