Zeit­bom­be Teut­schen­thal: Gefähr­li­cher Müll vor den Toren Halles

Den meis­ten Hallenser*innen ist ent­gan­gen, dass in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft der Stadt seit vie­len Jah­ren Gift­müll ent­sorgt wird. Bis­her sind es vor allem hoch­ge­fähr­li­che Che­mie­ab­fäl­le, die hier unter die Erde ver­bracht wer­den, wo sie mög­lichst für immer ver­schwin­den sol­len. Nun ist auch die Rede von der Ein­la­ge­rung von Stof­fen aus rück­ge­bau­ten Atom­kraft­wer­ken. Gigan­ti­sche Müll­strö­me flie­ßen nach Teut­schen­thal bei Halle.

Seit 1992 gehört das 1982 still­ge­leg­te Kali­berg­werk in Teut­schen­thal der Gru­be Teut­schen­thal Siche­rungs GmbH & Co. KG (GTS). Sie hat­te es von der Treu­hand erwor­ben und woll­te es betrei­ben mit dem Ziel und Auf­trag, die ein­sturz­ge­fähr­de­te Gru­be zu sichern, das heißt mit Mate­ri­al so zu ver­fül­len, dass Gebirgs­schlä­ge ver­hin­dert wür­den. Das wäre eigent­lich eine Auf­ga­be des Lan­des gewe­sen, denn es hat­te das Eigen­tum an den Kali­berg­wer­ken aus dem Volks­ei­gen­tum der auf­ge­lös­ten DDR über­nom­men und wäre damit bei Berg­schä­den haft­bar gewe­sen. Das Land scheu­te Auf­wand und Aus­ga­ben und über­ließ die Auf­ga­be einem Unter­neh­men, der GTS eben. Das muss­te wirt­schaft­lich arbei­ten und ver­füll­te nicht die Kali­hal­den in Bahn­hof Teut­schen­thal, son­dern seit 1995 Abfäl­le, für deren Ent­sor­gung es sich bezah­len ließ und lässt.

„Wir lösen Ihre Sor­gen beim Entsorgen"

Es han­delt sich dabei um den Berg­ver­satz, also die Ver­fül­lung von unter­tä­gi­gen Hohl­räu­men in rund 700 Metern Tie­fe zur Siche­rung gegen Gebirgs­schlä­ge. Jähr­lich wer­den rund 200.000 Ton­nen Abfäl­le unter die Erde gebracht. Wel­che das waren und sind, erfährt man auf der Web­site des Unternehmens.

„Wir lösen Ihre Sor­gen beim Ent­sor­gen fol­gen­der Abfallarten:

  • Abfäl­le aus der Rauch­gas­rei­ni­gung von Ver­bren­nungs­an­la­gen und metal­luri­schen Betrie­ben (haupt­säch­lich Stäube)
  • Schla­cken und Aschen von Ver­bren­nungs­an­la­gen Kon­ta­mi­nier­te Abbruch­mas­sen (Boden, Bau­schutt, etc.)
  • Rück­stän­de aus Abfall- und Abwas­ser­be­hand­lungs­an­la­gen (Vor­ge­misch­te Abfäl­le, abge­r­ei­nig­te Böden, etc.) Pro­duk­ti­ons­ab­fäl­le und Schläm­me aus der Indus­trie“ (1)

Wie der Berg ver­füllt wird

Die für den Berg­ver­satz geeig­ne­ten Abfäl­le wer­den je nach Mate­ri­al­kon­sis­tenz lose ver­kippt und dann ver­fes­tigt, in soge­nann­ten Big Packs in die lee­ren Abbau­kam­mern hin­ein­ge­presst oder, das betrifft die Fil­ter­stäu­be, mit Abfall­flüs­sig­kei­ten ver­mischt und direkt in die Abbau­kam­mern gepumpt, wo die Mas­se aus­här­tet und den Hohl­raum aus­füllt. Let­ze­res Ver­fah­ren nennt man Dick­stoff­ver­satz. Es ist rela­tiv neu und wur­de eigens für den Berg­ver­satz ent­wi­ckelt. Nimmt man in ande­ren Berg­wer­ken wie dem Atom­end­la­ger Mors­le­ben (ERAM) dafür Sole und Salz­be­ton, so wer­den in Teut­schen­thal Abwäs­ser ein­ge­setzt, zum Bei­spiel Fil­trat­wäs­ser aus Kläranlagen.

