Das Eröffnungsfestival des Literaturhauses Halle am ersten Märzwochenende war ein Glanzlicht im Kulturleben dieser Stadt. Das umfangreiche, vielschichtige und hochklassige Programm wurde von einem in Scharen erscheinenden Publikum dankbar angenommen – zur Freude der Initiatoren und der anwesenden Autorinnen und Autoren.
Schon der offizielle Festakt am Freitag abend bot Überraschendes.
Da verfiel der Hallesche OB mitten in seiner Rede in einen rhythmisierenden experimentellen Sprachduktus, der sich minutenlang zu einer experimentellen Sprach-Klang-Performance auswuchs – begleitet von der „Hausband“ des Literaturhauses um Alexander Suckel.
Da sprach ein Ralf Meyer offen über Kindheitsängste, aus denen ihn einzig die Literatur habe retten können. Da bezogen gleich zwei Festredner, darunter der Intendant des Hauses der Poesie in Berlin, Dr. Thomas Wohlfahrt, deutlich Stellung gegen die eifernde Verunglimpfung von Literatur im Namen der Political Correctness: „Ein durchgegendertes Gedicht – das möchte man wirklich nicht lesen“. Den aktuellen Stein des Anstoßes, Eugen Gomringers Gedicht „Avenidas“, hatten die Veranstalter dazu als bekenntnishafte Inschrift auf der Hauptbühne lesbar angebracht und damit deutlich gemacht, dass der neue öffentliche Kulturort keinesfalls nur eine Vorlese-Location sein wird, sondern ein Ort der Einmischung, der Kunstfreiheit und der Diskurse.
Diesem Ansinnen entpricht auch die Ausstellung Extra 01 der Akademie der Künste Sachen-Anhalt, deren Vernissage sich an die Veranstaltung anschloss. Mit einer kollaborativen Meta-Collage thematisiert die Schau die bildnerischen und geistigen Prozesse „hinter“ und anstatt dem isolierten angeleuchteten Einzel-Kunstwerk.
Die fünf nominierten Preisträgerinnen und Preisträger der Leipziger Buchmesse eröffneten am Samstag das eigentliche Literatur- und Diskussionsprogramm. Dieses bot alle denkbaren Formate - von der klassischen Buchlesung über Salongespräche und Podiumsdiskussionen, Poetry Slam bis hin zu szenischer Lesung mit Theaterschauspielern. Als Autorinnen und Autoren waren weiterhin unter anderem Kerstin Hensel, Judith Herrmann, Jan Wagner, Greta Taubert, Nancy Hünger und Daniela Danz zu Gast. Bei der Moderation wechselten sich Alexander Suckel, Ralf Meyer, Dr. Kathrin Schumacher und Steffen Hendel vom Verein Literaturhaus Halle e.V. in einem Buchmesse-würdigen Veranstaltungsmarathon gegenseitig ab und leisteten dabei Unglaubliches.
Noch unglaublicher war der gleichbleibend starke Besucherstrom in der prachtvoll renovierten ehemaligen Bankiersvilla, die nach der Schließung des Kunstforums von der Saalesparkasse nun für die Literatur bereitgestellt wird. Schon in den kommenden Wochen und Monaten werden wir weitere wichtige Autoren im Literaturhaus erleben dürfen, darunter Andreas Reimann im April und Elke Erb im Herbst. Die Stadt Halle und ihre Einwohner können sich beschenkt fühlen.