Am 19. Juni las der US-amerikanische Autor, Komponist und Herausgeber Fredric Kroll aus dem erstmals publizierten Romanfragment „The Last Day“ im Café Feez.
Die Wiederentdeckung des in den 70iger Jahren fast vergessenen Sprachkünstlers, Antifaschisten und bekennenden Homosexuellen ist vor allem einem Mann zu danken: dem Übersetzer, Autoren und Komponisten Fredric Kroll.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen den feinsinnigen Künstler bei einer Aufführung des „Mephisto“ in Weimar kennenzulernen. Diese überzeugte uns beide nicht so sehr, weil sie uns zu weit weg von Klaus Mann erschien. Nun bin ich gespannt, wie er die Inszenierung in Halle aufnehmen wird, von der ich schlichtweg begeistert bin.
Da Fredric Kroll weit aus dem Süden, aus Freiburg, anreist, bleibt er noch einen Tag länger hier um Halle zu besichtigen. Schön, dass er unserer Bitte nachgekommen ist und im Café Feez lesen wird.
Anhand seiner Korrespondenz wusste man, dass Klaus Mann in seinen letzten Lebenswochen versuchte hatte, einen Selbstmörderroman zu schreiben, anstatt sich das Leben zu nehmen. Schließlich hat er am 21. Mai 1949 doch Selbstmord begangen. Der Roman blieb vorerst wie ein unbekannter Planet: Man wusste von seiner theoretischen, nichts aber von seiner reellen Existenz, geschweige denn von seiner Beschaffenheit. Anfang April 1970 im Hause Mann in Kilchberg am Zürichsee ging der Doktorand Fredric Kroll aus den USA dem Geheimnis nach und entdeckte englischsprachige Fragmente unter der Überschrift The Last Day, stellte die zusammenhängendsten unter ihnen zu einer Art „Lesefassung“ zusammen und übersetzte sie ins Deutsche.
Fredric Kroll erzählt die Geschichte der Entdeckung des Romans und liest seine Lesefassung.
Aus Anlass des siebzigsten Geburtstags von Fredric Kroll erschien mit „Treffpunkt im Unendlichen“ eine Art „Archäologie“ seiner „Klaus-Mann-Schriftenreihe“. Darin findet sich das Roman-Fragment „The Last Day“. Detlef Krumbach ist der Herausgeber des unter dem Titel „Treffpunkt im Unendlichen“ im Verlag Männerschwarm erschienenen Buches.
Krolls Großvater wanderte 1905 aus Weißrussland nach Amerika aus, weil er als Jude bereits länger als Nichtjuden in der Armee des Zaren hatte dienen müssen und nicht ein weiteres Mal eingezogen werden wollte. Fredric Kroll zog 1969 nach Deutschland, um nicht nach Vietnam zu müssen. Schon mit fünfzehn hat der 1945 in New York geborene Kroll Klaus Manns Tschaikowsky-Roman gelesen; seinen Traum, ein bekannter Komponist zu werden, hat er nie aufgegeben. Doch seit den 1970iger Jahren widmete er sich erst einmal ganz der Erforschung von Leben und Werk Klaus Manns und veröffentlichte „bei weitem das Erschöpfendste, was je über dieses human case geschrieben wurde“ (Golo Mann über Krolls „Klaus-Mann-Schriftenreihe“). Klaus Mann war fast vergessen, als Fredric Kroll 1976 Jahre die Herausgeberschaft der «Klaus-Mann-Schriftenreihe» übernahm. Zu Beginn ahnte wohl niemand, dass dieses biografische Projekt auf über 3.000 Seiten anwachsen und mehr als 30 Jahre in Anspruch nehmen würde. Vor einem Jahr wurde seine Oper „The Scarlet Letter“ in der Hamburger Kammeroper uraufgeführt.
Die Veranstaltung der Genossenschaft „Halle im Wandel“ findet am Freitag, 19. Juni 2015 im Café Feez, Frankestraße 2 statt/ Beginn: 18.00 Uhr
Kooperationspartner ist die Buchhandlung Jacobi und Müller.