Gift zu Gift. Kata­stro­phen, Hava­rien und Probleme

Kurz nach Beginn der Arbei­ten zum Berg­ver­satz brach am frü­hen Mor­gen des 11. Sep­tem­ber 1996 das Rich­tung Hal­le gele­ge­ne Ost­feld der Gru­be zusam­men. Durch den Gebirgs­schlag kam es zu einem Erd­be­ben der Stär­ke 4,5 bis 5. Es war der drit­te Vor­fall die­ser Art, schon 1916 und 1940 waren Tei­le der Gru­be ein­ge­bro­chen. Man nimmt an, dass die Stütz­pfei­ler zu klein dimen­sio­niert waren. Außer­dem ist das Wirts­ge­stein, das Car­nal­li­tit, an sich ein Risi­ko­fak­tor. Es ist ein mine­ra­li­sches Gemisch aus ver­schie­de­nen Sal­zen, Anhy­drit und Was­ser und wenig stand­fest. Es löst sich leicht in Was­ser und Lau­gen und sogar durch Luft­feuch­tig­keit auf. In den Jah­ren 2002 und 2003 kam es zu Abfall­schwel­brän­den unter Tage. Die Ursa­chen blie­ben unklar. Die Betrei­ber teil­ten damals mit, es sei nur geneh­mig­ter, nicht brenn­ba­rer Abfall ein­ge­la­gert wor­den. Am 8.11.2019 gab es eine Explo­si­on oder Ver­puf­fung unter Tage. Zwei Berg­leu­te wur­den ver­letzt. Als Grund wur­de spä­ter eine Was­ser­stoff­ver­puf­fung vermutet.

Das Frei­la­ger: 25 Jah­re unkon­trol­lier­ter Gift­ein­trag in die Umgebung

Tor zum neu­en Frei­la­ger an der A38

Von 1994 bis 2019 betrieb die GTS für die zu ver­wer­ten­den Indus­trie­ab­fäl­le auf ihrem Gelän­de in Teut­schen­thal-Bahn­hof ein Frei­la­ger in der Nähe der Misch­an­la­ge für den Dick­stoff­ver­satz. Die Geneh­mi­gung war unter der Auf­la­ge erteilt wor­den, dass die Fir­ma eine Hal­le dafür errich­ten müs­se, um den Bestim­mun­gen des Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ge­set­zes zu genü­gen. Die Hal­le wur­de nie errich­tet und so lagen die gefähr­li­chen Abfäl­le 25 Jah­re unter frei­em Him­mel in unmit­tel­ba­rer Nähe von Gär­ten, Wohn­häu­sern und eines Kin­der­gar­tens. Nach Beschwer­den über Gestank wur­den dort schließ­lich Mes­sun­gen durch­ge­führt, die erga­ben, dass die Wer­te an hoch­gif­ti­gen Stof­fen wie Blei, Nickel, Chrom, Kup­fer und Arsen sowie von Sub­stan­zen der Stoff­grup­pe Dioxine/Furane/Polychlorierte Biphe­nyle (PBP) deut­lich höher waren als an Ver­gleichs­mess­stel­len in Sachsen-Anhalt.Das Frei­la­ger wur­de 2019 auf behörd­li­che Anwei­sung geschlossen.

