Sind unsere großen Medien taub, blind oder warum sind sie stumm?
Wir waren in Halle nur 14 aktive Menschen, welche, über das plan-Kinderhilfswerk organisiert, anlässlich des Weltmädchentages den Alltag der halleschen Bürger stören wollten. Ja stören wollen wir deren alltägliche Ignoranz und deren Desinteresse an den unerträglichsten Zuständen in anderen Teilen der Welt. Alle drei Sekunden wird ein Mädchen auf dieser Welt zwangsverheiratet. Meist im Alter zwischen 13 und 17 Jahren. Sie wird ihren zukünftigen Mann dann das erste Mal sehen und hat keine Wahl. Ihr Leben kennt nur einen Weg. Den Weg der schullosen, arbeitsüberfüllten und rechtelosen Dienste an ihrem Mann und dessen Familie. Das ist unvorstellbar schrecklich, aber es interessiert hier in Halle kaum jemanden. Vielleicht aber wissen nur viele Menschen nicht, was man dagegen machen kann. Wir haben eine von vielen Möglichkeiten angeboten.
Weltweit wurden deshalb bekannte Gebäude pink angestrahlt, weltweit veranstalteten aktive Menschen kulturelle Programme und Informationsstände.
In den Nachrichten – absolute Stille. Wir haben geschrieben und vorangekündigt. Wir haben bekannte und weniger bekannte Zeitungen sowie Fernseh- und Radiosender vorinformiert. Wir wurden totgeschwiegen. Kein Interesse bei der Presse.
Dabei wurde genau an diesem Wochenende auf allen Sendern eine Rede ausgestrahlt, in der für mehr politische Beteiligung der Bürger geworben wurde, anlässlich des Mauerfalls vor 25 Jahren und der erschreckenden Abnahme der Wahlbeteiligung. Wir Nichtwähler, wozu ich natürlich nicht zähle, sollten doch unsere Demokratie nicht aufs Spiel setzen.
Was machen wir da nur immer falsch?
Wir, die Tierschützer, die Umweltschützer, die Gegner von TTIP, die Unterzeichner der Petition gegen eine Pyrolyseanlage im Hafen Halle Trotha, die Radfahrer, die Kriegsgegner, … und unendlich viele andere politisch aktive Menschen unserer Stadt wollen genau das, wir stören den Alltag, um Veränderungen zu erzwingen. Ja, ich kann mich noch an die ersten Mahnwachen in Halle an der Georgenkirche erinnern. Wir sind nicht nach Leipzig gefahren damals, weil wir auch in Halle die Zeit zum Umdenken erkannt hatten. Nur gut, denn wenn die Montagsdemos auf eine Stadt begrenzt geblieben wären, so möchte ich nicht über den Ausgang spekulieren. Damals hat das gestört in der Landschaft der Medien und im Alltag der skeptischen, vorsichtigen Menschen. Heute loben wir diese mutigen Kämpfer unbestritten.
Wofür sind wir damals eigentlich aufgestanden? Wir wollten anfänglich nur Pressefreiheit und Presseehrlichkeit. Wir wollten einen öffentlichen Umgang mit bestehenden Problemen.
Wo war diese Presse am 11. Oktober? Warum interessieren sich BILD, MZ, Halle-TV und andere nicht für einen Weltmädchentag in Halle?
Frau Simone Juppe und ihre Begleiterinnen trommelten die Veranstaltung ordentlich ein. Danach gab es Vorführungen einer halleschen Bauchtanzgruppe, worüber sich besonders eingewanderte Hallenser sehr freuten. Ja, wir sind eine Weltstadt, das war deutlich zu spüren. Und das ist schön. Der Chor Missklang erfreute die Zuschauer durch Gesang einer veränderten Europahymne, bei deren Text bewusst auf die übliche Geschlechterverteilung verzichtet wurde. Als dann bei eintretender Dunkelheit unser „Rote Turm“ in der Farbe Pink erstrahlte, entstand eine sehr schöne Atmosphäre auf dem Markt.
Die Stadt Halle hat uns dabei, vertreten durch zwei Mitarbeiterinnen, sehr unterstützt. Dafür ein DANKE an die Stadt Halle.
Sinn unserer Aktion war die Gewinnung von Menschen, die als Paten eine kleine persönliche Beziehung zu einem Mädchen in einem anderen Teil der Welt aufbauen. Wir wollen durch persönliche Kontakte die Entfernungen und die kulturellen Unterschiede abbauen lernen. Deutschlandweit gibt es über 200 000 solcher Patenschaften. Das sind doch Dinge, die die Welt verbessern. Das sind doch Aktivitäten, welche ähnlich den Montagsdemos damals helfen, die Welt demokratischer zu machen. Wir machen anderen Menschen Mut, etwas zu ändern. Wir organisieren ihnen Schulen, die Akzeptanz ihrer Eltern, hinzugehen. Wir finazieren sichere Schulwege, hygienische Verbesserungen in den Dörfern, die Ausbildung von Lehrern und vieles mehr. Doch das wichtigste ist: Wir schaffen menschliche Brücken über tiefe Gräben der Intoleranz und Unwissenheit.
Und das ist es nicht wert, darüber zu berichten ? ? ?
Steffen Neubert
Mitglied der Aktionsgruppe plan Halle
Wie wahr! Dennoch war es eine tolle Aktion mit Aufmerksamkeit wenigstens seitens der Passanten! 🙂
Das nächste Jahr wird besser. Vielleicht wollten die Medien nur abwarten, was die Aktion werden sollte. Man lernt ja immer dazu.