Die Bürgerinitiative Saaletal und der Regionalverband des NABU haben eine gemeinsame Klage gegen den Bau der Autobahn A 143 eingereicht. In der beim Bundesverwaltungsgericht eingereichten Klageschrift fordern sie einen sofortigen Baustopp und ein Verbot der Inbetriebnahme.
Ausbau verstößt gegen Naturschutzrecht
Die klagenden Umweltschützer berufen sich dabei juristisch auf EU-Recht, wonach ein Verschlechterungsverbot für besonders geschützte Lebensräume innerhalb von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten festgelegt sei. Weil der Autobahnbau und -betrieb unvermeidbare Schädigungen solch umweltrechtlich geschützter Lebensräume mit sich bringen würde, sei die Führung der A143 im Saaletal nach europäischem und bundesdeutschem Naturschutzrecht nicht zulässig. Die A 143 sei nach europäischem Recht illegal, heißt es in der Pressemitteilung der BI.
"Unser Zielt ist eine sofort gültige und schnellst mögliche Aufhebung des Bauplans und der Betriebserlaubnis der Autobahn. Wir wollen die wertvollen FFH-Naturschutzgebiete erhalten und vor weiteren Schäden und der ihnen drohenden völligen Zerstörung bewahren. Die Autobahn 143 ist in keiner Art und Weise mit dem Artenschutz, dem sich die Europäische Union verpflichtet hat, und den entsprechenden Gesetzen zum Schutz von FFH-Gebieten zu vereinbaren. Der Bau muss gestoppt werden, die Schäden sind so gut wie möglich wieder zu beheben."
Der Ausbau der so genannten „Westumfahrung“ von Halle gehört bereits seit Jahrzehnten zu den umstrittensten Verkehrsprojekten in Deutschland, heißt es in einer Pressemitteilung der Akteure, die sich seit langem gegen die Zerstörung der einzigartigen Flusslandschaft von europäischer Bedetung einsetzen. Insbesondere die unter strengem Schutz stehenden gefährdeten Lebensräume in der Porphyrkuppenlandschaft bei Brachwitz und Gimritz und auf den Muschelkalkhängen bei Lieskau seien enorm empfindlich gegenüber Zerschneidung, Lärm und Abgasen. Der klagende Umweltverband und die BI fordern, diese besonderen Kostbarkeiten unseres Naturerbes für die nachkommenden Generationen zu bewahren und den Weiterbau der A 143 zu stoppen.
Das Bundesverwaltungsgericht teilte nach Eingang der Klage mit, keinen vorläufigen Baustopp anzuordnen.
Hintergrundinformationen
Der Bau der Autobahn 143 wurde 1991 vom Verkehrsminister Günter Krause – der zwei Jahre später in Korruptionsaffären verstrickt von allen Ämtern zurücktrat – verkündet. Es gab keine
öffentliche Debatte, Beratung oder auch nur Erwägung von Umweltaspekten. Klimawandel und Artensterben waren noch nicht einmal allgemein bekannt. Es galt vielmehr die Vision vom sogenannte "Aufbau Ost" und die Erwartung eines Wachstums der zuletzt in der DDR 1989 erreichten Wirtschsaftsleistung sowie der Bevölkerung Halles über die (mit Neustadt) bestehenden 310.000 weit hinaus. Weder die Wirtschaft noch die Migration hat sich an die Pläne gehalten. Die Bevölkerung sank auf (bis heute) unter 250.000, die Wirtschaftsleistung ist dramatisch eingebrochen wovon Fabrikruinen bis heute zeugen. Die Deindustrialisierung der
ehemaligen DDR ist ein dauerhaftes Faktum. Die zwei ursprünglichen Gründe für die Autobahn seien somit entfallen, schreibt die BI Saaletal. Und auch das dritte Argument für den Bau sei durch eine Erhebung im Jahr 2013 hinfällig geworden: Von der Hochstraße B 80 würden nach Fertigstellung nur 5%, von der Kröllwitzbrücke sogar nur 2% der Autos auf die Route vom Südharz zur A9, also auf die fragwürdige A143, ausweichen.
Der NABU Halle bekam im Jahr 2007 vor Gericht Recht: der Bau verstößt gegen FFH Recht der EU. Eine zweite Klage eines privaten Klägers mit Hilfe der BI-Saaletal gegen den 2. Bauplan der
Deges wurde 2019 abgelehnt, obwohl sich grundsätzlich kaum etwas an den Tatsachen der drohenden Naturzerstörung geändert hatte. Im November 2019 wurde der Spatenstich von Minister
Scheuer von einer Demonstration aus Umweltschützer*innen aus Halle und Saalekreis gestört.
Am 16. Oktober 2023 hat die BI-Saaletal zusammen mit dem Nabu Halle bei der Naturschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt Fehler im Bauplan moniert und die sofortige Verhängung eines Baustopps gefordert. Die Naturschutzbehörde sollte Fehler im Bauplan prüfen. Statt dessen hat diese die Beschwerde zur Prüfung an das Fernstraßenbundesamt (FBA) in Leipzig abgegeben. Da dieses selbst für den zügigen Bau aller Autobahnen verantwortlich ist liegt ein schwerer Interessenkonflikt vor. Das FBA kann nicht seine eigenen Pläne kritisch prüfen. Es sei daher keine Überraschung, dass das FBA die Pläne der A-143 unbedenklich befindet. Selbst um diese Auskunft zu erhalten, hat die BI-Saaletal jedoch mit einer Untätigkeitsklage drohen müssen. Das FBA hat entgegen mündlichen Zusagen die 3 Monatsfrist und weitere untätig verstreichen lassen.
Diu BI begrüßt, dass mit der mehreren Seiten langen Ablehnung unseres detaillierten Rechtsgutachtens, durch das FBA, nun zumindest Klarheit besteht. Gegen diese Ablehnung der Beschwerde habe die BI Klage eingelegt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig müsse die Klage vom 16. Oktober 2023 und die Ablehnung dieser durch das FBA nun prüfen und entscheiden, welche Partei Recht bekommt.