Die Gei­ger Group, zu der die GTS seit 2008 gehört, betreibt inzwi­schen ein gleich­falls unge­schütz­tes Lager zwi­schen Delitz am Ber­ge und Bad Lauch­städt. Es liegt dort an der A 38 gut den Bli­cken ent­zo­gen hin­ter einem Frei­la­ger der Umwelt­schutz Mit­te, in dem Böden gerei­nigt und auf­be­rei­tet wer­den. Auch in Delitz am Ber­ge hat es Beschwer­den über Geruchs­be­läs­ti­gun­gen gegeben.

Gestank und Fein­stäu­be aus der Grube

Foto: E.Seppelt

Die Beschwer­den über Gestank gab es seit 2018 auch in Angers­dorf. In dem klei­nen Ort am Süd­west­rand der Stadt Hal­le liegt der Schacht Hal­le, der über eine Unter­ta­ge­stre­cke mit dem Haupt­schacht in Teut­schen­thal ver­bun­den ist. Die einst unab­hän­gi­gen Gru­ben waren seit 1963 mit­ein­an­der ver­bun­den. Die Stre­cke dien­te als Flucht­weg und Wet­ter­schacht, also zur Ent­lüf­tung. Ein­ge­bro­chen durch den Gebirgs­schlag von 1996 wur­de sie 2005 neu eröff­net. Über sie zieht die Abluft aus der Gru­be Teut­schen­thal nach draußen.

Der von der GTS ein­ge­brach­te Dick­stoff wur­de unter ande­rem mit Fil­trat­wäs­sern her­ge­stellt, die aus indus­tri­el­len Was­ser­rei­ni­gungs­an­la­gen einer Fir­ma in Bit­ter­feld und eines Unter­neh­mens für die Her­stel­lung von Lacken und Far­ben in West­deutsch­land stamm­ten. Für den Ein­satz der Fil­trat­wäs­ser lag eine Geneh­mi­gung des zustän­di­gen Lan­des­am­tes für Geo­lo­gie und Berg­we­sen (LAGB) vor mit der Auf­la­ge, dass ein bestimm­ter pH-Wert nicht unter­schrit­ten wer­den dür­fe, weil sonst che­mi­sche Reak­tio­nen mit Gerü­chen als Begleit­erschei­nung auf­tre­ten könn­ten. Eigent­lich gilt für gefähr­li­che Abfäl­le ein Ver­mi­schungs­ver­bot, über des­sen recht­li­che Aus­le­gung aber gestrit­ten wird und das bei einer engen Aus­le­gung den Berg­ver­satz unmög­lich machen wür­de. Berg­ver­satz ist aber auf der poli­ti­schen Ebe­ne erwünscht: Das Gift­zeug muss ja schließ­lich weg. Die Fil­trat­wäs­ser wur­den also zur Anmi­schung des Dick­stoff­ver­sat­zes ver­wen­det und offen­sicht­lich kam es zu den befürch­te­ten Effek­ten: Es stank aus der Abluft. Die Angers­dor­fer wur­den laut, die Behör­den auf­merk­sam, die Fir­ma wie­gel­te ab, die Ämter lan­ge auch. Erst als die Poli­tik auf den Plan trat, kam Bewe­gung in die Sache. Mes­sun­gen wur­den durch­ge­führt, ein Gut­ach­ten erstellt, das ergab, dass es zwar stin­ke, aber die stoff­li­chen Belas­tun­gen unter­halb der jewei­li­gen Grenz­wer­te lägen.

 

