Im Inter­view mit Prof. Lam­pe über die aktu­el­le Kür­zungs­run­de an der MLU

Seit dem 05. Febru­ar ist es amt­lich: Das Rek­to­rat der Mar­tin-Luther Uni­ver­si­tät will die Auf­nah­me von neu­en Stu­den­ten im Bereich Medi­en- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaf­ten ab dem Win­ter­se­mes­ter 2014/15 stop­pen. Vor­her wur­den drei Pro­fes­so­ren­stel­len, die alters­be­dingt ab Okto­ber leer stün­den, nicht neu aus­ge­schrie­ben. Wir rede­ten mit einem der Schei­den­den, mit Herrn Dr. Ger­hard Lam­pe, Pro­fes­sor im Depart­ment für Medi­en und Kommunikation.

Und Es bedurf­te am 20. Febru­ar im Mul­ti­me­dia­zen­trum (MMZ) kei­ner Ein­stiegs­fra­ge, um den freund­li­chen, manch­mal mit ein wenig Ärger gesal­ze­nem Gesprächs­trieb von Pro­fes­sor Lam­pe zu ent­fa­chen. Von sich aus leg­te er mit einem inter­es­san­ten his­to­ri­schen Ein­stieg los:

Prof. Lam­pe: Mög­li­cher­wei­se wird es das zwei­te Mal sein, dass ein Rek­to­rat ein Insti­tut für Medi­en­wis­sen­schaft schließt, denn 1933 ist das Insti­tut für Zei­tungs­wis­sen­schaft, gegrün­det in den zwan­zi­ger Jah­ren, im Zuge der soge­nann­ten Wie­der­her­stel­lung des Berufs­be­am­ten­tums abge­schafft wor­den. D.h. also der Kol­le­ge Max Fleisch­mann, Jude, wur­de sei­nes Amtes ent­ho­ben und sein Insti­tut wur­de in die Win­de zer­streut. Er selbst hat 1944 Selbst­mord began­gen, als er die Auf­for­de­rung zur Depor­ta­ti­on bekam. Noch heu­te ist ein Stol­per­stein zu sehen, Rathen­au­platz Nr.14, an der Pauluskirche.

Ich hät­te damit nicht gerech­net, so inter­es­san­te his­to­ri­sche Fak­ten zu bekommen.

Prof. Lam­pe: An Max Fleisch­mann wur­de im Rah­men der Ver­an­stal­tung „Aus­ge­schlos­sen“, auf der man der 43 ent­las­se­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen gedacht hat, erinnert.

Kann man da noch mal im Inter­net nachsehen?

Prof. Lam­pe: Im Inter­net kön­nen Sie das auch nach­le­sen. Es gibt dazu einen Band von Frie­de­mann Sten­gel, her­aus­ge­ge­ben im Uni­ver­si­täts­ver­lag. Der Band heißt „Aus­ge­schlos­sen – Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät 1933 bis 1945“. Und die Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät hieß ja auch erst seit 1933, seit den Nazis, Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät, weil Mar­tin Luther ein gestan­de­ner Anti­se­mit war und vie­le anti­se­mi­ti­sche Schrif­ten und Äuße­run­gen hin­ter­las­sen hat. Das pass­te gut ins Kon­zept. So könn­te man auch mal über­le­gen, ob wir nicht den Namen Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät fah­ren las­sen, weil den uns die Nazis geschenkt haben.

Wären Sie dafür?

Prof. Lam­pe: Ich wäre dafür. Man muss mal pro­vo­zie­ren, um nach­zu­den­ken. Wir haben uns alle dar­an gewöhnt, aber das war ein Anti­se­mit. Und die Nazis haben dar­auf gedrängt bzw. das Rek­to­rat hat sich selbst, auf Knien rut­schend, ange­bo­ten, die­sen Namen zu über­neh­men, um den Nazis zu gefal­len. Also von innen her­aus, vom Rek­to­rat und vom Senat her, von innen her­aus hat die Uni­ver­si­tät sich den Nazis ange­bo­ten und die Nazis sind nicht wie eine frem­de Macht über die­se Uni­ver­si­tät gekommen.

Kann man dann sagen, dass Sie zur heu­ti­gen Zeit Par­al­le­len sehen?

