Seit dem 05. Februar ist es amtlich: Das Rektorat der Martin-Luther Universität will die Aufnahme von neuen Studenten im Bereich Medien- und Kommunikationswissenschaften ab dem Wintersemester 2014/15 stoppen. Vorher wurden drei Professorenstellen, die altersbedingt ab Oktober leer stünden, nicht neu ausgeschrieben. Wir redeten mit einem der Scheidenden, mit Herrn Dr. Gerhard Lampe, Professor im Department für Medien und Kommunikation.
Und Es bedurfte am 20. Februar im Multimediazentrum (MMZ) keiner Einstiegsfrage, um den freundlichen, manchmal mit ein wenig Ärger gesalzenem Gesprächstrieb von Professor Lampe zu entfachen. Von sich aus legte er mit einem interessanten historischen Einstieg los:
Prof. Lampe: Möglicherweise wird es das zweite Mal sein, dass ein Rektorat ein Institut für Medienwissenschaft schließt, denn 1933 ist das Institut für Zeitungswissenschaft, gegründet in den zwanziger Jahren, im Zuge der sogenannten Wiederherstellung des Berufsbeamtentums abgeschafft worden. D.h. also der Kollege Max Fleischmann, Jude, wurde seines Amtes enthoben und sein Institut wurde in die Winde zerstreut. Er selbst hat 1944 Selbstmord begangen, als er die Aufforderung zur Deportation bekam. Noch heute ist ein Stolperstein zu sehen, Rathenauplatz Nr.14, an der Pauluskirche.
Ich hätte damit nicht gerechnet, so interessante historische Fakten zu bekommen.
Prof. Lampe: An Max Fleischmann wurde im Rahmen der Veranstaltung „Ausgeschlossen“, auf der man der 43 entlassenen Kolleginnen und Kollegen gedacht hat, erinnert.
Kann man da noch mal im Internet nachsehen?
Prof. Lampe: Im Internet können Sie das auch nachlesen. Es gibt dazu einen Band von Friedemann Stengel, herausgegeben im Universitätsverlag. Der Band heißt „Ausgeschlossen – Martin-Luther-Universität 1933 bis 1945“. Und die Martin-Luther-Universität hieß ja auch erst seit 1933, seit den Nazis, Martin-Luther-Universität, weil Martin Luther ein gestandener Antisemit war und viele antisemitische Schriften und Äußerungen hinterlassen hat. Das passte gut ins Konzept. So könnte man auch mal überlegen, ob wir nicht den Namen Martin-Luther-Universität fahren lassen, weil den uns die Nazis geschenkt haben.
Wären Sie dafür?
Prof. Lampe: Ich wäre dafür. Man muss mal provozieren, um nachzudenken. Wir haben uns alle daran gewöhnt, aber das war ein Antisemit. Und die Nazis haben darauf gedrängt bzw. das Rektorat hat sich selbst, auf Knien rutschend, angeboten, diesen Namen zu übernehmen, um den Nazis zu gefallen. Also von innen heraus, vom Rektorat und vom Senat her, von innen heraus hat die Universität sich den Nazis angeboten und die Nazis sind nicht wie eine fremde Macht über diese Universität gekommen.
Kann man dann sagen, dass Sie zur heutigen Zeit Parallelen sehen?
Prof. Lampe: Es ist sicher keine historische Parallele, aber man muss sich das einfach mal auf der Zunge zergehen lassen, dass die zweite Gründung eines medienwissenschaftlichen Instituts, aus anderen Gründen als 1933, eliminiert werden soll. Und das allein ist bemerkenswert. Der Rektor hat geäußert, man könne uns abschaffen, weil wir ja nicht so in die Universität integriert seien wie vielleicht andere Fächer, [wie] die Theologie oder die Philosophie, ich weiß nicht, [welche] er da [genau] meint. Wenn man aber bedenkt, uns gibt es schon seit 20 Jahren hier [- und das] sehr erfolgreich. Aber es gab uns ja auch schon in den zwanziger Jahren. Das hat der Rektor offenbar vergessen. Die alte Tradition, die wir hätten haben können, die ist durch die Nazis unterbunden worden. Und das macht den Fall so bemerkenswert, denn, dass wir nicht eine so sehr lange Tradition, über die 20 Jahre hinaus, haben, das liegt an den geschilderten Gründen. Das gewaltsam durch Verbrechen, Verbrechen der Universität, diese Tradition unterbrochen wurde.
