Expe­di­tio­nen. Die Stadt als Akti­ons­raum für Kunst

Wer mit­ten im Juni durch Hal­le spa­zier­te, konn­te dabei über höchst Unge­wöhn­li­ches stol­pern. Zum Bei­spiel über eine aus dem Boden ragen­de Spit­ze eines Boo­tes, aus der Geräu­sche drin­gen - Applaus, Geplät­scher eines Gewäs­sers oder Geräu­sche aus dem Supermarkt. 

An ande­rer Stel­le fan­den man­che viel­leicht auch den dazu­ge­hö­ri­gen Bug, umge­ben von Men­schen, die sich schein­bar mit dem Boot unterhielten.

„Expe­di­tio­nen. Die Stadt als Akti­ons­raum“ vom Ver­ein „hr.fleischer e.V.“ war für die­se All­tags­ir­ri­ta­ti­on durch Kunst ver­ant­wort­lich. Kunst, die nicht nur greif­bar, son­dern auch her­an­tra­gend ein kann, die das Poten­zi­al hat, Men­schen zu ver­bin­den und Hal­les Per­spek­ti­ven auf­zu­zei­gen. Anstatt wie in einer Aus­stel­lung Wer­ke nur von außen zu betrach­ten, wur­den Pas­sant innen und Pas­san­ten direkt in die Pro­zes­se einbezogen.

Trans­mit­ting Sil­ber­hö­he Foto: André Sebald

Durch einen „Boot-Trans­mit­ter“ war es zum Bei­spiel mög­lich, von einem Boots­teil aus mit den ande­ren zu kom­mu­ni­zie­ren - so dass man - obwohl kilo­me­ter­weit von­ein­an­der ent­fernt, wört­lich im sel­ben Boot saß.

„Unser Pro­jekt ermög­licht es, den Stadt­raum in Form einer sti­li­sier­ten Ent­de­ckungs­rei­se zu erkun­den, mit Men­schen in Kon­takt zu tre­ten und Geschich­ten aus­tau­schen und zu sam­meln – wie in einer Odys­see durch Hal­le.“ erklär­te Kura­to­rin Anne­gret Frauenlob.

Beglei­tet wur­de die­se Rei­se von ver­schie­de­nen Aktio­nen. In der Sil­ber­hö­he durf­ten die Teil­neh­mer „Sou­ve­nirs“ ver­sil­bern, wel­che sie fan­den oder mit­brach­ten. Auf der Saa­le­pro­me­na­de konn­te, wer sich in einen rol­len­den Boots-Bug begab, von zwei sym­pa­thi­schen Matro­sin­nen in die gewünsch­te Rich­tung bewegt wer­den. Das Prin­zip dabei: Kein Expe­di­ti­ons­lei­ter bestimmt, wohin die Rei­se geht, son­dern die Teil­neh­mer selbst, die Geschich­ten über ihre Stadt erzäh­len durf­ten, bei Kaf­fee und Kuchen.

Nicht alle Pro­gramm­tei­le ver­lie­fen so amü­sant-betu­lich: An die letz­te See­rei­se des nie­der­län­di­schen Video- und Kon­zept­künst­lers Bas Jan Ader erin­ner­te mit sei­ner Per­for­mance der Künst­ler Vasi­li Mach­a­ra­d­ze, indem er ihm ein leben­di­ges Denk­mal setz­te. Mehr als vier Stun­den ver­brach­te er unbe­weg­lich auf einem Boots-Sockel mit­ten auf dem Markt­platz, bis er vor Erschöp­fung umfiel. ( Foto oben ) Die­ses zitier­te Motiv einer phy­si­schen Ver­aus­ga­bung war wesent­lich für die Kunst des Jan Ader, der 1975 bei einer per­for­ma­ti­ven Atlan­tik­über­que­rung mit einem Holz­boot ertrank.

Auch die Musik stand im Zen­trum einer künst­le­ri­schen Akti­on. Die Diri­gen­tin Jihye Ha agier­te vor einem ima­gi­nä­ren Orches­ter auf einer Hebe­büh­ne, Rücken an Rücken mit dem Hän­del­denk­mal auf dem Hal­le­schen Markt. Zu hören waren Aus­schnit­te aus dem „Mes­si­as“ Auch das eine impo­san­te Per­for­mance, die sich kon­tras­tie­rend in die Hän­del­fest­spie­le einfügte.

Fazit: Das Pro­jekt Expe­di­tio­nen bot reich­lich neue Per­spek­ti­ven. Kunst­ak­tio­nen wie diese,die ein solch inter­ak­ti­ves und vita­les Stadt­er­le­ben ermög­li­chen, soll­ten häu­fi­ger stattfinden.

 

 

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