Gäbe es ein Umwelt- und Sozialstrafrecht, dass nach den globalen Folgen unserer Gewohnheiten fragte und die schädigenden Konsequenzen für Umwelt und Gesellschaft ahndete, Flug-, Auto- und Kreuzfahrttourismus fänden sich darin als Straftatbestände wieder. Das Buch FAIRreisen von Frank Herrman zeigt nicht nur die Kardinalsünder, sondern auch Auswege aus dem Tourismus-Dilemma auf.
Daher ist es eine gute und reinigende Lektüre vor der Planung des nächsten Urlaubs. Denn genau das empfiehlt das Buch: Sich vorher zu informieren, mündig zu werden in Sachen Tourismus und DANN erst zu buchen.
Tourismus nützt vor allem der gewinnorientierten Tourismusindustrie
Hans Magnus Enzensberger hat geschrieben: „Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.“ Dieses Zitat findet sich in einem der Einleitungskapitel des Buches, es heißt: "Tourismus, das zweischneidige Schwert“.
Der Autor Frank Herrman verdammt den Tourismus nicht grundsätzlich, er stellt aber unsere eilige, industrielle, egoistische Art des Reisens auf den Prüfstand. Das Ergebnis ist (erwartungsgemäß) vernichtend: Vom Tourismus profitiert vor allem die gewinnorientierte Tourismusindustrie, weniger der Reisende, noch weniger das Reiseland. Dargestellt wird, wie für den Bau von Ferienanlagen an attraktiven Küsten Fischer vertrieben und die Natur gnadenlos plattgewalzt werden. Der zivile Flugverkehr, an dem der Massentourismus lebhaft teilhat, ist ein Klimasünder ersten Ranges, gleich gefolgt vom PKW, der in Sachen Auslastung und Benzinverbrauch/Person sogar noch deutlich schlechter rangiert. Beim Flugverkehr hilft dem Nutzer eine Prüfung der Effizienzklasse von Fluglinien, wie sie atmosfair anbietet. Keine Fluglinie erreicht leider die Klasse A, in der Klasse B aber gibt es durchaus Auswahl. Ganz schlecht kommt der Kreuzfahrtourismus weg: Das als Treibstoff eingesetzte Schweröl ist extrem umweltschädlich, die Arbeitsbedingungen des Personals sind meistens miserabel, der Kontakt mit dem jeweiligen Anlegeplatz ist gering, die Touris fallen ein wie eine Plage und verschwinden wieder. Auch hier bietet das Buch eine Orientierungshilfe, welche Schiffe die umweltfreundlichsten sind, die man also mit etwas weniger schlechtem Gewissen buchen kann.
Auch vor parapolitischen Fragen drückt sich das Buch nicht: Gibt es Länder, in die man wegen der herrschenden politischen Regimes besser nicht fahren sollte? Ja, die gibt es. In ihnen ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Bevölkerung an den Einnahmen des Tourismus Anteil hat.
Viele weitere Aspekte werden angesprochen: der Wasserverbrauch des Tourismus zum Beispiel, die zurückgelassenen Müllberge, kulturbedingte Konflikte zwischen uninformierten Schnellreisenden und Einheimischen, die Kehrseite des Ski-Tourismus samt Schneekanonen in den Alpen usw. Endlich, man möchte schon fast deprimiert das Buch beiseitelegen, das Kapitel, „Was wir tun können“.
Erst informieren, dann planen und buchen
Nein, wir müssen nicht alle zu Hause bleiben, das nicht. Es gibt Regeln fürs faire Reisen. Das Internet hilft auch hier weiter, z. B. die Plattform fairunterwegs.org. Adressen, Literatur und Webseiten werden im Buch in einem eigenen Kapitel zusammengefasst.
Lassen wir uns darauf ein, dass wir verantwortlich für die Folgen des Tourismus sind und handeln wir entsprechend!
Frank Herrmann: FAIRreisen. Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen.
328 Seiten, oekom verlag München, 2016
ISBN-13: 978−3−86581−808−9
Foto oben: Durch Tauchtourismus zerstörte Korallenbank vor Phuket (Thailand)