Der Rektor soll gesagt haben, dass das Institut nicht integriert sei. Wie stemmen Sie sich dagegen, wie sind Sie argumentativ dahingehend ausgelegt, dass Sie sagen „Wir sind integriert“?
Prof. Lampe: So eine Aussage, die ich aber auch nur aus der Zeitung kenne und nicht vom Rektor persönlich, ist absurd. Wenn diese Aussage so getan worden ist, dann zeigt sie, dass der Rektor sich nicht auskennt innerhalb dieser Universität. Unser Institut oder Department ist von Anfang an verbunden gewesen mit ganz vielen anderen Instituten. Wir haben Ende der neunziger Jahre mit „Neue Medien in der Medizin“ zusammengearbeitet, preisgekrönte CDs über Hüfttransplantationen hergestellt, in Kooperation mit der Burg Hüftgelenke animiert. Statistiken, Operationsmethoden, Operationen selber auf CD gebracht.
Sogar über die Universität hinaus mit der Burg kooperiert!
Prof. Lampe: Selbstverständlich mit der Burg kooperiert! Und es gab sehr viele Projekte innerhalb der Universität mit anderen Fächern, zum Beispiel mit der Archäologie, deren Grabungen wir in der Südägäis in der Türkei verfolgen und einen langen dokumentarischen Film darüber gemacht haben. Die Forschungsgrabungen im Magdeburger Dom von 2006 bis 2010 haben wir regelmäßig mit der Videokamera begleitet. Daraus ist eine zweistündige DVD geworden und das ist nicht nur einfach abfilmen von dem, was geschieht, sondern es zeigt auf eine neue Weise eine Methode der Archäologie, Kunstgeschichte, nämlich den Prozesscharakter des Forschens aufzuzeichnen. Normalerweise macht man von Hand Zeichnungen und schreibt Aufsätze, macht vielleicht Fotografie. Wenn ich Leute aber in bestimmten Abständen in ihrer Arbeit beobachte und frage, dann bekomme ich sozusagen die Evolution, den Prozess der Thesenbildung, auch der Verwerfung, also das, was wissenschaftliches Arbeiten ausmacht, mitgeliefert. Das geht nur in zeitbasierten Medien, denn am Schluss haben alle die Wahrheit gefunden, wenn sie einen Aufsatz schreiben, und reflektieren gar nicht mehr diesen hermeneutischen Zirkel, mit dem sie sich hoffentlich immer stärker ans Licht bewegen. Daneben sind noch andere Projekte, Vernetzungen mit der Musikwissenschaft zu nennen und und und…
Also zu sagen wir seien nicht in die Universität vernetzt, zeugt nur von mangelnder Kenntnis. Ich selber bin mit meiner Unterabteilung in dem Netzwerk Culture Heritage vertreten. Dort sind Historiker, Kunsthistoriker, Denkmalpfleger, Archäologen, Ethnologen usw. vertreten und eben auch die Medienwissenschaft.
Wie haben Sie denn generell auf den Antrag des Rektorats reagiert, als es hieß, Ihre Stelle würde nicht mehr neu besetzt werden.
Prof. Lampe: Der Rektor hat dem geschäftsführenden Direktor Kammer darüber informiert, in einem Gespräch, dass sie die Absicht haben als Rektorat, dem Senat folgenden Beschluss vorzulegen, dass man auf die Immatrikulation neuer Studierenden im Wintersemester verzichten möge. Der Senat muss sich diesen Antrag erst mal anhören…
Am 12. März!
