Milch­bau­ern for­dern Erhalt der Tier­hal­tungs­kenn­zeich­nung und wirt­schaft­li­che Perspektiven

Auf einer agrar­po­li­ti­schen Tagung von bäu­er­li­chen Land­wir­ten in Har­de­hau­sen dis­ku­tier­ten Praktiker:innen mit Vertreter:innen des Lebens­mit­tel­ein­zel­han­dels, der Pri­vat­wirt­schaft, der Wis­sen­schaft und Poli­tik sowie von Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen mit­ein­an­der. Die bun­des­wei­te Tagung wur­de von der Arbeits­ge­mein­schaft bäu­er­li­che Land­wirt­schaft (AbL) in Koope­ra­ti­on mit der Katho­li­schen Land­volks­hoch­schu­le Har­de­hau­sen veranstaltet.

„Wir sen­den Signa­le an die neue Bun­des­re­gie­rung, eine muti­ge und vor­wärts­ge­wand­te Agrar­po­li­tik umzu­set­zen“, sag­te AbL-Bun­des­ge­schäfts­füh­rer Bernd Schmitz auf der Tagung. „Wir for­dern, dass das staat­li­che Tier­hal­tungs­kenn­zeich­nungs­ge­setz bleibt und wei­ter­ent­wi­ckelt wird. Nur so kann Ver­läss­lich­keit für die Betrie­be und Verbraucher:innen sicher­ge­stellt wer­den. Außer­dem ist die lang­fris­ti­ge Finan­zie­rung nach den Bor­chert-Plä­nen umzu­set­zen und etwa die Anhe­bung der Mehr­wert­steu­er auf tie­ri­sche Pro­duk­te um 2-3 Pro­zent ein guter Ein­stieg. “ Zum Rind­fleisch­skan­del sag­te Schmitz: "Für den Skan­dal um die fal­sche Rind­fleisch­de­kla­rie­rung müs­sen die betei­lig­ten Unter­neh­men die vol­le Ver­ant­wor­tung über­neh­men und der Betrugs­skan­dal darf nicht die zulie­fe­ren­den Bäue­rin­nen und Bau­ern belasten."

Elmar Han­nen vom Bun­des­ver­band Deut­scher Milch­vieh­hal­ter (BDM) sprach die Markt­po­li­tik an: „ Die neue Bun­des­re­gie­rung muss den Ball der EU-Kom­mis­si­on auf­grei­fen und sich für die ver­bind­li­che Ver­trags­pflicht vor Lie­fe­rung, also den Arti­kel 148 ein­set­zen. Die Ver­trags­pflicht vor Lie­fe­rung ist nicht die allei­ni­ge Lösung aber ein wich­ti­ger Ein­stieg für fai­re und gewinn­brin­gen­de Prei­se für uns Bäue­rin­nen und Bau­ern. Der Milch­in­dus­trie­ver­band lehnt die­sen Schritt ab und wird vom Raiff­ei­sen­ver­band und Deut­schen Bau­ern­ver­band aktiv unter­stützt. Des­halb ist jetzt umso wich­ti­ger, dass wir Bäue­rin­nen und Bau­ern unse­re Posi­tio­nen in die neue Regie­rung ein­brin­gen, sonst wer­den wir viel zu vie­le Betrie­be ver­lie­ren und eine Art der Land­wirt­schaft bekom­men, die weder bäu­er­lich noch gesell­schaft­lich akzep­tiert ist. Wei­te­re markt­po­li­ti­sche Maß­nah­men wie Kauf­ver­bot unter Pro­duk­ti­ons­kos­ten müs­sen folgen.“

Aus­zü­ge aus den Refe­ra­ten und Dis­kus­sio­nen der Milchtagung

Robert Römer von der Initia­ti­ve Tier­wohl (ITW) skiz­ziert in sei­nem Vor­trag ein­drück­lich die Ent­wick­lung der Initia­ti­ve Tier­wohl, die bereits seit zehn Jah­ren besteht. Zu den Rück­fra­gen der Teil­neh­men­den zum aktu­el­len Betrugs­skan­dal bei der Dekla­rie­rung von Rind­fleisch ver­wies Römer auf die Äuße­run­gen des betrof­fe­nen Ver­bands, denen er nicht vor­grei­fen wol­le. Er kün­dig­te an, dass hin­sicht­lich Prüf­sys­te­ma­tik und Trans­pa­renz bei den Hal­tungs­for­men für Rin­der jetzt ein inten­si­ver Aus­tausch mit den Akteu­ren anstehe.