Prof. Lam­pe: Es ist sicher kei­ne his­to­ri­sche Par­al­le­le, aber man muss sich das ein­fach mal auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen, dass die zwei­te Grün­dung eines medi­en­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts, aus ande­ren Grün­den als 1933, eli­mi­niert wer­den soll. Und das allein ist bemer­kens­wert. Der Rek­tor hat geäu­ßert, man kön­ne uns abschaf­fen, weil wir ja nicht so in die Uni­ver­si­tät inte­griert sei­en wie viel­leicht ande­re Fächer, [wie] die Theo­lo­gie oder die Phi­lo­so­phie, ich weiß nicht, [wel­che] er da [genau] meint. Wenn man aber bedenkt, uns gibt es schon seit 20 Jah­ren hier [- und das] sehr erfolg­reich. Aber es gab uns ja auch schon in den zwan­zi­ger Jah­ren. Das hat der Rek­tor offen­bar ver­ges­sen. Die alte Tra­di­ti­on, die wir hät­ten haben kön­nen, die ist durch die Nazis unter­bun­den wor­den. Und das macht den Fall so bemer­kens­wert, denn, dass wir nicht eine so sehr lan­ge Tra­di­ti­on, über die 20 Jah­re hin­aus, haben, das liegt an den geschil­der­ten Grün­den. Das gewalt­sam durch Ver­bre­chen, Ver­bre­chen der Uni­ver­si­tät, die­se Tra­di­ti­on unter­bro­chen wurde.

Der Rek­tor soll gesagt haben, dass das Insti­tut nicht inte­griert sei. Wie stem­men Sie sich dage­gen, wie sind Sie argu­men­ta­tiv dahin­ge­hend aus­ge­legt, dass Sie sagen „Wir sind integriert“?

Prof. Lam­pe: So eine Aus­sa­ge, die ich aber auch nur aus der Zei­tung ken­ne und nicht vom Rek­tor per­sön­lich, ist absurd. Wenn die­se Aus­sa­ge so getan wor­den ist, dann zeigt sie, dass der Rek­tor sich nicht aus­kennt inner­halb die­ser Uni­ver­si­tät. Unser Insti­tut oder Depart­ment ist von Anfang an ver­bun­den gewe­sen mit ganz vie­len ande­ren Insti­tu­ten. Wir haben Ende der neun­zi­ger Jah­re mit „Neue Medi­en in der Medi­zin“ zusam­men­ge­ar­bei­tet, preis­ge­krön­te CDs über Hüft­trans­plan­ta­tio­nen her­ge­stellt, in Koope­ra­ti­on mit der Burg Hüft­ge­len­ke ani­miert. Sta­tis­ti­ken, Ope­ra­ti­ons­me­tho­den, Ope­ra­tio­nen sel­ber auf CD gebracht.

Sogar über die Uni­ver­si­tät hin­aus mit der Burg kooperiert!

Prof. Lam­pe: Selbst­ver­ständ­lich mit der Burg koope­riert! Und es gab sehr vie­le Pro­jek­te inner­halb der Uni­ver­si­tät mit ande­ren Fächern, zum Bei­spiel mit der Archäo­lo­gie, deren Gra­bun­gen wir in der Süd­ägä­is in der Tür­kei ver­fol­gen und einen lan­gen doku­men­ta­ri­schen Film dar­über gemacht haben. Die For­schungs­gra­bun­gen im Mag­de­bur­ger Dom von 2006 bis 2010 haben wir regel­mä­ßig mit der Video­ka­me­ra beglei­tet. Dar­aus ist eine zwei­stün­di­ge DVD gewor­den und das ist nicht nur ein­fach abfil­men von dem, was geschieht, son­dern es zeigt auf eine neue Wei­se eine Metho­de der Archäo­lo­gie, Kunst­ge­schich­te, näm­lich den Pro­zess­cha­rak­ter des For­schens auf­zu­zeich­nen. Nor­ma­ler­wei­se macht man von Hand Zeich­nun­gen und schreibt Auf­sät­ze, macht viel­leicht Foto­gra­fie. Wenn ich Leu­te aber in bestimm­ten Abstän­den in ihrer Arbeit beob­ach­te und fra­ge, dann bekom­me ich sozu­sa­gen die Evo­lu­ti­on, den Pro­zess der The­sen­bil­dung, auch der Ver­wer­fung, also das, was wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten aus­macht, mit­ge­lie­fert. Das geht nur in zeit­ba­sier­ten Medi­en, denn am Schluss haben alle die Wahr­heit gefun­den, wenn sie einen Auf­satz schrei­ben, und reflek­tie­ren gar nicht mehr die­sen her­me­neu­ti­schen Zir­kel, mit dem sie sich hof­fent­lich immer stär­ker ans Licht bewe­gen. Dane­ben sind noch ande­re Pro­jek­te, Ver­net­zun­gen mit der Musik­wis­sen­schaft zu nen­nen und und und…

