Voller Freude und Aufregung erzähle ich meinen Freunden, dass ich die Flüge für meine nächste Reise gerade gebucht habe. Neben den mitfühlenden 'Oh wie schön!' kommt aber ehrlicherweise auch ein 'Schon cool, aber mal ehrlich: Wie kannst du dir das eigentlich leisten?!' Ja, wie mache ich das? Ich habe einen Nebenjob in einem Möbelhaus......
Freitag, 18 Uhr, meine Schicht beginnt. Es sind immer noch 36° - der gefühlt wärmste Tag meines Lebens. Tapfer und gewillt durchzuhalten, gehe ich an meinen Arbeitsplatz, mit meinem Lächeln auf den Lippen für die liebe Kundschaft. Kaum bin ich dort angekommen, schwitze ich schon und die nicht ganz frische Luft bringt meine Wangen zum glühen. Nachdem ich die ersten Kunden abkassiert habe, bleibt mir nun ein Moment, um mich zu setzen und durchzuatmen. Ein Fehler, denn dabei muss ich an meine Freunde denken, die am See sitzen und es sich bei einem kühlen Bier gut gehen lassen. Der nächste Schwung Kundschaft kommt: Leute, die im Kundenrestaurant zu Abend gegessen haben und nun schnell nach Hause wollen. Die Schlange wird länger, leises Gemurmel, warum dauert es denn so lange... Mir wird noch wärmer und die Motivation sinkt, aber ich lasse es mir natürlich nicht anmerken, bleibe nett und freundlich. Ein paar Jugendliche beratschlagen laut hörbar, wo sie heute noch feiern gehen werden. Wenn ich nach Hause komme, werde ich schlafen wie ein Stein, denn morgen ist Samstag und an diesem verkaufsstärksten Tag in der Woche erwartet mich die zweite Schicht an diesem Wochenende..
Zeitmanagement ist alles
Mittlerweile ist es 22 Uhr, eigentlich Richtung Ladenschluss, doch ein paar Spätentschlossene wollen sich spontan eine neue Küche zulegen. Der Klassiker. Ich bleibe geduldig und warte, bis auch der letzte Türgriff gefunden ist. Schließlich ist es 22:30, bis ich meinen Arbeitsplatz endlich verlassen habe und ich mich auf den Weg nach Hause machen darf. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass meine Freunde schon in der Partyvorbereitung stecken. Leider fällt das für mich aus; ich muss früh aufstehen. Hauptjob ist mein Studium und die Hausarbeit sitzt mir auch noch im Nacken. Ich habe noch vier Tage für die restlichen acht Seiten. Könnte klappen, denke ich mir.
Ein regelmäßiger Job neben dem Studium lässt den Berg an Verpflichtungen nicht gerade schrumpfen. Immer pünktlich zur Arbeit, Abgabedaten für Hausarbeiten, Lernfristen für Klausuren, jede Menge obligatorische Pflichtveranstaltungen und zwischendurch immer wieder die Arbeitskleidung bügeln... Das alles unter einen Hut zu bekommen ist am Anfang alles andere als leicht.
Ich brauchte einen Anreiz..
Im ersten oder zweiten Semester hätte ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen können, dass alles managen zu können. Mittlerweile bin ich im sechsten Semester und finde ich es schön zu sehen, wie es laufen kann, wenn man will. Das Wollen war ein großes Thema für mich. Ich brauchte einen echten Grund, um mich aufzuraffen und meine wertvolle Freizeit zu opfern. Und da passierte es: ich verliebte mich ins Reisen.
Nach dem Abi hatte ich mich entschieden, sofort mit dem Studium anzufangen. Die Zeit, die ich damals ganz für mich hätte haben können, hole ich nun nach. In den Semesterferien nehme ich mir meinen Jahresurlaub und bereise die Welt. Bezahlen kann ich das aus eigener Tasche. Durch das Reisen sehe ich meinen Uni- und Arbeitsalltag auf einmal mit anderen Augen. Ich schreibe meine Klausuren alle zum 1. Termin und gehe auch gerne zur Arbeit, denn ich weiß, wofür. Zugegeben, manchmal war es nicht leicht, den motivierten Freunden abzusagen, weil man Abends in der Bibliothek sitzen muss, da sonst die Zeit nicht ausreicht. Doch wenn ich mich fragte, wovon ich mehr habe, war die Antwort klar.
Als abschließendes Wort dazu fällt mir also nur ein: Ja, es geht! Ich arbeite neben dem Studium, und kleine Träume kann ich mir neben dem Bachelor erfüllen. Natürlich ist da jedes Studium unterschiedlich gestrickt und jeder benötigt einen anderen Lernumfang. Ich habe es geschafft, Arbeit, Studium und das Reisen unter einen Hut zu bekommen. Das brauchte aber auch Übung und die nötige Willenskraft. Es brachte mich ein Stück der tatsächlichen Arbeitswelt näher.