Müll­wind aus Angersdorf

Die Aus­ga­sun­gen sol­len bin­nen Jah­res­frist nach­las­sen, außer­dem will die GTS nun einen Kamin errich­ten, wie sie in einer Pres­se­mit­tei­lung vom 26.03.2021 mit­teil­te, der aus­tre­ten­de Gase nach oben ablei­tet und wei­ter ver­teilt. Eine Fil­ter­an­la­ge ist nicht geplant. Eine Sor­ge der Anwoh­ner ist jedoch, dass aus dem Wet­ter­schacht, der Ent­lüf­tung der Gru­ben Teut­schen­thal und Angers­dorf also, nicht nur Gase, son­dern auch Fein­stäu­be aus­tre­ten könn­ten. Und die kämen bei West­wind dann auch in Hal­le an. Angers­dorf liegt in der Frisch­luft­schnei­se der Stadt. Wir frag­ten in der Pres­se­stel­le der Stadt Hal­le an, wie Vor­sor­ge für die Bürger*innen getrof­fen wer­de. Die Ant­wort: „Die Stadt Hal­le ist zuletzt von dort im Jahr 2019 in einem Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren zur Erneue­rung des Abluft­ka­mins betei­ligt wor­den. Dar­in wur­den sei­tens der Stadt unter ande­rem wie­der­keh­ren­de Ein­zel­mes­sun­gen der Emis­sio­nen gefor­dert. Ein abschlie­ßen­der Bescheid liegt nicht vor.“

Sach­sen-Anhalt als Import­land für Giftmüll

Wenn gefähr­li­che Abfäl­le im Berg gela­gert wer­den sol­len, dann zum Bei­spiel in einer Unter­ta­ge­de­po­nie wie Her­fa Neu­ro­de in Hes­sen. Aber das ist teu­er, denn die Depo­nie­rung gilt als Besei­ti­gung. Wenn der Müll aber noch den Nut­zen der Berg­si­che­rung hat und damit ver­wer­tet wird, dann gel­ten die Bestim­mun­gen des Kreis­lauf­wirt­schafts­ge­set­zes und abfall­recht­li­che Bestim­mun­gen. Über Tage gilt für die Geneh­mi­gung der Anla­gen gene­rell das Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ge­setz, der Dick­stoff­ver­satz wie­der­um unter­liegt der Ver­satz­ver­ord­nung. Unter­ta­ge gel­ten Berg­recht und Gesund­heits­schutz-Berg­ver­ord­nung mit ihren beson­de­ren Rechts­zwe­cken. Die Rechts­ge­bie­te über­lap­pen sich hier. Ein juris­ti­sches Ber­mu­da, in dem sich vor allem Anwäl­te zuhau­se füh­len. Über all dem wird der Gift­müll ein Wert­stoff für Bau­maß­nah­men unter­ta­ge und damit auf geheim­nis­vol­le Wei­se weni­ger gefährlich.

Der Berg­ver­satz dient längst nicht mehr vor­ran­gig der Berg­si­che­rung, son­dern der Ent­sor­gung von gefähr­li­chen Abfäl­len. Wenn für ein ehe­ma­li­ges Berg­werk eine Ver­satz­pflicht fest­ge­legt wird, ist­das eine will­kom­me­ne Mög­lich­keit zur Müll­ent­sor­gung. Sach­sen-Anhalt mit sei­nen vie­len Salz­berg­wer­ken ist auf die­se Wei­se zum Müll­im­port­land gewor­den. Ver­satz war für die Gru­ben in Teut­schen­thal und Angers­dorf gefor­dert, denn die Gut­ach­ten gehen von ihrer Stand­si­cher­heit bis 2030 aus. Es muss­te schnell ver­füllt wer­den. Geneh­mi­gun­gen für die Ein­la­ge­rung gefähr­li­cher Abfäl­le wur­den erteilt, mit Auf­la­gen, die nicht kon­trol­liert wer­den konn­ten oder nicht kon­trol­liert wur­den. Und alles immer irgend­wie gedeckt durch den Ver­wer­tungs­ge­dan­ken im Sin­ne der Berg­si­che­rung. In Teut­schen­thal-Bahn­hof hängt ein gro­ßes Pla­kat am Fir­men­ge­bäu­de mit dem Mot­to: „Bes­ser kann man die Zukunft nicht vor der Ver­gan­gen­heit schüt­zen.“ Hier wird der Teu­fel mit dem Beel­ze­bub ausgetrieben.