Also zu sagen wir sei­en nicht in die Uni­ver­si­tät ver­netzt, zeugt nur von man­geln­der Kennt­nis. Ich sel­ber bin mit mei­ner Unter­ab­tei­lung in dem Netz­werk Cul­tu­re Heri­ta­ge ver­tre­ten. Dort sind His­to­ri­ker, Kunst­his­to­ri­ker, Denk­mal­pfle­ger, Archäo­lo­gen, Eth­no­lo­gen usw. ver­tre­ten und eben auch die Medienwissenschaft.

Wie haben Sie denn gene­rell auf den Antrag des Rek­to­rats reagiert, als es hieß, Ihre Stel­le wür­de nicht mehr neu besetzt werden.

Prof. Lam­pe: Der Rek­tor hat dem geschäfts­füh­ren­den Direk­tor Kam­mer dar­über infor­miert, in einem Gespräch, dass sie die Absicht haben als Rek­to­rat, dem Senat fol­gen­den Beschluss vor­zu­le­gen, dass man auf die Imma­tri­ku­la­ti­on neu­er Stu­die­ren­den im Win­ter­se­mes­ter ver­zich­ten möge. Der Senat muss sich die­sen Antrag erst mal anhören…

Am 12. März!

Prof. Lam­pe: … am 12. März sich dazu durch eine Abstim­mung irgend­wie beken­nen oder ableh­nen. Ich hof­fe natür­lich, dass der Senat mehr­heit­lich ablehnt. Das ist die Aus­gangs­la­ge. Das wür­de aber für unser Insti­tut oder Depart­ment bedeu­ten, dass das der Anfang vom Ende wäre. Allen­falls wird kon­ze­diert, dass man zwei Pro­fes­so­ren­stel­len auf Zeit besetzt. Eine, die Medi­en­ge­schich­te und Medi­en­theo­rie ver­kör­pert und eine ande­re für Medi­en­pra­xis. Die sol­len dazu die­nen, das Aus­lauf­mo­dell abzu­wi­ckeln, [so]dass die Stu­den­ten noch durch die Prü­fun­gen kom­men. Aber das wäre das Aus.

Wie fiel Ihre per­sön­li­che Reak­ti­on aus? Wie haben Sie davon erfah­ren? Waren Sie überrascht?

Prof. Lam­pe: Ich habe durch den Bericht des Kol­le­gen Kam­mer davon erfah­ren. Es hat­te sich ja schon so abge­zeich­net. Vor zwei Jah­ren hat die­ser Rek­tor schon mal davon gere­det, dass er die Medi­en- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft abschaf­fen woll­te, in einer öffent­li­chen Senats­sit­zung. Also wir haben schon lan­ge ver­mu­tet, dass da was im Busch ist. Aber er hat bis jetzt auch nicht das direk­te Gespräch mit uns gesucht. Und so muss­ten wir an die Öffent­lich­keit gehen und haben eine Pres­se­er­klä­rung zu die­ser Sach­la­ge ver­brei­tet. Und dar­auf­hin hat es ja einen ziem­li­chen Sturm gege­ben. Sehr vie­le Leu­te aus Poli­tik [und] Wirt­schaft haben sich dazu geäu­ßert. Ich kann die Mei­nun­gen nur wie­der­ge­ben: Dem Rek­to­rat wur­de Stüm­pe­rei vor­ge­wor­fen. Punkt.

Sind Sie denn auch auf ihn zuge­gan­gen? Oder aufs Rek­to­rat selbst?

Prof. Lam­pe: Wir haben meh­re­re Ein­ga­ben gemacht. Es gibt auch ein alter­na­ti­ves Papier, das hat aber bis jetzt noch nicht ein­mal der Dekan zur Kennt­nis genom­men. Wir haben vor einem Jahr im Team ein Kon­zept beschlos­sen, was uns noch stär­ker in die Brü­cken­funk­ti­on brin­gen soll zwi­schen Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­wirt­schaft. Und das war ja der Grund mei­ner Beru­fung. Vor 1997 habe ich ja schon mit Lehr­auf­trä­gen und mit einer Pla­nung gewirkt, aber seit [dem] bin ich als ordent­li­cher Pro­fes­sor hier instal­liert, und aus­drück­lich war mei­ne Funk­ti­on, eben die­se Brü­cke zwi­schen Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­wirt­schaft ein­zu­rich­ten. Das ist mir, glau­be ich, gelun­gen, aber in den letz­ten Jah­ren hät­te es bes­ser sein können.