Prof. Lampe: … am 12. März sich dazu durch eine Abstimmung irgendwie bekennen oder ablehnen. Ich hoffe natürlich, dass der Senat mehrheitlich ablehnt. Das ist die Ausgangslage. Das würde aber für unser Institut oder Department bedeuten, dass das der Anfang vom Ende wäre. Allenfalls wird konzediert, dass man zwei Professorenstellen auf Zeit besetzt. Eine, die Mediengeschichte und Medientheorie verkörpert und eine andere für Medienpraxis. Die sollen dazu dienen, das Auslaufmodell abzuwickeln, [so]dass die Studenten noch durch die Prüfungen kommen. Aber das wäre das Aus.
Wie fiel Ihre persönliche Reaktion aus? Wie haben Sie davon erfahren? Waren Sie überrascht?
Prof. Lampe: Ich habe durch den Bericht des Kollegen Kammer davon erfahren. Es hatte sich ja schon so abgezeichnet. Vor zwei Jahren hat dieser Rektor schon mal davon geredet, dass er die Medien- und Kommunikationswissenschaft abschaffen wollte, in einer öffentlichen Senatssitzung. Also wir haben schon lange vermutet, dass da was im Busch ist. Aber er hat bis jetzt auch nicht das direkte Gespräch mit uns gesucht. Und so mussten wir an die Öffentlichkeit gehen und haben eine Presseerklärung zu dieser Sachlage verbreitet. Und daraufhin hat es ja einen ziemlichen Sturm gegeben. Sehr viele Leute aus Politik [und] Wirtschaft haben sich dazu geäußert. Ich kann die Meinungen nur wiedergeben: Dem Rektorat wurde Stümperei vorgeworfen. Punkt.
Sind Sie denn auch auf ihn zugegangen? Oder aufs Rektorat selbst?
Prof. Lampe: Wir haben mehrere Eingaben gemacht. Es gibt auch ein alternatives Papier, das hat aber bis jetzt noch nicht einmal der Dekan zur Kenntnis genommen. Wir haben vor einem Jahr im Team ein Konzept beschlossen, was uns noch stärker in die Brückenfunktion bringen soll zwischen Medienwissenschaft und Medienwirtschaft. Und das war ja der Grund meiner Berufung. Vor 1997 habe ich ja schon mit Lehraufträgen und mit einer Planung gewirkt, aber seit [dem] bin ich als ordentlicher Professor hier installiert, und ausdrücklich war meine Funktion, eben diese Brücke zwischen Medienwissenschaft und Medienwirtschaft einzurichten. Das ist mir, glaube ich, gelungen, aber in den letzten Jahren hätte es besser sein können.
Aus Ihrer Sicht?
Aus meiner Sicht hätte es besser sein können. Der Schwung ist im Kollegium ein bisschen erlahmt, würde ich mal sagen. Man versucht dann, nur noch die Vergangenheit zu verwalten. Ich hingegen bin der Auffassung, man muss sich auch den neuen Herausforderungen stellen und diese Brückenfunktion [zwischen Wissenschaft und Wirtschaft] immer wieder neu herausarbeiten. Und deshalb hat es mich gefreut, als im letzten Jahr die Wissenschaftsratsgutachten veröffentlicht wurden. Die haben genau die Brückenfunktion unterstrichen und empfohlen, diese Kooperationen, etwa mit der Burg und anderen Hochschulen des Landes, zu verbreitern. Und das unter Hinweis auf das Projekt „Your History“, das Sie vielleicht kennen. Ich habe seit drei Jahren ein Projekt mit der Kunst- und Designhochschule Burg Giebichenstein, mit Vertretern der Medienwirtschaft, mit der Fachhochschule Niederrhein gestaltet, ein Projekt mit Videos im Internet zum Thema Holocaust, mehr Wissen über den Holocaust für Jugendliche. Das wird vom Bundesfamilienministerium mit 6500 € gesponsert. Jetzt im Frühjahr wird es wohl online gehen. Sie können da online Videos zum Thema sehen, markieren, eine Playlist herstellen und diese, wenn man so will, virtuell schneiden, und diese Schnitte für den Unterricht oder den privaten Gebrauch mit anderen teilen, oder auch ergänzen durch eigenes Material.
