Eine Amerikanerin im halleschen Osten
Am 8. April besuchte die amerikanische Glaskünstlerin und Unternehmensgründerin Yasemin Bowers Halle. Sie besichtigte die Freiraum-Galerie, den “Alten Schlachthof” und das Peißnitzhaus. Bei Gesprächen mit Vertreterinnen der verschiedenen Vereine, Initiativen und Genossenschaften informierte sie sich über die Arbeit von sozialen, ökologisch und nachhaltig orientierten Unternehmen und die Besonderheiten von ehemaligen Industriegeländen und verlassenen Gebäuden in Ostdeutschland.
Yasmin Bowers kam im Juni 2013 nach Deutschland, um sich im Rahmen eines durch die Alexander von Humboldt Stiftung geförderten Kultur- und Forschungsaustausches persönlich und beruflich zu entwickeln. Bowers studierte Umweltwissenschaften und interessiert sich für Kunst und Mode. Vor diesem Hintergrund entwickelte sie die Geschäftsidee für ein Unternehmen, das Alt-Materialien recycelt und daraus Modeschmuck herstellt. Im Jahr 2009 gründete sie Upcycled Jewelery. Der ursprüngliche Anlass dafür war, ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, dass in ihrem Heimatort New Orleans, Louisiana nach dem Hurrikan Katrina auch das Glas-Recycling zum Erliegen gekommen war. Mit ihrer Glaskunst aus Materialien, die sie in der verwüsteten Stadt gefunden hatte, wollte sie zudem ein Zeichen setzen für die Notwendigkeit und den Nutzen von Gemeinschaft und gegenseitiger Hilfe, gerade in Zeiten verheerender Umweltkatastrophen.
Bowers beschloss, sich ihrem Geschäft, das sie nebenberuflich betrieben hatte, vollständig zu widmen. Die Fortbildungsmöglichkeit, die ihr in Deutschland geboten wurde, ist eine perfekte Gelegenheit, um sich darauf vorzubereiten. Deutschland ist Weltmarktführer für Glas-Recycling und hat eine reiche Geschichte der Glasherstellung, die bis zum Römischen Reich zurückgeht.
Während ihres Aufenthaltes in Deutschland hat Bowers es sich zur Aufgabe gemacht, Kontakte zu Sozial- und Umweltunternehmen herzustellen und in Erfahrungsaustausch mit ihnen zu treten. Außerdem studiert sie, wie Techniken der traditionellen Glas- und Schmuckherstellung bei der Verwendung von Altglas benutzt werden können. Neben dem Bestreben, das Unternehmertum in Deutschland zu verstehen, verstärkte sich Bowers Interesse daran, wie soziale Unternehmen Modellfunktion übernehmen können beim Umbau alter Industriebrachen nach sozialen und ökologischen Anforderungen. Da es insbesondere in Ost-Deutschland viele verlassene Gebäude und Grundstücke gibt, recherchierte sie nach Projekten. Sie stieß auf die Genossenschaft Halle-im-Wandel. Das Projekt „Alter Schlachthof“ verkörpert für Bowers die Eigenschaften eines sozial-bewussten Unternehmens, welches eine herunter gekommene innerstädtische Umgebung in einen schönen und nachhaltigen Lebens- und Arbeitsraum umwandeln kann. Daher hat sie beschlossen, einiges von dem Glas, das sie auf dem Schlachthofgelände gesammelt hat, zu bearbeiten und auszustellen. Sie möchte Fragen zum Niedergang der Industrie nach dem Kalten Krieg und dem wirklichen Leben in Ostdeutschland nachgehen und künstlerisch Möglichkeiten zu ihrer Beantwortung finden. Bowers wird die Stücke in ihre Schmuck-Kollektion integrieren, die im September 2014 zusammengestellt wird.
Auch nach ihrer Rückkehr in die Staaten wird sie mit Deutschland verbunden sein. Sie ist entschlossen, ihre Erfahrungen zu teilen, und möchte in Kontakt bleiben mit Halle-im-Wandel und „Alter Schlachthof“. Für Juli plant sie einen weiteren Besuch in Halle.
Für weitere Informationen können Sie ihre Website unter www.ybgreen.net besuchen.
Von Yasmin's (European) Blog: Hi YBGers. I know it’s been way too long since my last post, but between Facebook, Twitter, and Instagram, I seem to forget about my first baby–my blog. So much has been happening here in Germany: language courses, silversmith course, glass courses, a study trip around Germany, travel to Brussels, travel to the UK, and now travel to Amsterdam. But let me rewind……a few weeks ago, I had the pleasure to visit Halle. Yes, HOLLA HALLE! lol It was in Halle that I found my inspiration as a social entrepreneur. First of all, I was guided by a magnificent woman who would outdo any tour guide. Secondly, I was completely taken aback by the enormous artwork. Halle is the most blighted and emptiest city in Germany and I was led there by a youtube video and further web-stalking about a project called the Alter Schlachthof Genossenschaft. I found out that there is a group (die Halle im Wandel) that is seeking to recycle this massive abandoned slaughterhouse into environmentally-friendly housing and work spaces. The symbolism that this place was once a place where animals came to die, but will be transformed into a place where people can live and thrive.
I addition to projects like this, there is a growing art community whose works of art are attracting tourists and fellow artists. I met a young man in charge of the Freiraumgalerie.com and his background in urban planning attracted him to Halle. He didn’t see the adversity of blight, but rather the condition created an opportunity for him to revitalize the community. There is where I realized the impact and valid contribution that art has on community redevelopment and overcoming adversity–whether it be murals or jewelry, and whether the condition be caused by a hurricane or a change in government. It hit me that I want to contribute as well. I have decided to create a special jewelry collection made from the glass bits I gathered from the Alter Schlachthof and donate a percentage of the sales to the redevelopment project (last pic). The jewelry is a small contribution, but the bigger message is about the reuse of abandoned buildings and is an example of how art is a factor.
Texte: Yasmin Bowers, Solveig Feldmeier Fotos: Yasmin Bowers