Aus Ihrer Sicht?

Aus mei­ner Sicht hät­te es bes­ser sein kön­nen. Der Schwung ist im Kol­le­gi­um ein biss­chen erlahmt, wür­de ich mal sagen. Man ver­sucht dann, nur noch die Ver­gan­gen­heit zu ver­wal­ten. Ich hin­ge­gen bin der Auf­fas­sung, man muss sich auch den neu­en Her­aus­for­de­run­gen stel­len und die­se Brü­cken­funk­ti­on [zwi­schen Wis­sen­schaft und Wirt­schaft] immer wie­der neu her­aus­ar­bei­ten. Und des­halb hat es mich gefreut, als im letz­ten Jahr die Wis­sen­schafts­rats­gut­ach­ten ver­öf­fent­licht wur­den. Die haben genau die Brü­cken­funk­ti­on unter­stri­chen und emp­foh­len, die­se Koope­ra­tio­nen, etwa mit der Burg und ande­ren Hoch­schu­len des Lan­des, zu ver­brei­tern. Und das unter Hin­weis auf das Pro­jekt „Your Histo­ry“, das Sie viel­leicht ken­nen. Ich habe seit drei Jah­ren ein Pro­jekt mit der Kunst- und Design­hoch­schu­le Burg Gie­bichen­stein, mit Ver­tre­tern der Medi­en­wirt­schaft, mit der Fach­hoch­schu­le Nie­der­rhein gestal­tet, ein Pro­jekt mit Vide­os im Inter­net zum The­ma Holo­caust, mehr Wis­sen über den Holo­caust für Jugend­li­che. Das wird vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um mit 6500 € gespon­sert. Jetzt im Früh­jahr wird es wohl online gehen. Sie kön­nen da online Vide­os zum The­ma sehen, mar­kie­ren, eine Play­list her­stel­len und die­se, wenn man so will, vir­tu­ell schnei­den, und die­se Schnit­te für den Unter­richt oder den pri­va­ten Gebrauch mit ande­ren tei­len, oder auch ergän­zen durch eige­nes Material.

Das alles wür­de in den nächs­ten fünf Jah­ren Stück für Stück wegfallen?

Prof. Lam­pe: Das wür­de alles weg­fal­len. Und die gan­zen Koope­ra­tio­nen wären nicht mehr da.

Auch Ihre For­schungs­tä­tig­keit. Sie wer­den ja auf­grund des Alters in Ren­te gehen. Wie wäre eigent­lich Ihre Zukunft geplant gewe­sen? Wie hät­ten Sie in Hal­le wei­ter gewirkt? Wären Sie auch in Hal­le geblieben?

Prof. Lam­pe: Ich blei­be. Ich blei­be sowie­so in Hal­le. Ich gehe hier nicht weg. Ich bin ja der ein­zi­ge Hoch­schul­leh­rer in unse­rem Depart­ment, der in Hal­le wohnt. Ich habe kon­se­quen­ter­wei­se 1997 mit der Beru­fung gesagt, die gan­ze Fami­lie muss umzie­hen. So einen Job muss man vor Ort machen und des­halb bin ich ja auch hier ver­netzt mit der Medi­en­kunst, mit der Medi­en­wirt­schaft, mit der Hoch­schu­le und mit den Kol­le­gen in den ande­ren Hochschulen.

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Sie wür­den auch in Ihrer „Ren­ten­tä­tig­keit“ immer des Öfte­ren hier [im MMZ] vorbeischauen?

Prof. Lam­pe: Das weiß ich nicht. Wenn es das Depar­te­ment noch gäbe, wür­de ich das ger­ne machen. Ich habe noch ein paar Plä­ne, Fil­me zu machen, wozu ich in den letz­ten Jah­ren nicht so gut gekom­men bin. Und noch ein schö­nes Büch­lein zu schrei­ben. Ich habe schon Ideen, ich könn­te mir auch vor­stel­len, etwas ande­res zu machen, als sozu­sa­gen um unser Über­le­ben zu kämp­fen. Aber ich will mir die­ses Stück Lebens­werk auch nicht kaputt machen lassen.

