Ein kurzes Gespräch über FREE SOLO vor der Kaufhalle. Mich läßt die Doku seit Tagen nicht mehr los, ich habe so etwas noch nie gesehen. Ein paar Gedanken dazu.
Beim Gucken habe ich mehrfach die Stop - Taste gedrückt, das Bild eingefroren, mir das Portrait von Alex Honnold minutenlang angesehen. Ich sehe da einen sehr traurigen Jungen mit tiefschwarzen Augen. Mit 19 Jahren den Vater verloren, keine Vater - Figur im Leben. Der Junge hat das seltene Asperger - Symptom. Menschen mit dieser "Erkrankung" haben vor allem eines - eine Insel - Begabung.
Meine erste Reaktion war - diesen Scheiß gucke ich mir erst gar nicht an. Dann vergingen ein paar Tage. Ich reflektierte, daß ich ohne den Film zu kennen völlig abwertend reagiert hatte. Das geht so schnell, dieses Abwerten, Verurteilen, diese Überheblichkeit. Dann dachte ich, ne ganz im Gegenteil, ich guck mir den an, ich will einfach wissen, was in solchen Extrem - Kletter - Jungs vor sich geht, was denken die, was fühlen die...
Es erscheint total paradox - wenn er im Fels steht, funktioniert er normal, weil sein Gehirn und alle Botenstoffe normal funktionieren.
Über die amerikanische Machart der DOK müssen wir uns nicht unterhalten, das kennen wir, das nervt, das ist nicht interessant. Beim Gucken habe ich mehrfach die Stop - Taste gedrückt, das Bild eingefroren, mir das Portrait von Alex Honnold minutenlang angesehen. Ich sehe da einen sehr traurigen Jungen mit tiefschwarzen Augen. Mit 19 Jahren den Vater verloren, keine Vater - Figur im Leben. Der Junge hat das seltene Asperger - Symptom. Menschen mit dieser "Erkrankung" haben vor allem eines - eine Insel - Begabung. Der Junge ist autistisch, seine Gefühlswelt im Leben absolut defizitär, Sex spielt so gut wie keine Rolle. Sein Gehirn funktioniert anders. Das Einzige, was er wirklich hervorragend kann, ist dieses Klettern. Die Mutter (liebevoll) sagt - Ich kanns ihm doch nicht verbieten, er hat doch nur das. Es erscheint total paradox - wenn er im Fels steht, funktioniert er normal, weil sein Gehirn und alle Botenstoffe normal funktionieren. Das erklärt auch diese unglaubliche Sicherheit, die Ruhe an der Wand, die völlige Angstfreiheit. Hätte er Angst, würde diese Angst zwangsläufig zu Muskelkrämpfen führen, der Absturz wäre vorprogrammiert. Es ist eben bei Alex nicht so, daß er wie viele andere ein "Adrenalin - Junkie" ist, sondern allein sein Gehirn, was von Natur aus "anders" ist, ermöglicht ihm diese Leistungen.
Nun werden tausende junge und relativ unerfahrene Kletterer sich diesen Film reinziehen, sich da durchaus dran "aufgeilen" und sich sagen - was der kann, das kann ich auch.
Alex Honnold ist schlichtweg wahnsinnig. Aber dieser spezielle Wahnsinn ist auch seine Hoch - Begabung. Kommen wir zum "Aufgeilen", wir sprachen drüber. Genau da sehe ich eine große Gefahr. Nun werden tausende junge und relativ unerfahrene Kletterer sich diesen Film reinziehen, sich da durchaus dran "aufgeilen" und sich sagen - was der kann, das kann ich auch. Und genau darin liegt der fatale Irrtum. Denn um so klettern zu können, muß man wie Alex wahnsinnig sein. Das ist zwingend notwendig. Das sind sie aber nicht, und so werden sie alle abstürzen. Aber der, der nie abstürzen wird ist Alex Honnold. Das ist der Unterschied. Eine Szene im Film war hochinteressant. Völlig unerwartet macht er auf halber Strecke Halt. Und geht wieder runter. Er hat es geahnt, gefühlt, irgendwie gesehen, daß etwas mit dem Fels nicht stimmt, zu glatt, zu steil, zu nass, wer weiß. Das fand ich beachtlich. Er mag wahnsinnig sein, aber er ist nicht verrückt. Da gibt es einen kleinen aber sehr feinen Unterschied.
Er mag wahnsinnig sein, aber er ist nicht verrückt.
Fazit - Ich werde den Jungen nicht verurteilen oder abwerten, denn ich könnte sein Vater sein. Und daß ich ganz persönlich Selbstverantwortung und ein hohes Maß an Verantwortung in meinem sozialen Umfeld leben will ist eine ganz andere Geschichte. Klar, es hat mich auch schon "gejuckt" - mal einen geilen Tandem - Sprung machen, mal ne Ballonfahrt. Ne, mache ich nicht! Es ist zu gefährlich! Statistisch berechnet geht jeder 10 000 ste Fallschirmsprung schief. Ich vertraue doch nicht mein Leben zu 100% einem Fallschirmspringer an. Der kriegt in der Luft einen Infarkt, und das wars dann. Ich nehme mir also die Freiheit, auf diese fragwürdigen zeitgeistgefickten Abenteuer zu verzichten. Und das ist gut so. Ich mache das also nicht mit, weil ich keine Eier habe, sondern ich mache es nicht mit, weil ich Eier habe! Und in diesem Sinne will ich ein guter Vater und ein Vorbild für meine 3 Jungs sein. Ja, soweit meine Gedanken zur Nacht.