Am Samstag, 13.September war Ska Keller, die Vizechefin der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, deren Büro sich in Halle befindet, zu Gast. Um 10.00 Uhr besuchte sie den Buchladen Jacobi und Müller, der seine Leserinnen und Leser zu einer Diskussion über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP) eingeladen hatte.
Mit einer Schaufensteraktion wollten die Buchhändler Raimund Müller und Nils Wagner die Europäische Bürgerinitiative (www.stopttip.org) unterstützen, die am 15.09. starten sollte. Am Freitag allerdings ging die Nachricht ein, dass die EU-Kommission die Europäische Bürgerinitiative, die von einem Bündnis aus 250 Nichtregierungsorganisationen und Parteien aus ganz Europa eingereicht worden ist, aus rechtlichen Bedenken nicht zulässt.
Mut zum Widerstand
Dieser Fakt sorgte für zusätzlichen Gesprächsstoff. Ska Keller informierte darüber, dass bereits ein Vernetzungstreffen der NGOs stattgefunden hat und Widerspruch gegen die Entscheidung der EU-Komission eingelegt wird. Sie möchte die Hallenserinnen und Hallenser dazu ermutigen, ihre lokalen EU-Abgeordneten persönlich anzusprechen, um sie zum Widerstand gegen die Entscheidung und zum Überdenken ihres Standpunktes hinsichtlich des TTIP zu bewegen. „Mails aus dem Wahlkreis machen einen riesigen Unterschied.“ so Keller.
Außerdem fordert sie dazu auf, sich beim dezentralen Aktionstag, dem 11.Oktober, zu engagieren. Ska Keller ist sich sicher, dass TTIP gestoppt werden kann. „Bei ACTA ist das auch gelungen und da gab es nur halb so viele Proteste. Man muss einfach noch mehr machen.“ Die Politikerin betonte, dass sich der Widerstand des Aktionsbündnisses nicht gegen den transatlantischen Handel richtet, sondern dass es um fairen Wettbewerb gehe, der nicht durch Großkonzerne beherrscht werden dürfe. Auch in den USA gebe es sehr viele Bedenken gegen das Abkommen und es bestehe Kontakt zu dortigen Bürgerinitiativen. Als besonders beunruhigend wird der Fakt angesehen, dass Konzerne nach Absegnung des Abkommens Staaten verklagen könnten.
TTIP gefährdet kulturelle Vielfalt
Nils Wagner begründet sein Engagement wie folgt: „Als Buchhändler sehen wir uns als Teil des Kulturbetriebes. Das Freihandelsabkommen würde dazu führen, dass Mechanismen wie die Kulturförderung einfach der Vermarktungslogik der großen Konzerne unterworfen werden. Damit wäre die kulturelle Vielfalt gefährdet.“ Mit einem großen Transparent im Schaufenster wollen Müller und Wagner darauf aufmerksam machen, dass TTIP Auswirkungen auf die Buchpreisbindung und somit den Buchhandel hat und nicht nur die in den Medien häufig diskutierten Chlorhähnchen und den Genmais betreffen.
Solveig Feldmeier
Mitglieder Europäisches Parlament:
sven.schulze@europarl.europa.eu (CDU)
arne.lietz@europarl.europa.eu. www.arne-lietz.de (SPD)
In einem offenen Brief kommentiert Sven Giegold, Sprecher der Europagruppe Grüne im Europaparlament die Entscheidung der EU-Komission: "Mit ihrer Ablehnung der Europäischen Bürgerinitiave sperrt die EU-Kommission die Bürger*innen bei der Entscheidung über TTIP aus. So tritt die noch amtierende Kommission die Hoffnung auf mehr Europäische Demokratie mit Füßen. Die EU-Kommission bestätigt fatalerweise so alle Vorurteile, dass Europapolitik in Hinterzimmern und unter Ausschluss der Bürger*innen gemacht wird. Ich fordere vom gewählten EU- Kommissionspräsidenten Juncker, diese Entscheidung zu korrigieren. Er hatte im Wahlkampf mehr Bürgerbeteiligung in Europa versprochen. Nun muss er verhindern, dass die Hoffnung auf einen neuen Aufbruch mit ihm durch dieses vergiftete Abschiedsgeschenk seiner Vorgänger zerstört wird. Juncker muss dafür sorgen, dass Europäische Bürger*innen bei weitreichenden Entscheidungen über Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz und Umweltschutz, so wie sie bei TTIP verhandelt werden, mitreden dürfen.
Es ist gut, dass die Initiator*innen der Europäischen Bürgerinitiative gegen die Verweigerung der Registrierung entschiedenen Widerstand angekündigt haben. Die Bürgerinitiative hat ein überzeugendes Rechtsgutachten vorgelegt, das die Zulässigkeit der Bürgerinitiative untermauert. Die Europäische Bürgerinitiative darf durch juristische Winkelzüge nicht ausgehöhlt werden. Sie verdient vielmehr, zu einem echten Europäischen Bürgerentscheid weiterentwickelt zu werden."
Stellungnahme des EBI-Bündnis zur Ablehnung: http://stop-ttip.org/europaeische-kommission-will-buergereinfluss-bei-ttip-und-ceta-ausschalten/
Ablehnung durch die EU-Kommission: http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/non-registered/details/2041
Informationen zum geplanten Freihandelsabkommen und seiner Auswirkung auf Kommunen: www.attac.de/TTIP-in-Kommunen
... Wohin am 13. September ??? Unser Tipp: Protest mit Ska Keller gegen das TTIP
Alle haben sich diesen Tag für ihre Veranstaltung ausgesucht: am 13. September hilft in Halle nur Persönlichkeitsteilung oder straffes Zeitmanagement, um das gesamte alternative Veranstaltungsprogramm zur Kenntnis zu nehmen zu können … unser Terminkalender bietet allein fünf interessante Veranstaltungen: darunter den 13. Freiwilligentag, den Christopher-Street-Day, den Halleschen Frauenlauf … und ganz aktuell eine Protestveranstaltung gegen das Transatlantische Handelsabkommen mit der Europaabgeordneten Ska Keller.
Denn: Am kommenden Montag, 15.09. 2014 startet die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA (www.stop-ttip.org), was die ablehnende Haltung der europäischen Bevölkerung gegen den Inhalt als auch die Art und Weise der Verhandlungen zu diesen transatlantischen Freihandelsabkommen massiv zum Ausdruck bringen wird.
Aus diesem Anlass protestieren am Samstag, 13.09. 2014, ab 10 Uhr, der Buchladen Jacobi und Müller und die grüne Europaabgeordnete Ska Keller mit einer Aktion gegen TTIP. Das Schaufenster soll mit einem Spruchbanner verhüllt werden, um darauf aufmerksam zu machen, dass auch die für alle LeserInnen, AutorInnen und BuchhändlerInnen wichtige Buchpreisbindung in Gefahr ist, wenn das TTIP Abkommen in Kraft tritt.
Sie sind eingeladen, ab 10 Uhr mit Raimund Müller, Nils Wagner und Ska Keller über das Problem zu diskutieren und sich zu informieren.