Das alles würde in den nächsten fünf Jahren Stück für Stück wegfallen?
Prof. Lampe: Das würde alles wegfallen. Und die ganzen Kooperationen wären nicht mehr da.
Auch Ihre Forschungstätigkeit. Sie werden ja aufgrund des Alters in Rente gehen. Wie wäre eigentlich Ihre Zukunft geplant gewesen? Wie hätten Sie in Halle weiter gewirkt? Wären Sie auch in Halle geblieben?
Prof. Lampe: Ich bleibe. Ich bleibe sowieso in Halle. Ich gehe hier nicht weg. Ich bin ja der einzige Hochschullehrer in unserem Department, der in Halle wohnt. Ich habe konsequenterweise 1997 mit der Berufung gesagt, die ganze Familie muss umziehen. So einen Job muss man vor Ort machen und deshalb bin ich ja auch hier vernetzt mit der Medienkunst, mit der Medienwirtschaft, mit der Hochschule und mit den Kollegen in den anderen Hochschulen.
Sie würden auch in Ihrer „Rententätigkeit“ immer des Öfteren hier [im MMZ] vorbeischauen?
Prof. Lampe: Das weiß ich nicht. Wenn es das Departement noch gäbe, würde ich das gerne machen. Ich habe noch ein paar Pläne, Filme zu machen, wozu ich in den letzten Jahren nicht so gut gekommen bin. Und noch ein schönes Büchlein zu schreiben. Ich habe schon Ideen, ich könnte mir auch vorstellen, etwas anderes zu machen, als sozusagen um unser Überleben zu kämpfen. Aber ich will mir dieses Stück Lebenswerk auch nicht kaputt machen lassen.
Das Problem wäre schon, dass dann keiner darauf aufbauen könnte?
Prof. Lampe: So ist es. Wenn es einmal zerstört ist, es braucht Jahre, bis es wieder aufgebaut ist. Wer soll das denn hier machen? Ich möchte es mal zugespitzt so formulieren, wie es mir einer aus der Medienwirtschaft vor ein paar Tagen gesagt hat: „Wir brauchen nicht Theologen, wir brauchen Technologen!“ Also Technologen, d.h. wissenschaftlich ausgebildete Leute, die sich mit den modernen Technologien der Kommunikation, mit neuen und alten Medien, audiovisuellen Medien, auskennen. Und so viele Leute sitzen in allen Institutionen, bei allen Firmen hier im Land, in der Stadt, die bei mir gelernt haben, hier in einem dieser Departments ausgebildet worden sind. Angefangen von der mitteldeutschen Medienförderung bis hin zu den wirklich etablierten Firmen, der Wirtschaftsförderung. Alle, alle profitieren [und] haben profitiert.
Also sehr viel geistige Infrastruktur hier in Halle.
Prof. Lampe: Das war ja die Grundidee, die Mitte der neunziger Jahre die Staatskanzlei des Landes entwickelt hat: Eben diese Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich der Medien aufzubauen. Das MMZ, indem wir sitzen, zu bauen. In Halle die Medienwirtschaft anzusiedeln, das waren ja Infrastrukturmaßnahmen wirtschaftlicher Art. Und die wurden koordiniert mit der Hochschulpolitik. Und jetzt kommt ein Rektorat daher und kappt diese wichtige Verbindung, die seit 20 Jahren vom Land, von Steuergeldern, von uns allen bezahlt worden ist. Kappt ohne Sinn und Verstand!
Dann gehe ich auch davon aus, dass Sie kein Verständnis für die Entscheidung des Rektorats haben?
Prof. Lampe: Völliges Kopfschütteln!
