Wer dieser Tage die Treppe vom Hallmarkt hinauf zur Marktkirche steigen will, erblickt optimistisch lachende und winkende Menschen in einer historischen schwarz-weiß-Aufnahme. Das Bild gehört zu den ikonischen Dokumenten des 17. Juni 1953. Auf den Stufen installiert hat es aus Anlass des 70-jährigen Jubiläums des Volksaufstands der Verein Zeit-Geschichte(n).
Installation am Ort des Geschehens

Andreas K. Ammer und Anne Kupke-Neidhardt (Zeitgeschichten e.V.)
Denn genau hier am Hallmarkt befand sich das spontan gebildete Organisationszentrum der Streiks und Demonstrationen. Durch die Vergrößerung und streifenweise Installation auf den Treppenstufen hat man als Passant den Eindruck, als ob eine dokumentarische Filmaufnahme des Menschenstroms auf die Treppe projiziert wird. Dass das eindrucksvolle Bild tatsächlich aus einer hautnah gefilmten Situation stammt, erklärte bei der Eröffnung am 1. Juni Alexander K. Ammer, der Sohn des Fotografen und Kameramanns Albert Ammer. Auf Einladung des Vereins Zeit-Geschichte(n) war Ammer aus München zur Einweihung der Installation am 2. Juni ángereist und sprach über den einmaligen historischen Moment, der sich in den Gesichtern der Aufnahme zeigt. Innerhalb weniger Stunden wurde Halle damals zu einem Brennpunkt des Geschehens, als zehntausende Menschen angstfrei die Arbeit niederlegten und demonstrierten.

Versammlung am Hallmarkt am 17. Juni 1953 © Archiv Verein Zeit-Geschichte(n)
Unterm Arm trug Ammer einen zeitgeschichtlichen Roman, der denm Ereignissen um das Bildarchiv seines Vaters gewidmet ist und das auch die dramatische Geschichte dieser Aufnahmen enthält. Denn der damalige DEFA-Kameramann wurde während des Aufstandes verhaftet und bezahlte für die Bilder mit einer harten dreijährigen Zuchthausstrafe.
QR-Codes auf der Hallmarkttreppe
In den Ecken der Treppenstufen sind QR-Codes angebracht, die zu weiterführenden Inhalten auf einer Website führen. Anne Kupke-Neidhardt und Juliane Uhl vom Verein Zeitgeschichten betonten bei der Vorstellung des Projektes, wie wichtig es ist, nachwachsende Generationen medial auf Augenhöhe zu begegnen, um sie bei der Vermittlung von Zeitgeschichte erreichen zu können. Dass das offenbar auch gelingt, bewies eine anwesende Schülerin des Elisabeth-Gymnasiums, die sich stark für den 17. Juni interessiert und dazu eine selbst erstellte Umfrage unter Passant*innen durchführt.
Weitere Veranstaltungen zum 17. Juni in Halle und Wolfen
Neben Ammer und Juliane Uhl vom Zeitgeschichtenverein sprachen zur Eröffnung auch die Kulturbeigeordnete Dr. Judith Marquardt sowie Maichel Viebig, der Leiter der Gedenkstätte 'Roter Ochse' . Dr. Judith Marquardt würdigte die Verdienste des Vereins Zeitgeschichten bei der Aufarbeitung und Vermittlung von Stadthistorie. Niklas Poppe wies auf eine Ausstellung zum 17. Juni in der Gedenkstätte hin, bei der viele weitere Aufnahmen aus dem Archiv Ammers zu sehen sind.
Eine weitere Veranstaltung aus Anlass des Jubiläums findet am Gedenktag selbst statt. Unter dem Titel „Trauma und Tabu“ wird der Schriftsteller und Historiker Udo Grashoff in der Buchhandlung des Waisenhauses am 17. Juni sein neues Buch zum Aufstand vorstellen. Im Industrie- und Filmmuseum Wolfen findet am 16. und 17. Juni zu dem ein zweitägies Symposium zum Thema statt.
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