Zweihundertfünfzigtausend Menschen - das ist schon eine Ansage und rekordverdächtig zugleich. Denn so viele Menschen waren am Samstag, dem 10.Oktober nach Berlin zur Großdemo gegen die undemokratischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA gekommen. Ein Erlebnisbericht von Jörg Hündorf.
In offiziellen Medienberichten wurde von nur von "zehntausenden" Demonstranten berichtet, während die Polizei immerhin 150.000 Teilnehmer angab. Fakt ist aber, dass in Berlin die größte Menschenmenge seit Jahrzehnten für eine öffentliche politische Demonstration zusammenkam. Möglich wurde dies durch die unermüdliche Vorbereitung eines großen Trägerkreises, unter anderem mit Campact und dem DGB, aber auch wegen der Brisanz des Themas.
Ausnahmezustand im Regierungsviertel
Schon am Vormittag sammelte sich eine riesige Menschenmenge auf dem Bahnhofsvorplatz an, von dem die Demo ab etwa 12.00 Uhr startete. Der Hauptbahnhof konnte wegen Überfüllung von den S-Bahnen zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr angefahren werden. Also schlossen wir uns ab dem S-Bahnhof Friedrichstraße der bunten Menschenmenge an, die dann über den Schiffbauerdamm in Richtung Hauptbahnhof strömte. Bald sahen wir dann auch schon spreeabwärts ein unüberschaubares Meer von wehenden Fahnen und Transparenten unter strahlend blauem Himmel.
Gute Stimmung trotz ernstem Anlass
Der Demonstrationszug selber, der von der Polizei umgeleitet werden musste, weil er alle Dimensionen sprengte, erschien bunt, einfallsreich, und manchmal auch laut. Oft sprachen klare Botschaften auf Transparenten oder Kostümen für sich selbst. Musiziert wurde mit Trommeln, Dudelsäcken oder Fanfaren. Technoklänge brüllten aus großen Lautsprechern. Eine Band, die auf einer kleinen rollenden Bühne aufspielte, hieß Rupert`s Kitchen Orchestra. Ihr Konzept, Disco-Funk mit originellen, deutschen Texten zu vereinen, ging voll auf und sorgte trotz des ernsten Anlasses für gute Stimmung.
Ergreifende Momente an der Siegessäule
Der Höhepunkt war dann die Abschlusskundgebung an der Siegessäule im Großen Tiergarten. Manchmal standen einem fast die Tränen in den Augen, so ergreifend waren die Reden etwa von Dr. Hubert Weiger, dem Vorsitzenden des B.U.N.D. Naturschutz oder von Ulrich Schneider, dem Chef des Paritätischen Wohlfahrtverbandes. Die Wut in ihren Stimmen war nicht zu überhören, waren doch am gleichen Tag ganzseitige Anzeigen für TTIP und CETA mit hohlen Slogans ( "Bange machen gilt nicht.." ) und dem Konterfei von Wirtschaftsminister Gabriel geschaltet worden.
Gezielte Diffamierung bei "Spiegel online" & Co.
Auf "Spiegel Online" wurde in einem Brandartikel sogar versucht, alle diese hunderttausenden Demonstranten in die rechte Ecke zu rücken. Der dafür verantwortliche Hauptstadtkorrespondent Alexander Neubacher, der sich schon als "Lobbyjournalist" starke Kritik von Umweltverbänden eingehandelt hat, hatte versucht, mit Signalworten wie "braune Schauermärchen" und "PEGIDA", Demonstrierwillige von ihrem Vorhaben abzuhalten.
Dazu rief Ulrich Schneider: „Ich habe selten erlebt, dass ein so großes Bündnis so übel diffamiert wurde“. Die Kampagnen der TTIP-Befürworter hatten hier wohl ihr Ziel verfehlt.
Fazit:
Ein großer Tag für die Demokratie.
Unbedingt weitermachen und Protest erhöhen, denn es geht den Konzernen um viel Geld und Macht. Viel Zeit bleibt nicht.