Auch im Hinblick darauf, dass die im Ministerium ja auch Zahlen liefern müssen? Wie gehen Sie damit um?
Prof. Lampe: Ich weiß nicht, welche Zahlen das Ministerium verlangt. Die Zahlen liegen doch alle vor!
Der Grundtenor ist ja, wir müssen sparen. Das wurde weitergegeben an das Rektorat. Und dort hieß es: Macht mal!
Prof. Lampe: Also das Ministerium sagt: Wir halten uns daraus, wir sind da neutral. Die Universität muss das entscheiden! Was aber auch irgendwie feige ist. Das Ministerium hat ja schließlich die Wissenschaftsratsgutachtung in Auftrag gegeben, und die fallen für unser Department ja ganz hervorragend aus. Mit der Empfehlung, diese Brücke weiter auszubauen. Ein Konzeptpapier, was Minister Möllring seit einem halben Jahr immer ankündigt, steht noch im Raum. Und das muss man noch abwarten, darin wird dann eine Empfehlung formuliert werden, fürs ganze Land, die unter anderem mit Medien befassten Studiengängen [so] zu organisieren und so abzustimmen, dass keine Doubletten entstehen. Aber, wie ich die Situation überblicke, sind wir ziemlich singulär für diese Region und für diese Stadt. Also Merseburg und die Burg machen ganz andere Sachen, als das, was wir machen.
Es gibt also schon relativ wenige Duplikationen im Bereich der Medien und Kommunikationswissenschaften?
Prof. Lampe: Keine. Wir haben uns von Anfang an genau als diese Brücke verstanden. Haben in Richtung Wissenschaft schöne Dinge entwickelt und in Richtung Anwendung schöne Dinge entwickelt. Und dabei uns als Transmission sozusagen zwischen Universität und Wirtschaft verstanden. Und [das] haben erfolgreich wir das praktiziert.
Welche Art Aktion oder Reaktion wünschen Sie sich vom Rektor, vom Rektorat? Bzw. wünschen Sie noch die Richtung?
Prof. Lampe: Ich wünsche mir vom Rektorat ein Gespräch mit dem Vorstand dieses Departments und mit dem Team, und dass sie endlich die Papiere zur Kenntnis nehmen, die wir erarbeitet haben, die unser Konzept, auch unsere Leistungsbilanz objektiv spiegeln. Und nicht irgendwelche Meinungen, die da kursieren, zur Grundlage von Entscheidungen machen. Es muss ein vertrauensvolles Gespräch sein. Ein Gespräch, das auf Fakten basiert und nicht einfach auf der biologischen Tatsache, dass drei Kollegen in Rente gehen.
Und das hat seit zwei Jahren Kürzungs-Hickhack nie stattgefunden?
Prof. Lampe: Das hat nie stattgefunden. Dieses Rektorat macht nichts. Und nur wer nichts macht, macht nichts verkehrt (lächelt).
Wie sieht die gleiche Frage gemünzt auf die Landespolitik aus? Auf die Hochschulpolitik?
Prof. Lampe: Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft verhält sich im Moment neutral. Und sagt, diese Geschichte, ob man die Medienwissenschaft kappen will, oder nicht, ist erst einmal eine inneruniversitäre Frage. Das ist die eine Position. Die Staatskanzlei baut aber sehr darauf, die ist ja traditionell mit der Entwicklung der Medien in den Bundesländern beschäftigt, dass wir weiter ausgebaut werden, dass wir eine Zukunft haben, weil wir eben eine ganz starke Verbindung in diesem Kräften zwischen regionaler Wirtschaft und dem Medienstandort Halle und den Ausbildungskapazitäten darstellen. Wir sind sozusagen ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept [der] Staatskanzlei. Und ich denke, gerade der Wissenschafts- und Wirtschaftsminister kann sich diesem Argument schlecht verschließen. Es ist sozusagen die Grundlage der Tätigkeit seines Doppelministeriums.
