Mandroschke ist tot, es lebe das WUK
Seit der Schließung des Theaters Mandroschke im Sommer 2016 waren viele Produktionen der freien Theaterszene in Halle obdachlos. Hallenserinnen und Hallenser waren am 27. Mai 2018 ZeugInnen der ungebrochenen Spielfreude der Freien – unter dem Motto „Bühne sucht Bretter, Stühle vorhanden“ bespielten sie die Stadt. Der lange und regenlose Sommer brachte eine reiche Sommertheatersaison für die Stadt. Nun liegen die Schatten auf den Sonnenuhren und wir sind zur Rückkehr in die Häuser gezwungen. Im WUK am Holzplatz gibt es inmitten der Umbaumaßnahmen inzwischen Spielstätten für das Freie Theater. Damit sind aber längst nicht für alle Bretter gefunden, wie René Langner vom Freie Spielstätten Halle e. V., dem Organisator des Tages der Freien Theater im Mai, anmerkte: Das WUK sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.
„ZEIT“ im Rahmen im Prolog #4 Sicherheit
Am 19. Oktober hatte hier das Stück „ZEIT“ der Kulturreederei Halle Premiere. Auf der Bühne hinter dem Hölzernen (Vorhang) finden nur zwei Handvoll ZuschauerInnen Platz. Die Spieler lösen sich durch ihr Sprechen aus der Vis-à-vis-Sitzordnung. Ihr Thema: ihre Beziehungen bei der Suche nach den Inhalten für das Stück: Eigentlich suchen sie nach sich selbst in der Zeit, die sie miteinander verbracht haben und verbringen (à la recherche du temps). Sie verstehen sich und ihre Wünsche dabei oft selbst nicht. Sie hängen in den Seilen (im figurativen und wörtlichen Sinne), probieren dies und das, um aus den Zwängen der Zeit zu entkommen (z. B. werden sie als Hühner-Band unsterblich) und landen am Schluss ganz im Sinne der Zeitreise als Zeitschleife wieder bei sich. Unterwegs begegnen wir noch Gregor Samsa (Kafka „Die Verwandlung“), der seinen Text nicht kann und sich lange über die Relativität der Zeit beschwert: ein Tag im Leben eines Käfers nimmt schließlich viel mehr Lebenszeit in Anspruch als ein Menschentag.
Nix Zeitstrahl: Wir sind in Unordnung
Meist stellen sich ja die Ereignisse des Lebens erst im Nachhinein so geordnet dar, dass wir sie erzählen können. Unmittelbar in ihrem Wirbeln erleben wir sie als verstörende Unordnung, die wir nicht überblicken. Dieser Unordnung verleihen die SpielerInnen eine Stimme, sie finden bis zum Schluss immer nur Unordnung, die sie durch Sprüche in eine Ordnung zu zwingen versuchen. Auch wir ZuschauerInnen sind zu nah dran (alle sitzen in der ersten Reihe), um uns zur Ordnung der Erzählung abrücken zu können.
So ist es ein vergnüglicher Spielabend, aus dem wir angeregt und mit Autogrammkarten der unsterblichen Hühner-Band versehen nach Hause gehen und vielleicht am nächsten Nachmittag noch ein bisschen über das Wesen der Zeit nachsinnen.
weitere Termine:
Vorstellungen am 24.10.2018 und 2., 3., 4. und 16.11.2018, jeweils 20.00 Uhr im WUK Theater Quartier am Holzplatz 7a
Es spielen:
Anja Jünger, Jette Pook, Manuel Wagner, Bartel Wesarg, Oliver Rank
Kostüme: Ursula Mennicke
Bühne: Sebastian Günther
Technik, Autor, Multidilettant: Uwe Friebel
Regie: Matin Kreusch
Eine Produktion der Kulturreederei Halle e.V. in Kooperation mit WUK Theater Quartier ermöglicht durch die Förderung der Stadt Halle, dem Land Sachsen-Anhalt und der Lotto Toto GmbH Sachsen-Anhalt
Danke für die schöne Rezession des Stückes. Ich würde aber gern erwähnt wissen, dass der Tag der Freien Theater am 27. Mai 2018 (wie im Text vermerkt) vom Verein Freie Spielstätten e.V. organisiert und durchgeführt wurde. Das WuK ist bisher eine Spielstätte, nicht mehrere. Auch, wenn dort noch mehrere geplant sind. Der Verein Freie Spielstätten Halle e.V. versucht ein Spielstätte zu schaffen, um möglichst vielen freie Theater eine feste Spielstätte zu ermöglichen. Das WuK ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich verstehe die Intension ihrer Einleitung, finde sie aber inhaltlich irreführend. Danach wären ja alle Probleme der freien Szene geklärt. Dies ist leider nicht der Fall.
MfG
René Langner
Freie Spielstätten Halle e.V.