Behör­den­ver­sa­gen und Kom­mu­ni­ka­ti­on über Firmenanwälte

Hen­drik Lan­ge (LINKE) lei­te­te den Unter­su­chungs­aus­schuss Foto: Stef­fen Pröß­dorf / Wiki­pe­dia / CC BY 4.0

 

Im Sep­tem­ber 2020 nahm auf Initia­ti­ve der LINKEN der 20. Par­la­men­ta­ri­sche Unter­su­chungs­aus­schuss des Lan­des die Arbeit auf. Er soll bis zur Land­tags­wahl am 6. Juni 2021 fest­stel­len, ob die zustän­di­gen Stel­len und Behör­den bei der Geneh­mi­gung und Kon­trol­le der Müll­ein­la­ge­run­gen in Teut­schen­thal ver­sagt haben. Die unmit­tel­bar zustän­di­ge Behör­de ist das Lan­des­amt für Geo­lo­gie und Berg­we­sen (LAGB). Es wur­de 2002 im Zuge von Struk­tur­re­for­men aus ande­ren Lan­des­be­hör­den gebil­det. Auf­ga­ben­be­rei­che wur­den neu geord­net, zusätz­li­che Auf­ga­ben zuge­wie­sen und das alles neben der lau­fen­den Arbeit und vor dem Hin­ter­grund von Ein­spa­run­gen im Per­so­nal­be­reich. Vie­le Mit­ar­bei­ter muss­ten sich auf neue Auf­ga­ben umstel­len und sich dafür weiterbilden.

In die­ser Zeit kam es ver­mehrt zu Defi­zi­ten bei Kon­trol­len. So blieb zum Bei­spiel unbe­merkt, dass der Betrieb des Frei­la­gers in Teut­schen­thal schon 2004 durch die ers­te Zulas­sung nicht mehr gedeckt und somit ille­gal war. Die GTS hat zudem mehr­mals voll­ende­te Tat­sa­chen geschaf­fen, zum Bei­spiel mit der nicht geneh­mig­ten Abfall­ein­la­ge­rung von cir­ca 11.000 Ton­nen Fil­ter­stäu­ben in Angers­dorf. Das LAGB muss­te dann hin­ter­her­lau­fen, schon um den eige­nen Ruf zu schüt­zen. Beklagt wird im Amt zudem, dass die GTS seit eini­ger Zeit mit hoch­ka­rä­ti­gen Anwäl­ten anrückt, um strit­ti­ge Fra­gen zu klä­ren. Von einem Ver­trau­ens­ver­hält­nis kann kei­ne Rede sein.

"Frei­gemes­se­ner" radio­ak­ti­ver AKW-Müll

Seit eini­ger Zeit bemüht sich die GTS um die Mög­lich­keit, frei­ge­ge­be­nen oder frei­gemes­se­nen Müll aus dem Rück­bau von Kern­kraft­wer­ken oder aus nicht mehr zuge­las­se­nen Zwi­schen- und End­la­gern­wie aus Lub­min oder der Asse als Stoff für den Berg­ver­satz zu bekom­men. In einer Stel­lung­nah­me des Unter­neh­mens von 2018 an das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Umwelt, Natur­schutz und nuklea­re Sicher­heit (BMU) im Vor­feld der Novel­lie­rung der Strah­len­schutz­ver­ord­nung liest man: „Damit ver­fügt nach unse­rer Auf­fas­sung aus­schließ­lich das Ver­satz­berg­werk über die End­la­g­er­ei­gen­schaft einer lang­zeit­si­che­ren Besei­ti­gung der eigent­lich zur über­ir­di­schen Depo­nie­rung frei­ge­ge­be­nen fes­ten Stof­fe bzw. des Bau­schutts aus dem Rück­bau kern­tech­ni­scher Anla­gen; nicht aber kon­ven­tio­nel­le Abfall­de­po­nien (über- bzw. unter­tä­gig) oder die Ver­bren­nung (mit anschlie­ßen­der Besei­ti­gung der Ver­bren­nungs­rück­stän­de auf über­tä­gi­gen Abfalldeponien).“(2)

