Wie wir in der Januar-Ausgabe der "halleschen störung" lesen durften, ist der europäische Wolf (Canis lupus lupus) wieder auf dem "Vormarsch". Doch um die kleinste Unterart des Wolfes, Canis lupus carnis, steht es schlecht. Seit den 1980er Jahren ist ihre Zahl in Europa stark rückläufig. In Liechtenstein, San Marino und Andorra ist der Kleinstwolf gar vom Aussterben bedroht. Erstaunlicherweise scheinen Biolog*innen und Naturschützer*innen diese Tatsache bislang weitgehend übersehen zu haben. C. l. carnis gilt als zurückhaltend und attackiert grundsätzlich keine Schafe, Menschen oder andere Tiere. Aufgrund seines spezifischen Kauapparates vermag er ausschließlich vorzerkleinerte Nahrung zu verwerten.
Lebensraum und Haltung
Hauptnahrungsbestandteile sind Fleisch und Fisch. Daneben stehen Gemüse, altbackenes Brot und trockene Brötchen auf dem Speiseplan. In der Vorweihnachtszeit ernähren sich die Tiere bevorzugt von Plätzchenteig. Die auch als „Fleischwolf“ bekannte Subspezies lebt in enger Symbiose mit dem Menschen und macht sich gerne im Haushalt nützlich. Vor allem bei der Herstellung von Hackfleisch, Würstchen, Spritzgebäck und Paniermehl leisten die kleinen silbrig-grauen Gesellen wertvolle Hilfe. Wer sich einen Fleischwolf hält, muss mitnichten in einen aufwändigen Zwinger oder ein artgerechtes Gehege investieren: Die Tiere beanspruchen wenig Platz und begnügen sich mit einem trockenen Plätzchen im Küchenschrank. Zudem ist C. l. carnis ein recht leiser Zeitgenosse. Er heult nicht noch bellt er; lediglich schlecht geölte Alttiere geben mitunter ein Knirschen oder Quietschen von sich. Gegenüber typischen Wolfskrankheiten wie der Tollwut ist die robuste Unterart resistent.
Gefährliche Isolation beschleunigt Aussterben
In einer Studie der Hoax University (Großbritannien) aus den frühen 2000er Jahren zeigten allerdings Fleischwölfe, die vom menschlichen Rudel isoliert und in Abstellkammern, Keller und auf Dachböden ausquartiert wurden, in 93,7 % der Fälle bereits nach vierzehn Tagen depressive Symptome. Diese reichten von Schlafstörungen über Gefühle der Nutzlosigkeit und suizidale Gedanken bis zur völligen Apathie. Darüber hinaus zeigten die britischen Forscher, dass eine Medikation mit Fleischsalat, Thüringer Rostbratwurst und Falschem Hasen eine leichte Senkung der Depressionswerte bewirkte. Der starke Rückgang der Fleischwölfe ist laut Dr. Gisela Eberzahn-Kälbchen von "Mensch Tier Küche e. V." (MeTiKü) primär auf die flächendeckende Ausbreitung von Schnellrestaurants zurückzuführen, die sich auf Klöpse spezialisiert haben. Das zunehmende Angebot von Fertiggerichten dürfte ebenfalls eine Rolle spielen. In jüngster Zeit sind dagegen immer mehr Fleischwölfe Vegetarier*innen und Veganer*innen zum Opfer gefallen. Welch Ironie des Schicksals.
Sigisbert Amadeus Emmanuel von Schlotterbeck
Foto oben: Eines der letzten in freier Wildbahn lebenden Paare der mittlerweile selten gewordenen Art | © Günther Havlena / pixelio.de