Gestat­ten Sie, ich habe da mal eine Fra­ge …... Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de als poli­ti­sches Instrument

Tors­ten Fritz ist einer von meh­re­ren akti­ven Bür­gern, die regel­mä­ßig das Instru­ment der Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de nut­zen – mit erstaun­li­chen Erfol­gen für das Gemein­we­sen. Unter ande­rem gelang es ihm und sei­nen zeit­wei­sen Mit­strei­tern, den Abriss des Künst­ler­haus 188 oder deut­lich stei­gen­de Was­ser­prei­se zu ver­hin­dern. Der Gebrauch des im Kom­mu­nal­ver­fas­sungs­ge­setz Sach­sen-Anhalt ver­brief­ten Mit­spra­che­rech­tes muss erlernt wer­den, wenn es erfolg­reich ein­ge­setzt wer­den soll. Fritz teilt sein lang­jäh­rig erwor­be­nes Wis­sen gern mit uns..

Die Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de ist mei­ne poli­ti­sche Spe­zia­li­tät. Da kann man rich­tig los­le­gen. Im Stadt­rat kannst Du nur Ant­wor­ten von der Ver­wal­tung bekom­men. In den Aus­schüs­sen kön­nen (müs­sen aber nicht!) auch Stadträt*innen ant­wor­ten. Und man kann dort auch bestim­men, an wen die Fra­gen adres­siert wer­den sol­len. In der Regel kriegt aber kein*e Stadträt*in den Mund auf, also ersatz­ant­wor­tet dann die Verwaltung.

Nir­gend­wo steht, dass man die Fra­ge nur an den OB oder den Aus­schuss­vor­sit­zen­den stel­len darf. OB Wie­gand behaup­tet das gele­gent­lich - ist aber Quatsch. Rich­tig ist, dass der OB im Rat ent­schei­det, wer ant­wor­tet. Die Fra­ge soll­te man fai­rer­wei­se vor­her (knapp vor der Sit­zung ist OK) auf For­mu­lar­bö­gen (gibt's beim Pro­to­koll­füh­rer der Sit­zung) anmel­den. Es reicht, das The­men­ge­biet zu umrei­ßen. Mei­ne Lieb­lings­an­mel­dung ist "Zu Fra­gen der Rechts­kon­for­mi­tät bei ....xxx". Man kann sich aber auch noch nach Beginn der Fra­ge­stun­de mel­den. Das geht per Hand­zei­chen oder Aus­ru­fen wie "Hier - ich!!!"/"Ja, Frau/Herr Vorsitzende/r!" oder durch Auf­ste­hen und Anspra­che... bis die Fra­ge­stun­de geschlos­sen wur­de - dann ist es vorbei.

Die Fra­ge­the­men sind fast völ­lig frei. Alles von kom­mu­na­lem Belang, die kom­plet­te The­ma­tik der Tages­ord­nung, Rechts­fra­gen in die­sem Zusam­men­hang, Inten­sio­nen der Verwaltung/des Rates .... Nur Fra­gen wegen per­sön­li­cher Pro­ble­me und schutz­wür­di­ger Ange­le­gen­hei­ten Drit­ter (Stich­wort Nicht­öf­fent­lich­keit nach Kom­mu­nal­ver­fas­sungs­ge­setz / Geschäfts­ord­nung Stadt­rat) sind unzu­läs­sig und wer­den abgewiesen.

