Die Jury hat sich entschieden. Nach dem Glitzerschwein im Finanzamt wird auf dem Steintorplatz eine weitere ironische Metallskulptur aus der Werkstatt von Michael Krenz realisiert, der diesmal auch gleich den Entwurf beisteuerte. Wie sähen eigentlich Alternativen zum offenbar beliebten SchmunzelKitschPop aus? Ein der Redaktion vorliegender abgelehnter Entwurf zeigt, was noch möglich gewesen wäre.
PORTA TRANSITORIA - eine begehbare verspiegelte Skulptur am Steintor
Der künstlerische Entwurf des Halleschen Bildhauers Simon Horn greift die namensgebende urbane Situation eines Portales auf. Dies entspricht zum einen der historisch gewachsenen Rolle des Steintorplatzes als Verkehrsknotenpunkt und Kreuzungsareal. Formal und metaphorisch wird aber auch auf die für unser Zeitalter so charakteristischen vielfältigen transitorischen Prozesse Bezug genommen.
Das Steintorareal blickt auf eine lange Geschichte als Ort von peripherer Infrastruktur zurück. Hier kreuzten sich drei Handelsstraßen vor den Toren der Stadt. Immer noch öffnet sich von hier aus der Verkehr in die Hauptrichtungen Süden, Osten und Norden. Der heutige Platz "Am Steintor" hat aber auch eine hohe identifikatorische Funktion und spielt für An- und Abreisende aus Halle eine wichtige Rolle. Hier beginnt weithin sichtbar die Innenstadt. Durch gezielte Stadtplanung und Investitionen wurde das Areal nun zu einem Semi-Zentrum aufgewertet. Neue und erneuerte Standorte von Wissenschaft, Kultur, Soziokultur und Gastronomie sind Ausdruck dieser Dynamik. PORTA TRANSITORIA ist Zeichen einer bewussten und zukunftsorientierten Stadtentwicklung.
Skulpturale Vereinigung disparater Formen
Auf dem bestehenden Sockel soll eine überlebensgroße verspiegelte Skupltur als multiple Durchgangspassage entstehen. Formal wird dabei sowohl die Dreiecksform des Platzes als auch des Sockels aufgenommen und weitergeführt. Auch die topografischen Linien der umgebenden Architektur und Verkehrswege fanden Eingang in den Entwurf. Polierter Edelstahl als Außenhautmaterial erzeugt eine Fülle von Reflexionen. Passanten erleben die Bewegung der wandernden Spiegelungen. Verweilende können sich selbst, ihren Mitmenschen und der Stadt im Spiegel begegnen. Die dreifüßige Konstruktion lässt in jeder der drei Hauptrichungen des Platzes jeweils einen Torbogen entstehen. Diese drei Öffnungen sind disparat gestaltet, werden aber in der Komposition des Objektes auch wieder zusammengeführt. Ein Rundbogen, der in Richtung Steinstraße weist, erinnert an das historische äußere "Steintor", welches sich nur 300 Meter entfernt vom geplanten Standort befand. Wechselt man die Blickachse öffnet sich je nach Ansichtsseite ein rechtwinkliger oder ein trapezförmiger Durchgang.
Weder Futurismus noch Historismus
Unsere Epoche, die Postmoderne – schließt das Historische ein und verzichtet auf monumentale einseitige Visionen. Die grundsätzliche Offenheit und transitorische Vielgestaltigkeit unseres Zeitalters wird durch die drei verschiedenen Seitenansichten verkörpert. So steht die Skulptur weder für abstrakten Futurismus noch für volkstümlichen Historismus. Die Spiegelungen stellen vielmehr jegliche festgefügte Körperlichkeit und das Monumenthafte an sich in Frage. Sie ermöglichen Assoziationen, die bis hin zu philosophischen Fragen reichen können.
Alle in die Endrunde gelangten Entwürfe des Wettbewerbs gibt es noch bis zum 4. Dezember in der 1. Etage des Rathauses zu betrachten.