Bis­lang wird der als unbe­denk­lich ein­ge­stuf­te Müll ober­ir­disch depo­niert oder, je nach Müll­art, auch ver­brannt. Natür­lich muss die­ser Abfall irgend­wo hin. Bis 2019 war jedoch die Ver­brin­gung in Ver­satz­berg­wer­ke unter­sagt. Mit der Novel­lie­rung der Strah­len­schutz­ver­ord­nung 2019 ist das nun grund­sätz­lich zuläs­sig, wenn auch unter Auf­la­gen. Nur: Kann man eine Fir­ma, die bereits durch ille­ga­les Han­deln auf­ge­fal­len ist, mit die­ser hoch­ris­kan­ten Auf­ga­be betrau­en? Und kann die zustän­di­ge Behör­de, das LAGB, die sich bereits als über­for­dert gezeigt hat, das Gesche­hen kontrollieren?

Das Was­ser als Gefahr

Für den Berg­ver­satz mit gefähr­li­chen Abfäl­len muss ein Lang­zeit­si­cher­heits­nach­weis erbracht wer­den. Die Berg­ver­satz­ver­ord­nung schreibt dafür vor, dass schad­stoff­hal­ti­ge Abfäl­le nur in tro­cke­ne Salz­ge­steins­for­ma­tio­nen ein­ge­bracht wer­den dür­fen, damit die Gift­stof­fe nicht durch Was­ser­kon­takt aus­ge­wa­schen wer­den und in die Bio­sphä­re zurück­ge­lan­gen kön­nen. Was­ser ist ein gro­ßer Risi­ko­fak­tor, denn man kann nie sicher sein, dass es nicht Wege nach drau­ßen und oben fin­det und mit dem Grundwasser/Schichtwasser in Berüh­rung kommt. Der Schacht Teut­schen­thal war bei Betriebs­zu­las­sung tro­cken, der Schacht Hal­le in Angers­dorf aber schon immer was­ser­ein­bruchs­ge­fähr­det. Bereits beim Boh­ren des Schach­tes um 1905 lief Was­ser zu und muss­te abge­pumpt wer­den. Außer­dem wur­de nach der Ein­stel­lung der Kali­salz­för­de­rung noch Stein­salz geför­dert, was drei mit cir­ca 1.000.000 Kubik­me­tern Sole gefüll­te Kaver­nen hin­ter­ließ. Was­ser ist im Gru­ben­sys­tem also reich­lich vorhanden.

Für die Zei­ten nach dem Ver­satz­be­trieb war der Bau eines Dam­mes geplant, der das Ein­tre­ten von Was­ser aus Angers­dorf in die Gru­be Teut­schen­thal ver­hin­dern soll­te. Die­ser Plan wird nicht wei­ter ver­folgt, weil das Was­ser den Damm umspü­len und sich doch Wege suchen wür­de. Wie es eben sei­ne Art ist. Daher ist nun Fol­gen­des vor­ge­se­hen: Man lässt den Gru­ben­ver­bund nach dem Ende des Ver­satz­be­triebs absau­fen. Da das alles auf 700 Metern Tie­fe pas­siert, hofft man, dass das Was­ser schon brav da unten blei­ben wer­de. Aber wird es? Des Was­sers Wege sind bekannt­lich uner­gründ­lich. Die Saa­le­aue grenzt direkt an Angers­dorf. Ver­en­den hier die ers­ten Tie­re, ist es zu spät.