Immer wie­der die­sel­be Fra­ge zu stel­len macht eigent­lich nie­mand. Das sieht im Blick auf die Serie im Pro­to­koll­we­sen nur so aus. In den zum Teil schon wäh­rend der lau­fen­den Sit­zung aktua­li­sier­ten Tages­ord­nun­gen im Ses­si­onNet / Inter­net ste­hen bei den Ein­woh­ner­fra­ge­stun­den immer nur der Name des Fra­gen­den und das The­ma. Bei mir steht dann sehr häu­fig "Abfall­ge­büh­ren­sat­zung" ..Es ist aber fast jedes mal eine ande­re Facet­te, die ich abfra­ge. Ganz sel­ten habe ich eine Fra­ge 1:1 wie­der­holt – näm­lich nur dann, wenn die ver­ant­wort­li­chen Adres­sa­ten eine kla­re Ant­wort ver­mie­den hat­ten. Das Fra­ge­spiel geht bei Nor­mal­sterb­li­chen so lan­ge, bis die Ver­wal­ter aus­füh­ren, dass sie den Punkt bereits mehr­fach beant­wor­tet hät­ten. Mit Kennt­nis des Kom­mu­nal­ver­fas­sungs­ge­set­zes, sei­ner Kom­men­tie­rung und der Geschäfts­ord­nung des Stadt­ra­tes kann ich aber über sowas mun­ter drü­ber ... Bei mir geht das soweit, bis sie mich raus­wer­fen. Dann geht es eben beim Lan­des­ver­wal­tungs­amt weiter....

Mona­te­lang tat­säch­lich die glei­che Fra­ge immer wie­der zu stel­len wäre aller­dings schlech­ter Stil. Da brauchts schon eines beson­de­ren (recht­li­chen) Grund. Beim Kampf um den Erhalt des Künst­ler­hau­ses war der gege­ben, da habe ich das mal ein hal­bes Jahr lang gemacht – mit Erfolg.

Also stel­le die Fra­gen so, wie es Dir nötig scheint. Aller­dings kannst Du in drei Minu­ten Pri­mär­fra­ge­zeit und mit zwei ein­mi­nü­ti­gen Nach­fra­gen kein grö­ße­res The­ma behan­deln. Schnei­de also bei gro­ßen The­men die Ange­le­gen­heit des­halb in the­ma­tisch klei­ne­re Schei­ben und kom­me mehr­fach in die ver­schie­de­nen Sit­zun­gen von Rat und Aus­schüs­sen - so wie es zum jewei­li­gen Aus­schusspro­fil passt. Die Rats­mit­glie­der lie­ben das, beson­ders im Haupt­aus­schuss ... Da sind neben allen Bei­geord­ne­ten die Frak­ti­ons­chefs da und müs­sen sich alles mit anhören...

Behan­de­le die Gefrag­ten respekt­voll. Wer­den sie frech - schal­te auf Angriff um. Geben sie nach, wer­de wie­der ent­spannt. Ein­woh­ner­fra­gen ist Macht­spiel. Auf bei­den Sei­ten. Jeder will etwas. Die Inter­es­sen­la­gen sind aber meist divergent.


Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de – 14 Tipps für den Anfang:
1. Zehn Minu­ten vor Sit­zungs­be­ginn erschei­nen, bei/m Protokollchef/in Fra­ge­bo­gen abho­len, aus­fül­len, einreichen
2. Auf­ruf abwar­ten, Fra­ge­stel­ler­platz ein­neh­men, Mikro­fon einschalten
3. Für die Ertei­lung des Wor­tes dan­ken. ("Vie­len Dan­ke Frau/Herr Vorsitzende/r /// Ober­bür­ger­meis­ter!" - OB=Vorsitzender im Hauptausschuss)
4. Drei Minu­ten-Vor­trag mit Fra­ge am Ende
5. gedul­dig Ver­wal­tungs­ant­wort abwarten.
6. "Ich möch­te nach­fra­gen, Frau/Herr Vorsitzende/r /// Oberbürgermeister!"
7. Worter­tei­lung abwarten
8. Maxi­mal 1 Minu­te Fra­ge­ein­lei­tung mit 1.Nachfrage am Ende
9. gedul­dig Ver­wal­tungs­ant­wort abwarten.
10. "Ich möch­te noch­mals nach­fra­gen, Frau/Herr Vorsitzende/r /// Oberbürgermeister!"
11. Worter­tei­lung abwarten
12. Maxi­mal 1 Minu­te Fra­ge­ein­lei­tung mit 2.Nachfrage am Ende
13. gedul­dig Ver­wal­tungs­ant­wort abwarten.
14. unge­fragt bedan­ken, Mikro aus­schal­ten und gehen

Tors­ten Fritz








 

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