Lob des Mosa­iks im Kröllwitzkrankenhaus

Hal­le erfreu­te sich bis in die 1990ern Jah­ren eines gro­ßen Reich­tums an öffent­li­chen Mosa­iks. Noch heu­te sind vie­le davon erhal­ten und dank zahl­rei­cher Reno­vie­run­gen in gutem Zustand. Den meis­ten Hallenser*innen, Hallor*innen und Hallunk*innen mögen nur die bei­den gro­ßen Mosai­ke am alten HWG Haus am Rie­beck­platz und an der Ver­kehrs­be­hör­de zwi­schen Bruch­see und Sta­di­on Neu­stadt, bekannt sein. Bei­de sind von Josep Renau, der eigens dafür aus Spa­ni­en anreis­te und meh­re­re Jah­re in der DDR leb­te. Doch es gibt viel mehr.

Ein meist nicht aus erfreu­li­chen Grün­den erfol­gen­der Besuch des Uni­ver­si­täts-Kran­ken­hau­ses in Kröll­witz kann mit dem Genuss des cir­ca 3 x 5 m gro­ßen Mosa­iks abge­mil­dert wer­den. Im Erd­ge­schoss des Bet­ten­hau­ses IV genießt die Betrach­te­rin im Vor­bei­ge­hen das Mosa­ik aus dem Jahr 1981. Es zeigt eine idyl­li­sche Sze­ne mit halb­nack­ten und nack­ten Men­schen die in har­mo­ni­scher Natur das Leben genie­ßen. Das Motiv gehört in das Gen­re der Schä­fer­bil­der oder Loci Amo­e­ni. In der DDR gab es neben den kämp­fe­ri­schen und poli­ti­schen Moti­ven die­ses Gen­re des Guten Lebens. Die­se Mosai­ke waren sel­ten und sind heu­te noch seltener.

Obwohl das Mosa­ik nicht von einem inter­na­tio­nal aner­kann­ten Künst­ler wie Josep Renau stammt ist es doch wert­voll und erhaltenswert.

Es gibt die guten und schlech­ten Zei­ten im Leben von Natio­nen und Städ­ten. Mosai­ke ent­ste­hen in den guten Zei­ten. Sie sind unnütz­lich, sie pro­du­zie­ren nichts und sie wer­fen weder Geld noch Pro­duk­te ab. Mosai­ke sind seit der Früh­an­ti­ke eine Form von Kunst im öffent­li­chen Raum: nicht nütz­lich aber schön, eine Freu­de für das Auge der Vie­len. Denn sie sind halt­bar und robust und kön­nen den­noch gra­zil sein. Boden­mo­sai­ke haben bis zu 2 1/2 Tau­send Jah­re über­dau­ert. Meist waren sie in römi­schen Vil­len nur den Besucher*inne ersicht­lich. Aber man­che Mosai­ke waren in Tem­peln und Amts­ge­bäu­den und so jeder­frau zugäng­lich. Im Gegen­satz zu Gemäl­den sind sie halt­bar und eine Atta­cke der letz­ten Genera­ti­on mit Lebens­mit­tel­far­be wür­de ihnen gar nichts anhaben.

Unser Mosa­ik in Kröll­witz könn­te viel­leicht auch noch 2000 Jah­re erhal­ten blei­ben. Alles was dafür nötig ist, ist etwas poli­ti­sches Momen­tum. Das Prä­si­di­um hat sich offen­bar in den Kopf gesetzt, alle Häu­ser aus der DDR abzu­rei­ßen. Das Bet­ten­haus IV ist das letz­te, das noch steht. Es gibt schon seit den 1980er Jah­ren immer wie­der Beschwer­lich­kei­ten mit den Was­ser­roh­ren. Die ein­zi­ge Kur soll wohl eine Roß­kur sein, näm­lich der Abriss des gan­zen Hau­ses aus dem Jahr 1981 samt Mosa­ik. Da ich zufäl­lig in die­sem Jahr, als das Haus gera­de ein­ge­weiht wor­den ist, im sel­ben Kran­ken­haus das Licht der Welt erblick­te, habe ich gar kein Ver­ständ­nis für den ewi­gen Neu­heits­wahn. Kann nicht ein­mal etwas ste­hen blei­ben, das gut ist, wie das Bet­ten­haus IV?

Die Initia­ti­ve "Freun­des­kreis Mosa­ik am UHK" for­dert den Erhalt von Mosa­iks und Bet­ten­haus. Wer mit­ma­chen möch­te kann ihr schrei­ben. (MosaikFreundinnen@systemli.org)

Mit dem mosa­ik­reich­tum steht Hal­le zwar nicht mehr in einer Rei­he mit Lis­sa­bon und Sao Pau­lo, aber im deut­schen Ver­gleich kann sich die Stadt sehen las­sen. Wie wäre es statt Land der Früh­auf­ste­her mit Stadt der Mosaike?

 

Con­rad Kunze

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