Das Pro­blem wäre schon, dass dann kei­ner dar­auf auf­bau­en könnte?

Prof. Lam­pe: So ist es. Wenn es ein­mal zer­stört ist, es braucht Jah­re, bis es wie­der auf­ge­baut ist. Wer soll das denn hier machen? Ich möch­te es mal zuge­spitzt so for­mu­lie­ren, wie es mir einer aus der Medi­en­wirt­schaft vor ein paar Tagen gesagt hat: „Wir brau­chen nicht Theo­lo­gen, wir brau­chen Tech­no­lo­gen!“ Also Tech­no­lo­gen, d.h. wis­sen­schaft­lich aus­ge­bil­de­te Leu­te, die sich mit den moder­nen Tech­no­lo­gien der Kom­mu­ni­ka­ti­on, mit neu­en und alten Medi­en, audio­vi­su­el­len Medi­en, aus­ken­nen. Und so vie­le Leu­te sit­zen in allen Insti­tu­tio­nen, bei allen Fir­men hier im Land, in der Stadt, die bei mir gelernt haben, hier in einem die­ser Depart­ments aus­ge­bil­det wor­den sind. Ange­fan­gen von der mit­tel­deut­schen Medi­en­för­de­rung bis hin zu den wirk­lich eta­blier­ten Fir­men, der Wirt­schafts­för­de­rung. Alle, alle pro­fi­tie­ren [und] haben profitiert.

Also sehr viel geis­ti­ge Infra­struk­tur hier in Halle.

Prof. Lam­pe: Das war ja die Grund­idee, die Mit­te der neun­zi­ger Jah­re die Staats­kanz­lei des Lan­des ent­wi­ckelt hat: Eben die­se Brü­cke zwi­schen Wis­sen­schaft und Wirt­schaft im Bereich der Medi­en auf­zu­bau­en. Das MMZ, indem wir sit­zen, zu bau­en. In Hal­le die Medi­en­wirt­schaft anzu­sie­deln, das waren ja Infra­struk­tur­maß­nah­men wirt­schaft­li­cher Art. Und die wur­den koor­di­niert mit der Hoch­schul­po­li­tik. Und jetzt kommt ein Rek­to­rat daher und kappt die­se wich­ti­ge Ver­bin­dung, die seit 20 Jah­ren vom Land, von Steu­er­gel­dern, von uns allen bezahlt wor­den ist. Kappt ohne Sinn und Verstand!

Dann gehe ich auch davon aus, dass Sie kein Ver­ständ­nis für die Ent­schei­dung des Rek­to­rats haben?

Prof. Lam­pe: Völ­li­ges Kopfschütteln!

Auch im Hin­blick dar­auf, dass die im Minis­te­ri­um ja auch Zah­len lie­fern müs­sen? Wie gehen Sie damit um?

Prof. Lam­pe: Ich weiß nicht, wel­che Zah­len das Minis­te­ri­um ver­langt. Die Zah­len lie­gen doch alle vor!

Der Grund­te­nor ist ja, wir müs­sen spa­ren. Das wur­de wei­ter­ge­ge­ben an das Rek­to­rat. Und dort hieß es: Macht mal!

Prof. Lam­pe: Also das Minis­te­ri­um sagt: Wir hal­ten uns dar­aus, wir sind da neu­tral. Die Uni­ver­si­tät muss das ent­schei­den! Was aber auch irgend­wie fei­ge ist. Das Minis­te­ri­um hat ja schließ­lich die Wis­sen­schafts­rats­gut­ach­tung in Auf­trag gege­ben, und die fal­len für unser Depart­ment ja ganz her­vor­ra­gend aus. Mit der Emp­feh­lung, die­se Brü­cke wei­ter aus­zu­bau­en. Ein Kon­zept­pa­pier, was Minis­ter Möll­ring seit einem hal­ben Jahr immer ankün­digt, steht noch im Raum. Und das muss man noch abwar­ten, dar­in wird dann eine Emp­feh­lung for­mu­liert wer­den, fürs gan­ze Land, die unter ande­rem mit Medi­en befass­ten Stu­di­en­gän­gen [so] zu orga­ni­sie­ren und so abzu­stim­men, dass kei­ne Dou­blet­ten ent­ste­hen. Aber, wie ich die Situa­ti­on über­bli­cke, sind wir ziem­lich sin­gu­lär für die­se Regi­on und für die­se Stadt. Also Mer­se­burg und die Burg machen ganz ande­re Sachen, als das, was wir machen.

