Welche Artenvielfalt lässt sich an einem einzelnen Tag in der Natur vor unserer Haustür entdecken? Dieser Frage ging der NABU Halle/Saalkreis am 13. Juni 2014 gemeinsam mit einer Reihe von Arten-ExpertInnen auf einem Porphyrhügel bei Niemberg nach. Auf diesem Hügel gedeihen artenreiche buntblütige Mager- und Trockenrasen, welche seit einigen Jahren durch die NABU- eigene Schafherde gepflegt werden.
Am Projekttag wurde auf der nur zwei Hektar großen Fläche eine bemerkenswerte botanische Vielfalt festgestellt. Unter den insgesamt 150 vorgefundenen Pflanzenarten stehen die charakteristischen Pflanzenarten der Trockenrasen, Felsfluren und Heideflächen auch im Fokus der Beweidungspflege.Darunter befinden sich etliche Arten, die typisch für die Felskuppen der Halleschen Porphyrkuppenlandschaft sind, aber als stark zurückgehend auf der Rote Liste gefährdeter Arten geführt werden: Katzenpfötchen, Ähriger Blauweiderich, Großblütige Braunelle, Nelken-Haferschmiele, Berg-Haarstrang, Steppen-Sesel, Graue Skabiose, Pfriemengras. Als herausragende Besonderheit konnte das Schmalblütige Träubel nachgewiesen werden, eine überwiegend südosteuropäisch verbreitete Waldsteppenpflanze, die in Deutschland fast nur im südlichen Sachsen- Anhalt auftritt. Weiterhin war auch der Fund eines einzelnen Horstes des Borstgrases erfreulich, weil die bisher bekannten Vorkommen der in der Bördelandschaft des südlichen Sachsen-Anhalts von jeher seltenen Art seit Jahrzehnten fast verschwunden sind. An der Erfassung der Tierwelt war eine Reihe von SpezialistInnen beteiligt, welche die Projektfläche u.a. nach Vögeln, Heuschrecken, Käfern, Schmetterlingen und Spinnen absuchten. Es wurden 145 Tierarten auf dem Porphyrhügel registriert. Insbesondere die wirbellosen Tiere wurden in ansehnlicher Artenfülle vorgefunden: z. B. die Käfer mit 36 Arten, die Zikaden mit 30 und die Spinnen mit 51 Arten. Unter diesen fanden sich auch seltene und gefährdete Charakterarten der Trockenrasen und Felsfluren, wie etwa die Steppenschaumzikade (Neophilaenus infumatus), die Krabbenspinne (Xysticus acerbus) und der Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus). Als besonders schutzbedürftig gilt der Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia), der durch den Rückgang von Magerrasen deutschlandweit stark gefährdet ist.
Die vorgefundenen Charakterarten sind auf den Erhalt der offenen Trockenrasen und Felsfluren durch eine fortgesetzte regelmäßige Beweidung angewiesen.
Jens Stolle, Sebastian Voigt (NABU)
Foto: Thies Streifinger/ NABU Schafe auf dem Mühlberg bei Frößnitz am Petersberg/ LANDSCHAFTSPFLEGE MIT BISS- Link zum NABU- "Schafkalender" 2014. Hier gibt es viele Informationen zum NABU-Beweidungsprojekt und zur Flora- und Fauna auf den Trockenrasenhügeln rund um Halle.