Frühlingsathmosphäre am Kapellenblick in Lohnsdorf. In der hier ansässigen SOLAWI-Gärtnerei verlässt erntefrischer Salat die Gewächshäuser. Im sonnigen Innenhof des ehemaligen Gutsgeländes spielt eine betreute Kindergruppe. René Zintl kommt mit einem Notebook unterm Arm und öffnet das Tor einer Scheune, in der ein geräumiger Transporter mit der Aufschrift „Lieferkoop“ parkt. Mehr äußere Infrastruktur ist offensichtlich nicht nötig – keine einzige Logistik-Lagerhalle wie sie Lebensmitteldiscounter im benachbarten Landsberg errichteten.
Sinnvolle Kombination von Vorteilen
Das Wort Lieferkoop beinhaltet bereits den zentralen Gründungsgedanken des Projektes – Eine Kombination aus Einkaufsgemeinschaft (Food-Koop) und Lieferdienst. Mit klassischen Food-Koops kennt René sich bestens aus. Fast zwei Jahrzehnte lang engagierte er sich in der Leipziger BIOKISTE, zu deren Mitbegründern er gehörte. Vor acht Jahren verließ er die Großstadt und zog nach Lohnsdorf, das so ziemlich genau zwischen Halle und Leipzig liegt.
Aus dem eigenen Versorgungsbedarf und den gesammelten Erfahrungen heraus entwickelte er von hier aus schrittweise ein Modell einer Webshop-gestützten Einkaufsgemeinschaft in Form eines mobilen Lieferdienstes.
Auswahl wie im Supermarkt
Das funktioniert so: Wer als Abnehmer in den Verein eintritt, kann für seine Bestellung aktuell unter mehr als 14.000 Produkten auswählen – ausschließlich in zertifizierter Bioqualität und bis zu 40% günstiger als im Biosupermarkt. Die Waren bezieht die Lieferkoop größtenteils von zwei Bio-Großhändlern, ergänzt durch einige regionale Erzeuger. Bezahlt wird elektronisch und die Lieferung kommt dann einmal im Monat – auf Wunsch mit Erinnerungsservice und Ankündigung per sms.
Lieferkooop ist keine Firma, sondern ein Verein. Wer mitmachen möchte, zahlt als Mitglied einen geringen Beitrag und kann loslegen mit dem Bestellen. Momentan gibt es circa dreißig Besteller, Kapazität wäre aber für 100 Abnehmerstellen vorhanden, erklärt René. In dem Maße wie die Zahl der Abnehmer wachsen würde, könnte auch die Lieferfrequenz erhöht werden bis hin zur wöchentlichen Tour.
Eine Konkurrenz zur hier ansässigen SOLAWI ist die Lieferkoop aber keineswegs, sondern eine ergänzendes Angebot. Denn erntefrisches Gemüse und Obst, wie sie die SOLAWI produziert, gehören nicht zum bestellbaren Sortiment. Im Onlineshop der Lieferkoop gibt es dafür in breiter Auswahl haltbare Käse- und Wurstprodukte, Vegetarisches und Veganes, Getreide und Teigwaren, Süßwaren und Getränke, Hygieneartikel und Waschmittel. Vorwiegend werden größere Gebinde und Packungen angeboten – Kleinverbraucher können aber auch geringere Mengen auswählen. Besonders geeignet ist das Modell für Familien, Wohn-, Haus- oder Hofgemeinschaften, aber auch für Gewerbetreibende im Gastro- und Cateringbereich.
Technik ja, Anonymität nein
Wer sich in einer Einkaufsgemeinschaft organisiert, ist bereit Zeit zu investieren um gemeinsam die Preisvorteile nutzen zu können. Food-Koops wie das „Rübchen“ in Halle erwarten, dass ihre Mitglieder Ladendienste übernehmen, dass sie zu Sitzungen kommen und sich an Arbeitseinsätzen beteiligen. All das ist bei der Lieferkoop nicht nötig. Anonymes Shopping ist es deswegen trotzdem nicht, denn René kennt seine Kunden persönlich. Manche von Ihnen überlassen ihm Haustürschlüssel, damit er die Ware im Flur abstellen kann.
Ein „Buisinessmodell“ ist die Lieferkoop nicht, auch wenn es schon Interesse von außerhalb für sein Know-How gibt, kann René berichten. Für ihn ist es eher ein Herzensprojekt, erklärt der Macher mit ruhiger Ausstrahlung. Seinen Lebensunterhalt für sich und die Familie mit mehreren Kindern verdient er auch mit weiteren Tätigkeiten wie der Kerzenwerkstatt auf dem Hof.