Der motorisierte Individualverkehr (MIV) bleibt weiterhin das Stiefkind Hallescher Verkehrspolitik.
Im November-Amtsblatt von Halle bringt es die CDU-FDP-Fraktion auf Seite 4 auf den Punkt:
In einer Großstadt wie Halle stehen verschiedene Möglichkeiten zur Fortbewegung zur Verfügung. Man kann seine Wege zu Fuß oder per Fahrrad erledigen, die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen oder aber das Auto nutzen. Ganz nach Belieben. Oder doch nicht? Während nämlich die drei Erstgenannten Verkehrsmittel, die des sogenannten Umweltverbundes, in unserer Stadt Priorität genießen, wird der motorisierte Individualverkehr – sprich die Autofahrer – eher stiefmütterlich behandelt.
Während Fußgänger und Radfahrer sich ungehindert im öffentlichen Raum bewegen dürfen, ist diese Freiheit Autofahrern weitgehend verwehrt. Man sehe sich dazu nur einmal den Flächennutzungsplan von Halle an. Die Flächen, auf denen sich Autofahrer bewegen dürfen, verschwinden geradezu im Vergleich zu den riesigen Feld-, Wald- und Wohnflächen. Und das obwohl immer mehr Fahrzeuge über Allradantrieb verfügen. Auf den winzigen ihnen noch verbliebenen Flächen sehen sie sich von einer Flut von Regeln und Vorschriften gegängelt: Vorgeschriebene Fahrtrichtungen, Geschwindigkeits-Beschränkungen, Ampeln, Parkverbote ...
Während immer mehr Einbahnstraßen für Radfahrer in beiden Richtungen geöffnet werden, breiten sich die Tempo-30-Zonen immer weiter aus. Radfahrer dürfen ihre Fahrzeuge nahezu überall abstellen. Nur einige mutige Eigentümer greifen durch Verbotsschilder ein, um diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. Warum sind die schönsten Plätze und Straßen Fußgängern und Radfahrern vorbehalten - Autofahrer hingegen werden auf hässliche Umgehungsstraßen ausgelagert. Wollen auch sie mal das Zentrum von Halle erleben, müssen sie ihre Fahrzeuge kostenpflichtig in unterirdischen Bunkern verstecken.
Für Radfahrer ist es selbstverständlich, etwa die Ausrüstung für eine Grillparty oder Sportgeräte in die grünen Parks von Halle zu transportieren. Darf ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug seinen Grill auf eine städtische Wiese bringen - Fehlanzeige. Es bleibt dabei: Der motorisierte Individualverkehr (MIV) bleibt weiterhin das Stiefkind hallescher Verkehrspolitik.
Bernd Müller
(Foto mit freundlicher Erlaubnis von Critical Mass Halle)
Auch ohne den im Stadtrat abgelehnten "Runden Tisch motorisierter Individualverkehr" gibt es genügend Gründe, sich mit dem Autoverkehr in unserer Stadt zu beschäftigen: Um überhaupt am Erwerbsleben teilzuhaben, muss man zumeist motorisiert und zu jeder Tages- und Nachtzeit abrufbereit sein.
Auch im Freizeit-Geschehen ist das Auto kaum wegzudenken, man sehe sich nur die Weihnachtsmärkte an. Die P+R-Plätze an den Stadträndern reichen längst nicht mehr aus. Es ist ja schön, dass die Weihnachtsmärkte und Veranstaltungen in Halle so gut angenommen werden, aber dann sollte man den Besuchern auch genügend P+R-Plätze zur Verfügung stellen.
Das Grillen neben der eigenen Blechkiste hingegen ist durchaus möglich - auf den 8 Grill- und Lagerfeuerplätzen der Stadt, wo auch "Spontanpartys" bis 103 dB Schalldruck möglich sind.