Es gibt also schon rela­tiv weni­ge Dupli­ka­tio­nen im Bereich der Medi­en und Kommunikationswissenschaften?

Prof. Lam­pe: Kei­ne. Wir haben uns von Anfang an genau als die­se Brü­cke ver­stan­den. Haben in Rich­tung Wis­sen­schaft schö­ne Din­ge ent­wi­ckelt und in Rich­tung Anwen­dung schö­ne Din­ge ent­wi­ckelt. Und dabei uns als Trans­mis­si­on sozu­sa­gen zwi­schen Uni­ver­si­tät und Wirt­schaft ver­stan­den. Und [das] haben erfolg­reich wir das praktiziert.

Wel­che Art Akti­on oder Reak­ti­on wün­schen Sie sich vom Rek­tor, vom Rek­to­rat? Bzw. wün­schen Sie noch die Richtung?

Prof. Lam­pe: Ich wün­sche mir vom Rek­to­rat ein Gespräch mit dem Vor­stand die­ses Depart­ments und mit dem Team, und dass sie end­lich die Papie­re zur Kennt­nis neh­men, die wir erar­bei­tet haben, die unser Kon­zept, auch unse­re Leis­tungs­bi­lanz objek­tiv spie­geln. Und nicht irgend­wel­che Mei­nun­gen, die da kur­sie­ren, zur Grund­la­ge von Ent­schei­dun­gen machen. Es muss ein ver­trau­ens­vol­les Gespräch sein. Ein Gespräch, das auf Fak­ten basiert und nicht ein­fach auf der bio­lo­gi­schen Tat­sa­che, dass drei Kol­le­gen in Ren­te gehen.

Und das hat seit zwei Jah­ren Kür­zungs-Hick­hack nie stattgefunden?

Prof. Lam­pe: Das hat nie statt­ge­fun­den. Die­ses Rek­to­rat macht nichts. Und nur wer nichts macht, macht nichts ver­kehrt (lächelt).

Wie sieht die glei­che Fra­ge gemünzt auf die Lan­des­po­li­tik aus? Auf die Hochschulpolitik?

Prof. Lam­pe: Das Minis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Wirt­schaft ver­hält sich im Moment neu­tral. Und sagt, die­se Geschich­te, ob man die Medi­en­wis­sen­schaft kap­pen will, oder nicht, ist erst ein­mal eine inner­uni­ver­si­tä­re Fra­ge. Das ist die eine Posi­ti­on. Die Staats­kanz­lei baut aber sehr dar­auf, die ist ja tra­di­tio­nell mit der Ent­wick­lung der Medi­en in den Bun­des­län­dern beschäf­tigt, dass wir wei­ter aus­ge­baut wer­den, dass wir eine Zukunft haben, weil wir eben eine ganz star­ke Ver­bin­dung in die­sem Kräf­ten zwi­schen regio­na­ler Wirt­schaft und dem Medi­en­stand­ort Hal­le und den Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten dar­stel­len. Wir sind sozu­sa­gen ein wich­ti­ger Bau­stein im Gesamt­kon­zept [der] Staats­kanz­lei. Und ich den­ke, gera­de der Wis­sen­schafts- und Wirt­schafts­mi­nis­ter kann sich die­sem Argu­ment schlecht ver­schlie­ßen. Es ist sozu­sa­gen die Grund­la­ge der Tätig­keit sei­nes Doppelministeriums.

Wenn Sie her­vor­he­ben, war­um es die Medi­en­wis­sen­schaf­ten braucht, wie gehen Sie dann mit der Ten­denz um, dass dann ande­re Berei­che der Uni­ver­si­tät geschlos­sen wer­den müss­ten, die auch in ihrer Lage ste­cken? Es gibt ja vie­le Neben­fä­cher, die auch auf der „Streich­lis­te“ stehen.