Pro­fes­sor Andre­as Gat­tin­ger und Dr. Dei­se Knob von der Jus­tus-Lie­big-Uni­ver­si­tät Gie­ßen sind Pro­jekt­part­ner von Cli­eN­farms der EU-Kom­mis­si­on. Sie stell­ten hofin­di­vi­du­el­le Berech­nungs­me­tho­den für CO2-Emis­sio­nen in der Öko-Milch­vieh­hal­tung vor, bei der auch Betrie­be der Uplän­der Bau­ern­mol­ke­rei unter­sucht wer­den. In der Debat­te wird deut­lich, dass vie­le Fak­to­ren bereits berück­sich­tigt sind, aber längst nicht alle. So feh­le, laut Gat­tin­ger, etwa der Emis­si­ons­fak­tor, wenn Kot und Harn auf der Wei­de getrennt abge­legt wür­den, wodurch sich Emis­sio­nen redu­zier­ten. Auch wird unter den Teil­neh­men­den kri­tisch betrach­tet, dass bei einer objek­ti­ven Bilan­zie­rung der CO2-Emis­sio­nen auch eine Bilan­zie­rung der Bio­di­ver­si­tät und von Land­nut­zungs­än­de­run­gen not­wen­dig sei, sonst wür­den die­se wich­ti­gen Aspek­te gegen­ein­an­der aus­ge­spielt. Wei­de­nut­zung soll­te gene­rell eine noch höhe­re Wert­schät­zung zuteil wer­den, die über ent­spre­chen­de För­de­rung jen­seits der Zwei­ten Säu­le ein­zel­ner Bun­des­län­der gestärkt wer­den sollte.

Johan­nes Eisert, der den Glad­ba­cher Ver­suchs-Hof lei­tet, hält Kli­ma­bi­lanz-For­schun­gen für Landwirt:innen für sinn­voll, denn sie sind Opfer und Ver­ur­sa­cher zugleich und könn­ten dadurch Ver­bes­se­run­gen auf ihren eige­nen Betrie­ben umsetzen.

Ben­ja­min Wölk, Ein­kaufs­lei­ter von der REWE Group und Micha­el Braun, Geschäfts­füh­rer „Die fai­re Milch“ stell­ten den ers­ten bun­des­wei­ten 3-Par­tei­en-Ver­trag für Milch vor, den es seit Herbst letz­ten Jah­res gibt. Vor allem habe Wölk der Ansatz eines voll­kos­ten­den­de­cken­den Milch­prei­ses auf Grund­la­ge des Milch Mar­ker Index (MMI) für Betrie­be über­zeugt, den 3-Par­tei­en-Ver­trag umzu­set­zen. Sein Resü­mee: Die Ver­kaufs­zah­len über­stie­gen die Erwar­tun­gen, das lie­ge auch dar­an, dass das Pro­dukt in den Pen­ny-Märk­ten, die zur REWE Group gehö­ren, gut plat­ziert und bewor­ben wür­de. Es wur­de beim Vor­trag deut­lich, dass Wölk und Braun, die bei­den Vor­rei­ter des 3-Par­tei­en-Ver­tra­ges, ihre Zusam­men­ar­beit äußerst enga­giert, ver­trau­ens­voll und trans­pa­rent hand­ha­ben. In der Debat­te wur­de erwähnt, dass es zwar auch seit die­sem Jahr einen 3-Par­tei­en-Ver­trag für Schwei­ne­fleisch gebe, die­ser aber nicht von den Voll­kos­ten der Betrie­be her kal­ku­liert würde.

Tier­arzt Dr. Mat­thi­as Link hat in sei­nem Vor­trag den Umgang mit der Blau­zun­gen-Krank­heit auch bezüg­lich Imp­fen und Impf­skep­sis detail­liert auf­ge­ar­bei­tet. Er warn­te, dass neu­ar­ti­ge Virus-Erkran­kun­gen mit dem Kli­ma­wan­del zuneh­men wür­den und emp­fahl, dass Imp­fen dage­gen ein wirk­sa­mes Mit­tel sei. Bio­si­cher­heit sei ein abs­trak­ter Begriff, des­sen Umset­zung im Betrieb aber an Bedeu­tung gewin­ne, auch wenn sie mit Trans­pa­renz und „wir öff­nen unse­re Höfe“ schwer zu ver­ein­ba­ren sei.

 

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