Karl Bloss­feldt – ein welt­be­rühm­ter Künst­ler aus dem Harz

Fällt unter Kunst­schaf­fen­den oder in Archi­tek­ten­krei­sen der Name Karl Bloss­feldt, kommt sogleich der Bezug zu des­sen Werk „Urfor­men der Kunst“, das 1928 erst­mals erschie­nen ist und sei­ne Pflan­zen­fo­to­gra­fien welt­be­rühmt mach­te. Seit Jah­ren wird der Geburts­tag des Künst­lers in sei­nem Hei­mat­ort Schie­lo mit einer bota­ni­schen Wan­de­rung begangen. 

Zu dan­ken ist das dem Freun­des­kreis Karl Bloß­feldt, der den Bild­hau­er, Foto­gra­fen und Leh­rer wie­der ins Gedächt­nis sei­ner Hei­mat­re­gi­on gebracht hat.

1865 wird Carl am Fuß des Eichen­ber­ges in Schie­lo gebo­ren. Der Vater August ist Gemein­de­die­ner, Kapell­meis­ter der Dorf­mu­si­ker und Klein­land­wirt. Die Mut­ter Johan­na ist Haus­frau und arbei­tet in der Land­wirt­schaft mit. Damals zählt Schie­lo 496 Ein­woh­ner, vie­le leben von der Korb­ma­che­rei. Die Regi­on mit ihren schie­fer­hal­ti­gen Böden war arm, und auch die Fami­lie Bloß­feldt gehör­te nicht zu den Wohlhabenden.

Carl Bloß­feldt spiel­te und arbei­te­te als Kind in der Natur und ent­wi­ckel­te hier sei­ne Beob­ach­tungs­ga­be und sei­ne Lie­be für die Pflan­zen. Nach der Grund­schu­le in Schie­lo besuch­te er die sechs Kilo­me­ter ent­fern­te Mit­tel­schu­le in Harz­ge­ro­de. Das bedeu­te­te jeden Tag einen Fuß­marsch von 12 Kilo­me­tern über Berg und Tal. Am Weges­rand war­te­ten Entdeckungen..

In den Jah­ren um 1870 gab es in Schie­lo meh­re­re Bloß­feldts, geschrie­ben mit dem "ß". Die­se Schreib­wei­se leg­te Carl Bloß­feldt spä­ter aber ab, genau­so wie er das "C" sei­nes Vor­na­mens durch ein "K" ersetz­te. Mit den Grün­der­jah­ren nach 1871 nahm die Indus­tria­li­sie­rung an Fahrt auf. Der Bau­boom in den Städ­ten ver­lang­te nach stäh­ler­nen Archi­tek­tur­ele­men­ten, Gas­lam­pen und Maschi­nen­tei­len. Die Eisen­hüt­te Mäg­de­sprung pro­du­zier­te vor allem Eisen­kunst­guss. Karl Bloss­feldt trat dort 1881 eine Leh­re als Model­leur an. Nach den Vor­la­gen der Mus­ter­zeich­ner erar­bei­te­te er Guss­mo­del­le, fer­tig­te aber auch eige­ne Model­le nach Natur­vor­la­gen und zeig­te dabei außer­ge­wöhn­li­ches künst­le­ri­sches Talent. Ein Freund der Fami­lie finan­zier­te das ers­te Jahr an der Unter­richts­an­stalt des Kunst­ge­wer­be­mu­se­ums in Ber­lin, das wei­te­re Stu­di­um wur­de durch ein Sti­pen­di­um der Dr. Otto Mark­wald Stif­tung mög­lich gemacht.

