Was sie nie über Geld zu wis­sen gewagt haben - Neue Pro­duk­ti­on des Thea­ter APRON räumt auf

Wir ken­nen ihn alle, den etwas zu groß und zu polt­rig gera­te­nen Finanz­an­la­ge­be­ra­ter mit 80er-Jah­re-Charme namens Mar­kus, Kars­ten oder Jens-Uwe. Genau so eine Arche-Type eröff­net den Thea­ter­abend und stellt erst mal eines klar: Nichts ist mehr wie frü­her in der Finanz­welt. Dass das Publi­kum dies zwar weiß, aber genau­so auch weiß, dass es nichts weiß, schafft von Anfang an die nöti­ge Auf­merk­sam­keit für einen aus­führ­li­chen Par­cours zum Thema.

Die­se reißt bis zum Ende des Stücks kei­nes­wegs ab, denn Autorin und Regis­seu­rin Andrea Mar­tin weiß bei aller auf­klä­re­ri­schen und kri­ti­schen Mis­si­on auch sehr gut zu unter­hal­ten. Abwechs­lungs­reich und immer wie­der über­ra­schend geht es mit einem wil­den Mix aus Agit-Prop, Brettl-Komö­die, Mul­ti­me­dia, Sprech- Tanz-, Schat­ten- und Kör­per­thea­ter zur Sache.

Theo­rie und Praxis

Das Stück, des­sen Ent­wick­lung ins­ge­samt vier Jah­re dau­er­te, hat es in sich. Gan­ze 30 Bücher zum The­ma las die Autorin und stellt sie auch in einem Büh­nen­bild-Regal als Refe­renz zur Schau. Die mit die­sen Büchern mani­fes­tier­te Viel­falt der Betrach­tungs­wei­sen setz­ten die Theatermacher_innen von APRON auch im Stück um.

Die beun­ru­hin­gen­den tages­po­li­ti­schen Details der Finanzkrise(n) wie Zins­tief, Infla­ti­on oder Bail-in wer­den eben sowe­nig aus­ge­las­sen wie die schrei­en­de Unge­rech­tig­keit des trans­glo­ba­len Kre­dit­we­sens an Staa­ten oder die an sich unglaub­li­che aber all­täg­li­che Pra­xis der Kre­dit­schöp­fung aus dem Nichts durch gewöhn­li­che Geschäfts­ban­ken. Als Zuschau­er die­ser mone­tä­ren Auf­klä­rungs­re­vue wird man aber nicht im Fak­ten- und Theo­rie­sa­lat allein­ge­las­sen, son­dern erhält Hin­wei­se auf Gegen­ent­wick­lun­gen und Alter­na­ti­ven – Stich­wor­te: Moneta­ti­ve, Regio­nal­wäh­run­gen, Bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men oder Gemein­wohl-Öko­no­mie. Und wenn die Anfän­ger-Bank­räu­ber­cli­que es sich schliess­lich anders über­legt und lie­ber selbst eine Bank­li­zenz erwirbt, kann mit Brecht auf den Lip­pen ange­sto­ßen wer­den, denn sat­te Boni sind sicher und die Rah­men­hand­lung über­zeu­gend abgeschlossen.

Erfri­schend anders

Die neue Pro­duk­ti­on „GELD“ des Thea­ters APRON hebt sich wohl­tu­end ab vom gewohn­ten Kos­tüm­schin­ken- oder Din­ner­ko­mö­di­enstil der hie­si­gen Ama­teur­sze­ne. Dies ver­dient nicht nur tosen­den Bei­fall wie am Ende der Auf­füh­rung gesche­hen, son­dern dank­ba­ren Respekt.

Denn genau sol­che For­men des Thea­ters braucht es wie­der, damit wir weder auf die beschö­ni­gen­den Reden der ver­ant­wort­li­chen Poli­ti­ker noch auf die Brand­re­den der Rat­ten­fän­ger hereinfallen.

 

Geld – Das Stück zum Schein

nächs­te Vorstellungen:

  • Frei­tag | 29.04.2016
  • Sonn­abend | 30.04.2016
  • Frei­tag | 20.05.2016
  • Sonn­abend | 21.05.2016

alle Vor­stel­lun­gen jeweils 20:00 Uhr im Thea­ter Man­drosch­ke Halle

 

Foto oben: marcus-andreas-mohr.de

Kommentar verfassen