Vor gut einer Woche verkündete die Kanzlerin das so genannte Kontaktverbot. Oder heißt es Kontaktsperre? Sie freute sich, dass die Bundesländer in der „Corona-Krise“ zu einheitlichem Handeln gekommen seien. Beim näheren Betrachten fallen aber doch einige Unterschiede auf.
Während der derzeit unvermeidliche Markus Söder, der sich wohl schon im Bundeskanzler-Wahlkampf-Modus befindet, den Bayern mehr oder weniger Ausgangssperre auferlegt und in der Sächsischen Schweiz Waldparkplätze kontrolliert werden, darf man sich innerhalb von Sachsen-Anhalt relativ frei bewegen – zu zweit mit Sicherheitsabstand oder in Familie beziehungsweise mit der Wohngemeinschaft (ohne?).
In Quedlinburg hat man in der Innenstadt die Bänke abmontiert.
Was soll da verhindert werden?
Menschen aus anderen Bundesländern, die legal ausreisen dürfen, ist es allerdings nicht erlaubt, hier einzureisen und im Harz zu wandern. Sie werden von den Ordnungshütern vor Ort aufgeklärt und direkt wieder nach Hause geschickt. Das Ausgehen ist nicht verboten, frische Luft schnappen sogar erwünscht. In Quedlinburg hat man in der Innenstadt die Bänke abmontiert. Was soll da verhindert werden? Dass sich zwei fußmüde Omas zum Plausch setzen und dabei Viren austauschen? Oder dass drei Brüder Ramba-Zamba veranstalten?
In Berlin gibt es zwar noch Bänke und man darf auch zu zweit oder in Familie darauf sitzen. Und man kann ein Buch in einer Buchhandlung erwerben. Aber das Buch auf einer Bank lesen, das darf man nicht. Nur kurzes Verweilen ist genehmigt. Sportliche Betätigung und Spazierengehen sind aus Gründen der Fitness und Arbeitskrafterhaltung erlaubt, ja sogar erwünscht. Aber Muße - einfach nur so Dasitzen an der frischen Luft, Frühling und Entschleunigung genießen - ist im Angesicht der Krise nicht statthaft. Und wer es trotzdem wagt, wird gnadenlos von den Corona -Wächterinnen und Wächtern aus der Nachbarschaft verpetzt. Corona und Spaß dabei – das geht gar nicht! Kollektives Trübsalblasen vor Fernseher, Smartphone und Co. ist angesagt!
Ich frage mich: Wo sind all die Kinder hin?
Und so nimmt es nicht Wunder, dass ich an einem schönen Frühlingstag ganz allein im Harzwald unterwegs bin. Auf meiner 20 Kilometer langen Wanderung begegnen mir lediglich einige Waldarbeiter und ein verhuschtes Pärchen im mittleren Alter. Ich frage mich: Wo sind all die Kinder hin? Die haben doch Bewegungsdrang! Die müssen doch mal raus! Der Wald bietet viele Möglichkeiten zum Herumrennen, Klettern und Austoben. Mittlerweile sind am frühen Nachmittag mehr Leute in der Umgebung meines Städtchens unterwegs als zu normalen Zeiten. Doch es handelt sich zumeist um ältere Herrschaften. Arbeiten die Jungen alle in der Pflege oder im Handel? Lassen sie ihre kleineren Kinder allein zu Haus? Warum gehen sie nicht mal am Samstag oder Sonntag alle zusammen vor die Tür?
Die Welt lässt sich kollektiv in Quarantäne stecken.
Wie kommen wir da je wieder raus?!
Mir fallen spontan zwei Antworten ein. Wovon die erste mir zugegebenermaßen besser gefällt, obgleich sie nicht schön ist: Sie sind es einfach nicht gewöhnt. Und so schnell ändert man seine Gewohnheiten eben nicht. Die zweite Antwort: Sie haben Angst. Angst aus dem Haus zu treten. Allein oder mit Kindern. Denn draußen lauert Corana. Die Welt lässt sich kollektiv in Quarantäne stecken.Wie kommen wir da je wieder raus?!