Es war eine kleine Nachricht unter vielen auf der Website "Städtischen Zeitung" aus Halle. Der Betrieb werde eingestellt, vermeldete Gründer und Chefredakteur Felix Knothe. Im Interview mit der "Halleschen Störung" zieht er zu recht ein positives Resumeé - und lässt ein Türchen offen für ein Weiterleben des beispielgebenden Medienprojektes.
Stö: Die StäZ hat sich verabschiedet, alle Artikel sind nach wie vor im Netz, werden aber bald weniger aktuell sein. Wird es ein bleibendes Webarchiv geben oder werden diese Inhalte aus dem Netz verschwinden?
Felix Knothe (StäZ): Warum sollte nur, weil keine neuen Artikel mehr dazu kommen, unser ganzer Content aus dem Netz verschwinden? Da sind wichtige Beiträge darunter, die die Geschicke der Stadt mitgeprägt haben und auch in Zukunft noch zum besseren Verständnis von Halle beitragen können. Die StäZ-Seite wird also erst einmal auf unbestimmte Zeit weiter online bleiben. Vielleicht aber verändert sie noch einmal das Gesicht, damit auch ältere Beiträge leichter zu finden sind.
Stö: Ein spektakulärer Start und ein "leises Tschüss" nach zweieinhalb Jahren - wie würdest Du die Zeit dazwischen in zwei Sätzen zusammenfassen?
Felix Knothe (StäZ):Es war richtig und wichtig, die StäZ aus der Taufe gehoben zu haben. Die vielen Vorschusslorbeeren haben wir uns dann redlich verdient, denn wir haben erfolgreich guten Lokaljournalismus gemacht.
Stö: Halle braucht eine neue Zeitung, hieß es 2017, als Du gestartet bist. Hat sich an dieser Situation etwas geändert?
Felix Knothe (StäZ): Das hat mehrere Facetten. Die Situation ist schon eine andere, weil wir sie verändert haben. Wir haben gezeigt, was geht, was man im Lokaljournalismus unabhängig auf die Beine stellen kann, und zwar mit geringen Mitteln. Das hat dem etablierten Großblatt natürlich auch Beine gemacht. Sie haben neue Redakteurinnen und Redakteure auch für die Lokalredaktion eingestellt, haben jetzt vor Kurzem auch die für den Journalismus wichtige Bezahlschranke eingeführt. Offenbar wollen sie jetzt wieder ihr Geld mit Qualität statt mit Clickbaiting verdienen. Dazu brauchte es offenbar unser kleines Beispiel, auch wenn wir von den Kollegen offiziell nie richtig anerkannt worden sind. Wenn jetzt die StäZ nicht mehr da ist, kann es natürlich sein, dass auch in der Delitzscher Straße wieder die alten Muster einkehren. Für die MZ wird es so oder so ein sehr langer Weg, die vielen Leser, die sich seit Jahren mit Grausen abgewendet haben, wiederzugewinnen. Hinzu kommt, dass die Zusammenlegung mit der Magdeburger Volksstimme den Druck dort noch einmal erhöhen wird. Ich tippe, dass es Qualität bei der MZ weiter schwer haben wird. Aber eine Stadt braucht Qualitätsjournalismus auch im Lokalen. Es braucht Journalisten, die noch recherchieren, die ein freies, selbstverantwortetes Angebot machen und, wo nötig, kritisch nachfragen können. Onlineplattformen, wo all das nicht stattfindet und bei denen es danach geht, wer am lautesten schreit und am schärfsten beleidigt, tragen auf Dauer nicht wirklich zur Meinungsvielfalt bei. Sie bleiben Echokammern.
Stö: Die StäZ hat Personalengpässe, juristische Angriffe und Serverüberlastung überlebt. Was hat den Ausschlag für den Schlusspunkt gegeben?
Felix Knothe (StäZ): Es war eine schwere persönliche Entscheidung. Ich bin als freiberuflicher Journalist der Hauptverantwortungsträger der StäZ gewesen, auch im Geschäftlichen. Das hat meiner Familie und mir über die Jahre viel zugemutet. In diesem Jahr hätte daher so oder so eine Entscheidung fallen müssen, wie es mit der StäZ weitergehen kann. Betreibt man noch einmal sehr großen Aufwand, um eine Vergrößerung zu erreichen, also eine zweite und dritte Stelle zu finanzieren, damit das Angebot erheblich steigen kann und damit auch die Leserschaft? Vertraut man weiter auf kleines aber nachhaltiges Wachstum wie bisher? Oder zollt man der großen eigenen Belastung Tribut? Als dann für mich sehr überraschend ein sehr spannendes Jobangebot aus der Thüringer Landesregierung kam, hat sich dieser Entscheidungsprozess beschleunigt und ich habe entschieden, dass es jetzt für mich Zeit ist, mich einer neuen Herausforderung zuzuwenden. Auf der nächsten Etappe meines Berufslebens werde ich kein Journalist sein. Es fällt mir jedoch nicht leicht, die Verantwortung, die ich ja auch als Journalist für Halle getragen habe, einfach abzulegen. Aber wie ich geschrieben habe: Es ist ein Abschied im Guten. Ich bin stolz auf die StäZ.
Stö: Der größte Verlust für die Stadtbevölkerung ist sicher das Wegfallen einer engagierten Berichterstattung aus dem Rathaus. Wirst Du weiter über Halle schreiben und Dich einmischen?
Felix Knothe (StäZ): Schreiben, nein. Aber ich bleibe weiter Hallenser und werde mich also sicherlich irgendwie auch weiter einmischen, nur eben ganz anders. Aber mein Angebot steht: Wenn jemand die StäZ übernehmen möchte, um sie im gleichen Geist wiederzubeleben, dann muss sie mit meinem Abschied nicht gestorben sein.