Wenn Sie hervorheben, warum es die Medienwissenschaften braucht, wie gehen Sie dann mit der Tendenz um, dass dann andere Bereiche der Universität geschlossen werden müssten, die auch in ihrer Lage stecken? Es gibt ja viele Nebenfächer, die auch auf der „Streichliste“ stehen.
Prof. Lampe: Also wir sind auf der Streichliste, weil drei Kollegen zufälligerweise jetzt in den Ruhestand gehen. Also nicht ein Konzept, nicht strukturelle Überlegungen sind der Grund dafür, dass man uns abwickeln will, sondern einfach eine biologische Zufälligkeit. Aber das Problem besteht natürlich. Wir müssen langfristig sparen, aber kurzfristig müssen wir es nicht! Da stellt sich das Rektorat, finde ich, ungeschickt an. Wir müssen sicher nach 2018÷19÷20 stärker sparen, aber bis dahin sollten wir konzeptionell das Optimum herausholen.
Also Sie befürworten die strategische Spezialisierung zu sagen wir sind eine Profiluniversität und sollten eine werden, die in bestimmte Richtungen ausgelegt ist?
Ob man sich alles leisten kann, wird die Frage sein. Die Medizin macht uns ja vor, dass sie sich von bestimmten Bereichen trennen kann. Und nun muss man selbstverständlich alle Fakultäten befragen: Was ist noch sinnvoll? Was soll ausgebaut werden? Aber das muss zunächst eine Frage des Konzepts sein! Man muss bei der Struktur anfangen, bei den Überlegungen: Was wollen wir? Was können wir? Wohin wollen wir investieren? Ob man sich jede Philologie noch erlauben kann, für, ich weiß nicht was drei bis sieben Studenten? Oder ob man ein Studiengang oder Studiengänge oder Departments schließt mit fast 500 Studenten? Das ist die Frage! Wir werden nachgefragt, nach wie vor, ganz kräftig. Wir haben den geringsten Schwund an Studierenden. Die, die anfangen, kommen auch zu einem Ende. Und sie finden Jobs. Ob man so etwas aufs Spiel setzen will, da muss man doch mit dem Klammerbeutel gepudert worden sein!
Welche Aktionen haben wir [noch] vor: Wir werden den Senat informieren. Sehr viele Leute aus Wirtschaft und Politik haben uns gefragt: Wie können wir euch helfen? Ihnen haben wir gesagt, jetzt warten wir erst einmal ab, was der Senat entscheidet! Und wir versuchen die Mitglieder des Senats dahingehend zu informieren, dass sie eine bessere Grundlage für ihre Entscheidung haben. Dass sie sehen, was wir alles geleistet haben, wie gut wir vernetzt sind, was verloren gehen würde, wenn man uns einfach abwickelte.
Abschließend dazu: Wie sehen Sie die Chancen am 12. März?
Schwierig. Ist wie die Champions League. Ein Spiel kann alles entscheiden! (lacht) Das ist schwer zu sagen. Vor dem Spiel ist nach dem Spiel oder nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das sind mehrere Runden. Und außerdem finden im Mai neue Rektoratswahlen statt. Ob das bisherige, nicht besonders glückliche Rektorat wieder antreten wird, wiedergewählt wird, steht in den Sternen, sodass also unsere Zukunft nicht mit einem Schlage zerstört werden würde. Was jetzt beschlossen werden wird, kann man auch wieder rückgängig machen.
Dann wünsche ich ihnen viel Glück für den 12. März und bedanke mich!
Das Interview für die hallesche störung führte Matthias Woelki.
Links zum Protest und angesprochener Referenzen:
Sendeschluss http://protest.medienkomm.uni-halle.de/hintergrund/
Das Buch „Ausgeschlossen“ von Friedemann Stengel http://www.lehmanns.de/shop/sachbuch-ratgeber/28402115-9783869770802-ausgeschlossen
Netzwerk Culture Heritage http://www.zirs.uni-halle.de/netzwerke.php
Your History http://him.medienkomm.uni-halle.de/projekte/your-history/