Prof. Lam­pe: Also wir sind auf der Streich­lis­te, weil drei Kol­le­gen zufäl­li­ger­wei­se jetzt in den Ruhe­stand gehen. Also nicht ein Kon­zept, nicht struk­tu­rel­le Über­le­gun­gen sind der Grund dafür, dass man uns abwi­ckeln will, son­dern ein­fach eine bio­lo­gi­sche Zufäl­lig­keit. Aber das Pro­blem besteht natür­lich. Wir müs­sen lang­fris­tig spa­ren, aber kurz­fris­tig müs­sen wir es nicht! Da stellt sich das Rek­to­rat, fin­de ich, unge­schickt an. Wir müs­sen sicher nach 2018÷19÷20 stär­ker spa­ren, aber bis dahin soll­ten wir kon­zep­tio­nell das Opti­mum herausholen.

Also Sie befür­wor­ten die stra­te­gi­sche Spe­zia­li­sie­rung zu sagen wir sind eine Pro­fil­uni­ver­si­tät und soll­ten eine wer­den, die in bestimm­te Rich­tun­gen aus­ge­legt ist?

Ob man sich alles leis­ten kann, wird die Fra­ge sein. Die Medi­zin macht uns ja vor, dass sie sich von bestimm­ten Berei­chen tren­nen kann. Und nun muss man selbst­ver­ständ­lich alle Fakul­tä­ten befra­gen: Was ist noch sinn­voll? Was soll aus­ge­baut wer­den? Aber das muss zunächst eine Fra­ge des Kon­zepts sein! Man muss bei der Struk­tur anfan­gen, bei den Über­le­gun­gen: Was wol­len wir? Was kön­nen wir? Wohin wol­len wir inves­tie­ren? Ob man sich jede Phi­lo­lo­gie noch erlau­ben kann, für, ich weiß nicht was drei bis sie­ben Stu­den­ten? Oder ob man ein Stu­di­en­gang oder Stu­di­en­gän­ge oder Depart­ments schließt mit fast 500 Stu­den­ten? Das ist die Fra­ge! Wir wer­den nach­ge­fragt, nach wie vor, ganz kräf­tig. Wir haben den gerings­ten Schwund an Stu­die­ren­den. Die, die anfan­gen, kom­men auch zu einem Ende. Und sie fin­den Jobs. Ob man so etwas aufs Spiel set­zen will, da muss man doch mit dem Klam­mer­beu­tel gepu­dert wor­den sein!

Wel­che Aktio­nen haben wir [noch] vor: Wir wer­den den Senat infor­mie­ren. Sehr vie­le Leu­te aus Wirt­schaft und Poli­tik haben uns gefragt: Wie kön­nen wir euch hel­fen? Ihnen haben wir gesagt, jetzt war­ten wir erst ein­mal ab, was der Senat ent­schei­det! Und wir ver­su­chen die Mit­glie­der des Senats dahin­ge­hend zu infor­mie­ren, dass sie eine bes­se­re Grund­la­ge für ihre Ent­schei­dung haben. Dass sie sehen, was wir alles geleis­tet haben, wie gut wir ver­netzt sind, was ver­lo­ren gehen wür­de, wenn man uns ein­fach abwickelte.

Abschlie­ßend dazu: Wie sehen Sie die Chan­cen am 12. März?

Schwie­rig. Ist wie die Cham­pions League. Ein Spiel kann alles ent­schei­den! (lacht) Das ist schwer zu sagen. Vor dem Spiel ist nach dem Spiel oder nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das sind meh­re­re Run­den. Und außer­dem fin­den im Mai neue Rek­to­rats­wah­len statt. Ob das bis­he­ri­ge, nicht beson­ders glück­li­che Rek­to­rat wie­der antre­ten wird, wie­der­ge­wählt wird, steht in den Ster­nen, sodass also unse­re Zukunft nicht mit einem Schla­ge zer­stört wer­den wür­de. Was jetzt beschlos­sen wer­den wird, kann man auch wie­der rück­gän­gig machen.

Dann wün­sche ich ihnen viel Glück für den 12. März und bedan­ke mich!

Das Inter­view für die hal­le­sche stö­rung führ­te Mat­thi­as Woelki.

Links zum Pro­test und ange­spro­che­ner Referenzen:
Sen­de­schluss http://protest.medienkomm.uni-halle.de/hintergrund/
Das Buch „Aus­ge­schlos­sen“ von Frie­de­mann Sten­gel http://www.lehmanns.de/shop/sachbuch-ratgeber/28402115-9783869770802-ausgeschlossen
Netz­werk Cul­tu­re Heri­ta­ge http://www.zirs.uni-halle.de/netzwerke.php
Your Histo­ry http://him.medienkomm.uni-halle.de/projekte/your-history/

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