Pflan­zen­for­men in der Jugendstilära

1891 beginnt Bloss­feldt sei­ne Tätig­keit als Model­leur in der Bron­ze­werk­statt der Unter­richts­an­stalt, die von sei­nem ehe­ma­li­ger Leh­rer, dem Bild­hau­er Fritz Beh­rendt, gelei­tet wird. Seit 1892 arbei­tet er mit dem Zei­chen­leh­rer Pro­fes­sor Moritz Meu­rer zusam­men. Die­ser möch­te die Unter­richts­me­tho­den refor­mie­ren und rich­tet u.a. eine Natur­stu­di­en­klas­se in Rom ein. Bloss­feldt ver­sucht sich von 1896 bis 1898 in Ita­li­en als Bild­hau­er und Model­leur zu eta­blie­ren, kehrt dann aber nach Ber­lin zurück und wird Leh­rer an der König­li­chen Kunst­schu­le. Hier unter­rich­tet er „Kunst­ge­werb­li­ches Pflan­zen­zeich­nen“. Er hei­ra­tet im sel­ben Jahr Caro­li­ne Maria Plank. 1899 wird er Dozent für Bild­haue­rei an die Unter­richts­an­stalt des Kunst­ge­wer­be­mu­se­ums und unter­rich­tet „Model­lie­ren nach leben­den Pflan­zen“. Es ist die Zeit des Jugend­stils und Orna­men­te aus der Pflan­zen­welt ste­hen hoch im Kurs. So erscheint das maß­geb­li­che Werk sei­nes Men­tors Meu­rer: "Meu­rers Pflan­zen­bil­der. Orna­men­tal ver­wert­ba­re Natur­stu­di­en für Archi­tek­ten, Kunst­hand­wer­ker, Mus­ter­zeich­ner, p.p.". Die Foto­gra­fien dazu lie­fert Karl Blossfeldt.
In den Fol­ge­jah­ren sam­melt und prä­pa­riert er Pflan­zen und wen­det sich mehr und mehr der Foto­gra­fie zu. Damit stößt er auch auf Wider­stän­de. Das moder­ne Hand­werks­zeug Kame­ra und die Tech­nik der Ver­grö­ße­rung wird von der tra­di­tio­nel­len Künst­ler­schaft nur zöger­lich akzeptiert.

Seit 1905 ken­nen sich die Opern­sän­ge­rin Hele­ne Wege­ner und Karl Bloss­feldt über die Fami­lie in Schie­lo. Sie ver­bin­det eine gro­ße Lie­be zur Musik. 1910 erfolgt die Schei­dung und 1912 hei­ra­ten sie. Das Ehe­paar unter­nimmt zahl­rei­che gemein­sa­me Rei­sen nach Süd­eu­ro­pa und Nord­afri­ka, für Bloss­feldt wich­ti­ge Gele­gen­hei­ten zu aus­gie­bi­gen Pflanzenerkundungen.

Im Jahr 1922 wird Bloss­feldt zum Pro­fes­sor ernannt und lehrt an den Ver­ei­nig­ten Staats­schu­len für freie ange­wand­te Kunst in -Char­lot­ten­burg. Grö­ße­re Aner­ken­nung erfährt er erst­mals 1926. Die Ber­li­ner Gale­rie Nie­ren­dorf prä­sen­tiert aus­ge­wähl­te Pflan­zen­auf­nah­men Karl Bloss­feldts gemein­sam mit Skulp­tu­ren und Mas­ken aus Afri­ka und Neu­gui­nea sowie Wer­ken des Malers und Gra­fi­kers Richard Jan­thur. Zwei Jah­re spä­ter erscheint dann "Urfor­men der Kunst" im Ver­lag Ernst Was­muth als Port­fo­lio mit 120 ein­zel­nen Bild­ta­feln und als gebun­de­ne Aus­ga­be. Initia­tor war der Gale­rist Karl Nie­ren­dorf. Auf­grund des gro­ßen Erfol­ges des Buches wer­den eine eng­li­sche und eine fran­zö­si­sche Aus­ga­be veröffentlicht.

Aus­stel­lun­gen in ganz Europa

Bloss­feldt nimmt an der bedeu­ten­den inter­na­tio­na­len Werk­bund­aus­stel­lung "Film und Foto" 1929 in Stutt­gart teil (wei­te­re Sta­tio­nen: Zürich, Ber­lin, Wien). Es fol­gen wei­te­re Aus­stel­lungs­be­tei­li­gun­gen und Ein­zel­aus­stel­lun­gen, so auch in Lon­don und in der Moritz­burg Halle.
Im Jahr 1933 erscheint sei­ne zwei­te Publi­ka­ti­on „Im Wun­der­gar­ten der Natur“.  Er stirbt am 3.Dezember und erfährt daher nicht mehr, wie erfolg­reich sein Werk wer­den soll.

