In vielen Teilen der Welt haben konventionelle Landwirtschaft und modernes Leben die Landschaften um unsere Städte und auf dem Land negativ verändert. Luftaufnahmen aus Sachsen-Anhalt zeigen, dass ausgedehnte Felder die Landschaft dominieren und jeder Zentimeter landwirtschaftlicher Anbaufläche für den Anbau von konventionellen Feldfrüchten genutzt wird, sodass wenig Raum für Wiesen, Hecken und klassische Wegraine bleibt. Wo gepflegte monokulturelle Rasenflächen weniger formale Gärten ersetzt haben, gibt es kaum noch Blüten als Nahrungsquelle und auch weniger natürlichen Lebensraum. Ackerrandstreifen sind eine wichtige Pollen- und Nektar quelle, die alle bestäubenden Insekten für ihren Lebenszyklus benötigen. Es handelt sich quasi um ein Bed and Breakfast für Bestäuber. Das bedeutet Nahrung zum Leben, während wir Nahrung für uns produzieren - auf demselben Feld.
Was sind Ackerrandstreifen? Es sind begrünte Streifen von wenigen Metern Breite entlang von Äckern, die als Grünland angesät sind oder mit Sträuchern und Bäumen bepflanzt werden.
Wozu nützen Ackerrandstreifen? Sie steigern den Erholungswert unserer Landschaft durch ein attraktives Landschaftsbild. Sie tragen zum Schutz unserer Natur an intensiv genutzten Ackerflächen bei.
Sie tragen zum Schutz unserer Böden und Gewässer durch Rückhalt von Erde und Wasser im Feld bei.
Wie wirken Ackerrandstreifen? Sie wirken auf nahezu allen Standorten der Feldflur als Pufferzonen zwischen unterschiedlichen Nutzungsansprüchen, besonders an viel genutzten Feldwegen und in Nachbarschaft von ökologisch wertvollen Biotopen. Auf erosionsgefährdeten Böden oder Ackerflächen in Gewässernähe können positive Wirkungen zum Bodenerhalt, zur Wasserreinhaltung und beim Entschärfen von Hochwasserspitzen erzielt werden.
Ackerrandstreifen schaffen mit ihrer netzartigen Verteilung in einer ausgeräumten Feldflur ein ansprechendes, abwechslungsreiches Landschaftsbild mit erhöhtem Erholungswert. Das positive Landschaftserlebnis steigert die Kenntnis und Wertschätzung der heimischen Kulturlandschaft und dient so dem Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Nutzungsinteressen von Landwirtschaft, Naturschutz und Erholung/Touristik. In den Ackerrandstreifen wachsen Pflanzenarten, die in unserer intensiv genutzten Ackerflur selten geworden sind wie Wiesensalbei, Wiesen- flockenblume oder Margerite. Die Kombination von Randstreifen, Hecken und kleinteiliger Landbewirtschaftung schafft günstigen Lebensraum für nahezu alle heimischen Tierarten im nördkichen Saalekreis. Aus tierökologischer Sicht kommt diesen Bereichen deshalb eine hohe Bedeutung zu. Randstreifen tragen zum Schutz der Böden bei. Durch die ganzjährige Begrünung wird die natürliche Wasseraufnahme der Böden wiederhergestellt und der Abfluss von wertvollem Mutterboden bei Regen erheblich verringert. Dadurch werden Gewässer vor Einträgen von Nährstoffen und Pflanzenschutzmitteln geschützt und Hochwasserspitzen entschärft.
So verblieben bei einem Test über 99% des Bodens, welcher nach starkem Regen von oberhalb gelegenen Äckern zufloss, in den Randstreifen und über 20% des zufließenden Wassers versickerte. Ein Grund hierfür ist die nahezu doppelte Anzahl von Regenwurmröhren in Randstreifen gegenüber einem Weizenfeld.
Prinzipiell kommen für die Anlage von Randstreifen alle Ackerflächen in Frage. Aus landwirtschaftlicher Sicht sind ungünstig zugeschnittene Flächen, Dreiecksformen am Schlagende oder auch ertragsschwache Standorte in besonderer Weise geeignet. Hier sind die Ertragsverluste vergleichsweise gering, die Bewirtschaftung vereinfacht sich. Die Ackerrandstreifen sind wirtschaftlich interessant, da sie als Stilllegungsflächen im Gemeinsamen Antrag geführt und die zusätzlichen Aufwendungen durch ein Förderprogramm vergütet werden könnten. Nach Beendigung des angestrebten Förderprojektes könnte die zukünftige Pflege der Randstreifen gut in die routinemäßige Landbewirtschaftung integriert werden.