Unab­hän­gi­ge Über­wa­chung unbe­dingt nötig

Nach eige­nen Anga­ben ver­bringt die GTS jähr­lich um die 200.000 Ton­nen zum Teil gefähr­li­che Abfäl­le in die Gru­be Teut­schen­thal. Rech­net man das grob hoch auf die mehr als 25 Jah­re Ver­satz­be­trieb, so lie­gen unten bereits drei bis vier Mil­lio­nen Ton­nen. Die kön­nen nie und in kei­nem Fall geho­ben wer­den. Wir müs­sen mit ihnen koexis­tie­ren und sie des­halb stän­dig über­wa­chen. Genau das for­dert die 2010 gegrün­de­te Bür­ger­initia­ti­ve Gift­müll­re­gi­on Hal­le (Saa­le) e. V., die bereits ver­hin­dert hat, dass auch in Angers­dorf eine Dick­stoff­ver­satz­an­la­ge gebaut und betrie­ben wird. Außer­dem brau­chen wir end­lich ein Unter­neh­mens­straf­recht, über das durch Unter­neh­men ver­ur­sach­te Umwelt­schä­den geahn­det und in ihnen Rech­nung gestellt wer­den können.

Nur Pro­test und poli­ti­scher Druck kön­nen helfen

Bis­her ist das The­ma in Hal­le nicht prä­sent. Die Medi­en wie die Mit­tel­deut­sche Zei­tung, die Städ­ti­sche Zei­tung und ande­re berich­te­ten zwar über die Pro­ble­me, aber zu Vor­sor­ge­hand­lun­gen sei­tens der Stadt hat das bis­lang nicht geführt. Auf unse­re Anfra­ge hin ant­wor­te­te die Pres­se­stel­le, dass Fra­gen zum Berg­ver­satz in Teu­schen­thal und Angers­dorf nicht in Zustän­dig­keit der Stadt fie­len. Beun­ru­hi­gen­der noch: Die Hallenser*innen wis­sen oft nichts dar­über und erken­nen die Gefahr nicht. Nur wenn die Groß­stadt und die Men­schen, die in ihr leben, laut wer­den, ent­steht poli­ti­scher Druck. Allein der kann etwas bewirken.

Mari­an­ne Heukenkamp

 

(1) https://www.grube-teutschenthal.de/

(2) https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Glaeserne_Gesetze/19._Lp/artikelvo_strlsch/Stellungnahmen/artikelvo_strlsch_180530_stn_gts_bf.pdf

 

https://giftmuellregion-halle.de/

Die For­de­run­gen der Bürgerinitiative:

  • Ver­fül­lung des Was­ser- und lau­gen­ein­bruchs­ge­fähr­de­ten Gru­ben­fel­des Angers­dorf mit nichtgiftigem/gefährlichem Material
  • Ein­hal­tung des Langzeitsicherheitsnachweises
  • Ver­hin­de­rung des Absau­fens der ver­füll­ten Gru­ben­fel­der und Ein­drin­gen der Kon­ta­mi­na­tio­nen in die Bio­sphä­re- Schlie­ßung des Frei­la­gers in Delitz auf­grund der glei­chen Gefähr­dun­gen wie in Teutschenthal
  • Kon­ti­nu­ier­li­che Kon­trol­le der Abluft aus dem Bergwerk
  • Errich­tung eines Schorn­steins mit Fil­te­rung der Abluft
  • Kon­trol­le und Unter­bin­dung der Frei­la­ger­hal­tung der Fil­ter­stäu­be am Stand­ort Delitz durch die zustän­di­gen Behörden
  • Offen­le­gung der Unter­su­chungs­er­geb­nis­se der Abluft­mes­sung und Staubdepositionsmessungen
  • Lücken­lo­se Auf­klä­rung des Explo­si­ons­un­glü­ckes vom 08.11.2019 in Teut­schen­thal und Ergrei­fen der not­wen­di­gen Konsequenzen
  • Ver­hin­de­rung der Ver­fül­lung die­ses Berg­wer­kes mit soge­nann­ten frei­gemes­sen Mate­ria­li­en aus kern­tech­ni­schen Anla­gen, die zwar nur schwach radio­ak­tiv sind, jedoch eine Strah­lung abgeben.

 

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