Beweis­auf­nah­me abge­schlos­sen - Urteil ver­tagt. Bericht zur A143-Ver­hand­lung in Leipzig

Am 28.Mai begann der wahr­schein­lich letz­te Pro­zess des seit Jahr­zehn­ten andau­ern­den Rechts­streits über den Wei­ter­bau der Auto­bahn A143 statt. Klä­ger vor dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Leip­zig ist die Kao­lin- u. Ton­wer­ke Salz­mün­de GmbH gegen das Lan­des­ver­wal­tungs­amt Sach­sen-Anhalt. Das Unter­neh­men sieht durch den Bau sei­ne eige­ne Exis­tenz gefähr­det. Genau wie in der vor­an­ge­gan­ge­nen erfolg­rei­chen Kla­ge des Nabu von 2005 ste­hen dabei Natur­schutz­be­lan­ge im Vordergrund.

Demons­tra­ti­on vor dem Gerichtsgebäude

Foto: A. Sebald

Bereits im Vor­feld der Ver­an­stal­tung wur­de vor dem Gerichts­ge­bäu­de eine Demo­ak­ti­on der Bür­ger­initia­ti­ve Saa­le­tal mit Unter­stüt­zung der hal­le­schen Fri­days For Future – Bewe­gung abge­hal­ten. Unge­fähr 40 Teil­neh­mer spra­chen sich gegen den Wei­ter­bau der Auto­bahn und für den Erhalt der geschütz­ten Habi­ta­te aus. Die hoch­ge­hal­te­nen Trans­pa­ren­te for­der­ten statt­des­sen die grü­ne Ver­kehrs­wen­de. Eini­ge der jun­gen Teil­neh­mer der Demo-Akti­on waren nach­her auch als Zuschau­er im Pro­zess zuge­gen, was von den Rich­tern wohl­wol­lend auf­ge­nom­men wurde.

Pünkt­lich um neu­en Uhr wur­de der Pro­zess eröff­net. Die gegen­über­ste­hen­den Instan­zen wur­den benannt und der Streit­ge­gen­stand zur wei­te­ren Aus­ein­an­der­set­zung erklärt. Nach­dem 2005 durch die Kla­ge des NABU das Pro­jekt um den Wei­ter­bau der A143 zum Ruhen gebracht wur­de, ver­sucht das Lan­des­ver­wal­tungs­amt seit 2017 mit einem aktua­li­sier­ten Pla­nungs­ver­fah­ren die­sen erneut zu rea­li­sie­ren. Maß­nah­men, wie stre­cken­wei­se Tun­nel­sys­te­me sol­len der Zer­schnei­dung der Land­schaft und Tem­po­li­mits von 60-80 km/h der Stick­stoff­be­las­tung entgegenwirken.

Argu­men­te von Klä­gern und Beklagten

Dem Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren zum umwelt­ver­träg­li­chen Wei­ter­bau wird von Klä­ger­sei­te aus Feh­ler­haf­tig­keit vor­ge­wor­fen, die Abwä­gung zur Stick­stoff­be­las­tung des umge­be­nen Habi­tats durch die Auto­bahn sei nicht hin­rei­chend, Was­ser­ver­schlech­te­run­gen in der Umge­bung kön­nen nicht aus­ge­schlos­sen wer­den (in Deutsch­land herrscht ein Was­ser­ver­schlech­te­rungs­ver­bot) und davon abge­se­hen ver­sto­ße das Vor­ha­ben gegen die Kli­ma­zie­le des Pari­ser Abkom­mens. Außer­dem wer­den auch die gefähr­de­te Mops­fle­der­maus, wel­che das Habi­tat bevöl­kert, sowie sel­te­ne Orchi­deen, in Mit­lei­den­schaft gezogen.

Die Ver­tre­ter des Lan­des­ver­wal­tungs­am­tes wie­sen ihrer­seits auf Berech­nun­gen hin, die bele­gen soll­ten, dass dem Habi­tat ins­ge­samt kei­ne Ver­schlech­te­rung durch die Auto­bahn dro­hen wür­de, wel­che nicht durch ent­las­ten­de Maß­nah­men aus­ge­gli­chen wer­den könn­ten. Die­se Maß­nah­men sol­len in der Pro­jekt­pla­nung hin­rei­chend dar­ge­legt sein. Das Auto­bahn­pro­jekt soll außer­dem die Innen­stadt ent­las­ten, auch was Emis­sio­nen betrifft, des­we­gen den Umwelt­schutz ins­ge­samt betref­fend, angeb­lich sogar för­der­lich sein.

Schlag­ab­tausch von Anwäl­ten und Experten

In der wei­te­ren Ver­hand­lung stan­den bere­chen­ba­ren Wer­te im Mit­tel­punkt, wie zum Bei­spiel die  Cri­ti­cal Loads zur CO2-Belas­tung der Land­schaft. Zu erken­nen, wer in der Beweis­la­ge vorn lag, war für Beob­ach­ten­de ohne Fach­kennt­nis­se schier unmög­lich. Von rich­ter­li­cher Sei­te wur­de jedoch neu­tral und aus­ge­gli­chen vor­ge­gan­gen. Der Aus­gang des Pro­zes­ses scheint wirk­lich vor­ran­gig von den Rechen­wer­ten abzu­hän­gen, da fest­ge­stellt wer­den muss­te, ob die Risi­ken der Umwelt­be­las­tung Schmerz­gren­zen über­schrei­ten. Dabei lie­ßen star­ke Run­dun­gen eini­ger Wer­te sei­tens der Beklag­ten, sowie die Frag­lich­keit nach Ein­hal­tung der Tem­po­li­mits und Unge­reimt­hei­ten in den Ent­las­tungs­maß­nah­men an der tat­säch­li­chen Ver­träg­lich­keit des neu­en Mas­ter­plans des Lan­des­ver­wal­tungs­am­tes zweifeln.

Die Ver­hand­lung dau­er­te vie­le Stun­den, bis in den spä­ten Abend hin­ein, doch die Beweis­auf­nah­me konn­te noch am sel­ben Tag abge­schlos­sen wer­den. Nun muss das Gericht die vor­ge­brach­ten Wer­te, Dar­le­gun­gen und Argu­men­te abwä­gen, bis es am 12. Juni ein Urteil ver­kün­det. Es ist zu hof­fen, dass das Urteil Natur­schutz­be­lan­ge kei­ner Wirt­schaft­lich­keit unter­ord­net. In Anbe­tracht rapi­de sin­ken­der Bio­mas­se und der glo­ba­len Erwär­mung ist es von hoher Wich­tig­keit Grün­flä­chen zu erhal­ten und Emis­sio­nen effek­tiv zu redu­zie­ren. Die Stra­te­gie Ver­kehrs- und damit Emis­si­ons­ent­las­tun­gen durch wei­te­re Stra­ßen zu erzie­len, hat sich in den meis­ten bis­he­ri­gen Fäl­len als nicht unbe­dingt effek­tiv erwiesen.

 

 

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