In Deutschland nehmen bereits ca. 2500 Landwirte an Programmen zur Renaturierung von Wegrainen und Gewässerrandstreifen teil. Wie sieht es im Raum Halle/Saale und dem Saalekreis aus? Die hallesche-störung e.V. hat sich dieser ernstzunehmenden Problematik angenommen. Seit Januar 2013 analysieren wir die landwirtschaftliche Situation der Stadt Wettin-Löbejün, im nördlichen Saalekreis. Nicht nur weil wir hier unseren Vereinssitz für den Saalekreis haben, sondern weil der "Naturpark unteres Saaletal" sich hier von einer seiner schönsten Seite zeigt. Unsere Recherchen haben ergeben, das auch hier mehrere Landwirtschaftliche Betriebe systematischen Landraub betreiben, in dem sie Jahr für Jahr die Ackerrandstreifen, Grabenböschungen und Wegraine Stück für Stück überackern und so ganz schnell einige Tausend Quadratmeter an Fläche dazu gewinnen. Nach Anwohnerbefragungen im Raum Gimritz, Brachwitz, Friedrichschwerz, Döblitz und Neutz-Lettewitz wurden in den letzten Jahren ganze Wander-/Feldwege überackert sowie ausgewachsene Bäume, Hecken und Wassergräben zerstört. Sogar Neuanpflanzungen von Bäumen und diverse Renaturierungsmaßnahmen der Stadt Wettin-Löbejün wurden nach kurzer Zeit geschädigt.
Dies führt soweit, das auch öffentliche Verkehrsstraßen nach stärkeren Niederschlägen durch Erosion unpassierbar werden. Die Gefahr von Wildunfällen erhöht sich beträchtlich. Reh-/Schwarzwild haben keine Orientierungsmöglichkeiten wenn sie ein bestelltes Mais- oder Rapsfeld durchqueren und ohne Randstreifen unmittelbar auf der Straße landen.
Weg- und Feldraine zählen zu NICHT landwirtschaftlich genutzten Flächen. Laut Bundesnaturschutzgesetz (§39) sind diese Flächen so zu behandeln, das die Tier-oder Pflanzenwelt nicht erheblich beeinträchtigt wird. Insoweit müssen bei der Durchführung von Maßnahmen auf diesen Flächen die Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes zwingend beachtet werden. Verstöße gegen diese Verbote sind - wie auch Verstöße gegen §39 Abs.5 - sämtlich bußgeldbewehrt und können u. U. sogar eine Straftat darstellen, wenn die vorsätzliche Handlung gewohnheitsgemäß begangen wird oder wenn sich die vorsätzliche Handlung auf ein Tier oder eine Pflanze einer streng geschützten Art bezieht.
Qelle (BNatSchG) §5Abs.2Nr.3; §39Abs.5Nr.1, §44Abs.1
Auf Wegrainen leben zahlreiche Tier- und Pflanzenarten der Kulturlandschaft. Weil auf Äckern gepflügt, gedüngt und mit Pestiziden gespritzt wird, sind im Gegensatz dazu die ungenutzten, ganzjährig verfügbaren Wegraine besonders wichtig als Lebensräume.
Laut Nitratrichtlinie der EU, mit der unsere Wasserqualität geschützt werden soll, überschreitet Deutschland den Grenzwert seit 2008 an über der Hälfte aller Messstellen. Hauptursache sind das Ausbringen von Gülle aus Massentierhaltung sowie der Anbau von Monokulturen mit hohem Düngemittelbedarf. Auch uns ist das besonders häufige Düngen der Felder nicht verborgen geblieben. Man braucht nur aus dem Fenster unseres Vereinssitz zu schauen und blickt auf einige Hektar Ackerfläche und ihre landwirtschaftliche Ausbeutung. Die Europäische Kommision hat bereits die Zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland eingeleitet. Dies wird zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof führen, wenn Deutschland nicht binnen zwei Monaten Sofortmaßnahmen einleitet.
Die hallesche störung e.V. hat das Projekt mit dem Titel "Feldraine im nördlichen Saalekreis als Biotope und Landschaftselemente schützen und erhalten" entwickelt um selber Aktiv zu werden.
Dabei sind wir an einer kooperativen Zusammenarbeit mit der Stadt Wettin-Löbejün besonders interessiert weil sie eine landschaftliche und historisch tragende Rolle im nördlichen Saalekreis spielt. Für die Umsetzung des Projektes suchen wir engagierte Bewohnerinnen und Bewohner, örtliche Landwirte, Unternehmen und Projektflächen in Form von Grün-/Ackerland, Wegrainen oder Naturschutzzonen wie z.B. Porphyrkuppen oder Steinbrüche.
Weitere Informationen und Kontakt unter kathe@hallesche-stoerung.de