Am 25. Mai 2013 fand im Schulumweltzentrum Halle-Franzigmark ein „Tag der Offenen Tür“ statt. Einer der Höhepunkte war dabei die Auszeichnung der Lernsoftware PRONAS mit dem Titel „Projekt der UN-Dekade für biologische Vielfalt“. PRONAS ist die Abkürzung für PROjektionen der Natur für Schulen. Der Ort der Auszeichnung wurde mit Bedacht gewählt, denn eine der virtuellen Exkursionen von PRONAS führt in die Porphyrkuppenlandschaft der Franzigmark. Oberbürgermeister Dr. Bernd Wiegand überbrachte die guten Wünsche der Stadt und war anscheinend so beeindruckt, dass er wenige Tage später einen langfristigen Pachtvertrag zwischen Halles Stadtverwaltung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) für das Schulumweltzentrum Halle-Franzigmark unterzeichnete.
Der rapide voranschreitende Verlust an biologischer Vielfalt stellt Umweltwissenschaftler vor die Aufgabe, Ergebnisse ihrer Forschungen einer breiteren und vor allem jüngeren Öffentlichkeit nahe zu bringen. Das Umweltforschungszentrum Halle- Leipzig der Helmholtz-Gesellschaft veröffentliche 2012 die interaktive Lernsoftware PRONAS, die drei Zukunftsszenarien bis zum Jahr 2100 anschaulich macht. In der Rahmenhandlung fragen sich die beiden Comicfiguren Tina und Tom, wie die Welt wohl in 20 oder 50 Jahren aussehen wird.
Bei einer Langen Nacht der Wissenschaften befragen sie einschlägige Wissenschaftler und werden mit den Ergebnissen des Forschungsprojekts ALARM (Assessing Large scale environmental Risks for biodiversity with tested Methods) konfrontiert. Für die ALARM-Studie hatten mehr als 250 Wissenschaftler aus 35 Ländern Auswirkungen des Klimawandels auf Lebensbedingungen und Lebensräume von Tieren und Pflanzen simuliert. Die Einwanderung gebietsfremder Arten, der Verlust von Bestäubern und die Auswirkungen von Umweltchemikalien wurden in drei Szenarien modelliert: „Grün“, „Gelb“ und „Rot“. Dabei ist „Grün“ die positivste mögliche Variante der Weltklima-Entwicklung, „Gelb“ steht für eine Weiter So- Variante und „Rot“ ist das klimapolitische Horrorszenario. Die drei Szenarien werden in Bezug auf Landwirtschaft, Stadtentwicklung, Energieversorgung und Transport betrachtet. In einem zweiten Schritt modelliert man die Klimaentwicklung in einzelnen Lebensräumen und versucht, Einflüsse auf Überleben und Verbreitung von Arten abzuschätzen. Dem geschulten Beobachter kommen hier Zweifel, ob Geo-Biozönosen einfach so auf Wanderschaft gehen? Aber die Modellannahmen der ALARMisten sind nun einmal so und spätestens am Nordpolarmeer ist die natürliche Grenze solcher Wanderungsbewegungen erreicht. Nach jedem Kapitel sind Testaufgaben zu absolvieren: Lückentexte, verschiebbare Flash-Grafiken oder Tabelleneinträge, die nur die jeweils richtige Lösung zulassen. Das neunmalkluge und/ oder hyperaktive Kind absolviert so etwas in wenigen Sekunden, ohne groß darüber nachzudenken. Auf einem Arbeitsblatt ist eine Fantasiereise zu protokollieren, deren Aufgabenstellung allerdings stark erklärungsbedürftig ist. Virtuelle Exkursionen führen zu vier Landschaften in ganz Deutschland: ins Voralpenland bei Benediktbeuern, in die Porphyrkuppenlandschaft der Franzigmark bei Halle/S., ins Emsland bei Papenburg und in den Hochharz am Torfhaus. Virtuelle Freiland-Beobachtungen werden dargeboten und mit Aussagen zum Klimawandel verknüpft.
In einer Artengalerie können Steckbriefe einzelner Arten angewählt werden, die über Lebensweise, Ansprüche und mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensräume einer Art informieren. Schließlich sollen in einem Abschnitt „Sei aktiv“ eigene Handlungsmöglichkeiten erkundet werden: ökologisches Gärtnern, Bäume pflanzen, die Dokumentation eines Pflanzenlebens im Jahreslauf, Geschichten, Gedichte oder Lieder über Bäume werden angeregt, bleiben dann aber irgendwie als „Einzelbäume“ in der didaktischen Landschaft stehen. Links zu einem Wildkatzen-Simulationsprogramm, zum Tagfalter-Monitoring, zur Wiesenknopf-Kartierung und dem EUBaummonitoring- Projekt BEAGLE stellen Beziehungen in das weite Feld möglicher Umweltaktivitäten her. Echte Lebenshilfe bieten Tipps für Einkaufen, Essen, Trinken, Lüften, Heizen, Waschen und Radfahren – wobei sich hier auch jene gouvernantenhafte Bevormundung austobt, die noch beim tolerantesten Naturfreund alle Warnlampen vor einer sozialräuberischen Ökodiktatur aufleuchten lassen. Insgesamt wirkt die Lernsoftware PRONAS unübersichtlich, komplex und durchgängig erklärungsbedürftig (http://www.ufz.de/pronas-lernsoftware/).
Wer eine packende und von den Inhalten her schlüssige und ausgewogene Software für Kinder an Regentagen sucht, ist mit der bereits erwähnten Wildkatzen- Simulation „Katz und Maus“ des BUND besser bedient: eine Landschaft um drei thüringische Dörfer soll möglichst wildkatzenfreundlich gestaltet werden. Dazu können Restflächen gekauft und umgestaltet werden. Zwischendurch kann man sein Wissen über Wildkatzen im Quiz testen und dann sehen, wie es der Wildkatze Martha und ihren Gefährten in der gerade gestalteten Landschaft ergeht. Wichtig ist, dass der Spieler auch Fehler machen kann, die sich im weiteren Verlauf der Simulation auswirken und den virtuellen Wildkatzen das Leben schwer machen. Die (unsignierte) Java-Anwendung „Katz und Maus“ kann hier aufgerufen werden
Dietmar Sievers