Karl Bloss­feldt war wäh­rend sei­ner Zeit als Dozent und Pro­fes­sor in Ber­lin gern und oft mit sei­ner zwei­ten Frau Hele­ne in Schie­lo bei der Fami­lie zu Besuch. Der Nef­fe von Hele­ne, Fried­rich Löch­ner, war mit der Nich­te Karl Bloss­feldts ver­hei­ra­tet. Nach­dem Hele­ne Bloss­feldt 1933 der Kunst­schu­le in Ber­lin über 800 Foto­ab­zü­ge und 80 Pflan­zen­prä­pa­ra­te geschenkt hatte,übereignete sie 1946 das rest­li­che in ihrem Besitz befind­li­che foto­gra­fi­sche Werk Karl Bloss­feldts ihrem Nef­fen. Karl und Hele­ne Bloss­feldt hat­ten kei­ne eige­nen Nach­kom­men, aber immer einen sehr lie­be­vol­len Kon­takt zur Fami­lie in Schielo.

Der ver­ges­se­ne Nach­lass auf dem Dachboden

Obwohl meh­re­re Auf­la­gen und Aus­ga­ben der "Urfor­men der Kunst" im Was­muth Ver­lag erschie­nen, wur­de es still um Karl Bloss­feldt. In den 1970er Jah­ren bemüh­ten sich die Köl­ner Samm­ler, Gale­ris­ten und Foto­en­thu­si­as­ten Ann und Jür­gen Wil­de um die Wie­der­ent­de­ckung der Prot­ago­nis­ten der Neu­en Sach­lich­keit der 20er Jah­re, zu denen auch Bloss­feldt gehör­te. Dazu muss­ten sie dazu über die Staats­gren­ze in die DDR fah­ren. Auf dem Dach­bo­den der Fami­lie Löch­ner befand sich der gesam­te Nach­lass - gesta­pel­te Glas­ne­ga­ti­ve, Abzü­ge und Doku­men­te, die Bloss­feldt selbst zusam­men­ge­tra­gen hat­te. Der Trans­port war durch­aus aben­teu­er­lich und es ran­ken sich vie­le Geschich­ten um den ein­ar­mi­gen Taxi­fah­rer Fritz Löch­ner und sei­ne Tou­ren. Eine Zufalls­be­kannt­schaft bei der Leip­zi­ger Mes­se soll damals denn „West­kon­takt“ in Schwung gebracht haben.
Nach und nach erkun­de­ten die Wil­des wei­te­re Quel­len, erwar­ben Doku­men­te und Brie­fe und erwei­ter­ten so das "Karl-Bloss­feldt-Archiv". 1991 wur­de es vom Land Nord­rhein-West­fa­len in die Lis­te der natio­nal wert­vol­len Archi­ve eingetragen.

Seit 2010 und mit Grün­dung der Stif­tung Ann und Jür­gen Wil­de befin­det sich die Samm­lung im Besitz der Pina­ko­thek der Moder­ne in Mün­chen. Die 2001 ange­leg­te Web­sei­te Karl-Bloss­feldt-Archiv wur­de in Zusam­men­ar­beit mit der Hoch­schu­le Harz/Mediengestaltung unter Lei­tung von Prof. Mar­tin Kreys­sig gestal­tet und bie­tet einen sehr aus­führ­li­chen Blick auf Leben und Werk Blossfeldts.

Gar­ten­wan­de­rung und Fotoausstellung

Der Freun­des­kreis Karl Bloss­feldt lädt in die­sem Jahr zu einer Gar­ten­wan­de­rung nach Schie­lo ein. Die Jah­res­zeit ist dafür bes­tens geeig­net. Die hüge­li­ge, abwechs­lungs­rei­che Land­schaft hier ist sanft und an man­chen Stel­len noch arten­reich. Ein Besuch lohnt sich in jeg­li­cher Hinsicht.

An Wochen­en­den im Juni kann zudem die Aus­stel­lung „Inspi­ra­ti­on Bloss­feldt“ mit Fotos von Andre­as Stark besucht wer­den. Sie ist frei­tags bis sonn­tags von 15.00 – 18.00 Uhr geöffnet.

Ort: Alte Schu­le Schie­lo, Schulstr.35, das impro­vi­sier­te Café lädt zum Ver­wei­len ein.

Die Ver­nis­sa­ge fin­det am 13.Juni um 18.00 Uhr statt.

 

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