Warten auf irgendetwas tun derzeit alle irgendwie. Mein Mann und ich haben vor Jahr und Tag bewusst den Fernseher abgeschafft. Zeitverschwendung – wir schauen Filme lieber im Kino oder auf DVD.
Im Corona - Notstand holten wir nun also das nach, was uns andere Voraus hatten. Wir schauten uns nämlich die Fernsehserien an, die man gesehen haben muss. „Babylon Berlin“ also und auf Empfehlung eines Kollegen „Bad Banks“. Davon bekam ich allerdings schlechte Träume und böse Taggedanken.
Gerade, als wir uns mit Entzugserscheinungen fragten, welche Serie es als nächstes sein sollte, und uns unglücklich durch die elenden Angebote der öffentlich-rechtlichen klickten, fanden wir „Warten auf’n Bus“, eine Miniserie mit 8 Folgen, die mittwochs 22.00 Uhr beim RBB läuft, aber auch in der ARD – Mediathek verfügbar ist.
Das Drehbuch hat Oliver Bukowski geschrieben. Vielen Hallenserinnen und Hallensern dürfte sein Dauerbrenner „Londn, LA, Lübbenau“, der am Neuen Theater lief, in guter Erinnerung sein. Der Berliner Dramatiker stammt aus der Lausitz und auch seine Figuren sind in der Brandenburger „Pampa“ angesiedelt.
Ralle und Hannes, zwei so genannte Wendeverlierer, haben das Bushäuschen an einer Endhaltestelle zu ihrem Freizeittreff umfunktioniert. Hier sitzen sie, trinken Bier oder etwas aus der Thermoskanne. Sie sinnieren, diskutieren, argumentieren – manchmal auch mit Fäusten. Über ihre Jugend, die Frauen, die Arbeit, die DDR, die Wende, den Westen – Geschichte, Gegenwart und Zukunft bis hin zu Fridays for. Und nebenbei warten sie auf’n Bus und dessen schöne Fahrerin Kathrin. Diese Frau würden sie alle beide glattweg heiraten. Großmütig wäre Hannes bereit, sie Ralle zu überlassen und bei der Hochzeit „so ne Art Brautjungfer“ zu spielen. Damit wenigstens einer von beiden „mal nen Treffer landet“. Ralle allerdings will einen fairen Kampf mit gleicher Ausgangsposition. Immerhin lächelt Kathrin ihnen am Ende der 1. Folge schon mal zu.
Die Episoden, die hauptsächlich aus Dialogen der zwei „Loser“ bestehen, sind raffiniert in Szene gesetzt (Regie: Dirk Kummer) und es gibt eine interessante Kameraführung (Falko Lachmund). Allerdings sprechen die Endvierziger ziemlich brandenburgisch-berlinerisch. Für ungeübte Ohren ist das gewöhnungsbedürftig, doch es gehört zum Lokalkolorit. Genauso wie die melancholisch abgedimmte leere Landschaft.
Ronald Zehrfeld spielt den untergründig „wie Mona Lisa lächelnden“ Hannes, der für jede Lebenslage einen philosophischen Spruch drauf hat. Der wortgewaltige schlagfertige ehemalige Ingenieur Ralle wird von Felix Kramer verkörpert.
Es ist ein Vergnügen, gemeinsam mit den beiden auf’n Bus und die forsche Kathrin, dargestellt von Jördis Triebel, zu warten. Hund Maik (Bozer) sollte auch Erwähnung finden – er macht seine Sache genau so fantastisch wie seine Film - Menschen.
Und wie immer bei Oliver Bukowski wird das Publikum durch die Figuren angerührt und zum Weiterdenken bewegt.
Solveig Feldmeier