Alle zwei Jahre findet in Halle wie anderswo die "Faire Woche" statt. Auch in diesem Jahr wird es ab Mitte September wieder öffentlichkeitswirksame Aktionen rund um die Themen "Fairtrade" und fair gehandelte Produkte geben. Die Hallesche Störung hat mit Ulrike Eichstädt von der Projektgruppe "Fairtrade Town Halle" über die Aktionswoche gesprochen.
Was ist die "Faire Woche" , seit wann gibt es sie und welche Ziele verbinden sich mit ihr?
Die Faire Woche ist die größte Aktionswoche zum Fairen Handel in Deutschland. Sie fand 2001 zum ersten Mal statt und wird seit 2003 jedes Jahr in der zweiten Septemberhälfte durchgeführt - so auch diese Jahr vom 16. bis 30. September 2016 - und zwar unter dem Thema "Fairer Handel wirkt". Veranstalter ist das Forum Fairer Handel in Kooperation mit TransFair und dem Weltladen-Dachverband. Die Planung und Umsetzung der jährlich rund 2.000 bis 2.500 Aktionen übernehmen lokale Gruppen und Organisationen, wie Weltläden, Aktionsgruppen, kirchliche Gruppen, Unternehmen, Supermärkte, Fairtrade-Schulen oder gastronomische Betriebe.
Vor mehr als einem Jahr wurde Halle der Titel "Fairtrade Town"verliehen. Waren das aus Eurer Sicht Vorschusslorbeeren oder ist das bereits eine wohl verdiente Auszeichnung?
Wie in jeder Stadt in dies ein langer Weg ist. Zu unserem Selbstverständnis gehört, dass die Stadt Halle nicht nur die Stadtverwaltung ist, sondern dass die Stadt aus ganz verschiedenen
Akteuren besteht- Stadtverwaltung, Stadtrat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft (NGO, Kirchengemeinden, Schulen usw.). Auf der Ebene Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist viel passiert, auch
die Stadtratsfraktionen engagieren sich im Prozess Fairtrade-Town. Und auch auf der Ebene Stadtverwaltung kommt einiges ins Rollen, auch wenn das ein langer Weg ist und immer auch von engagierten Personen abhängt. Wir sehen den Titel Fairtrade-Town als Motivationsschub und Meilenstein auf dem Weg weiter in Richtung "Global denken- lokal handeln" in Halle. Die Stadt Halle unterstützt aber trotz Geldknappheit unsere Arbeit bereits seit der Gründung der Projektgruppe Fairtrade-Town intensiv - wir nutzen Equipment und Räume im Stadthaus für die Treffen der Projektgruppe aber auch direkt für Veranstaltungen kostenfrei, für das Faire Frühstück unterstützt uns die Stadt mit der kostenlosen Bereitstellung der Bänke und Tische auf dem Markt.
Die Steuerungsgruppe (jetzt Projektgruppe) Fairtrade-Town arbeitet weiter und trifft sich seit der Titelverleihung auch weiterhin regelmässig. Verschiedene Projekte wurden in 2016 realisiert- dazu gehört ein Gespräch der Gruppe mit dem Oberbürgermeister (dort wurde vereinbart, sich regelmässig zu treffen), im Moment arbeiten wir daran, dass es in Halle Haushaltsmittel für das Thema Fairer Handel /Globale Gerechtigkeit gibt.
Die großen Discounter haben mittlerweile alle eine kleine Fair Trade - Ecke. Welche positiven Beispiele könntet Ihr im Bereich der kleinen unabhängigen Händler und Produzenten für Halle oder die Region nennen?
Der Faire Stadtkaffee "Hallorke" wurde gemeinsam mit Cafe Chavalo Leipzig entwickelt (wir hätten das gerne in Halle angesiedelt, fanden aber bei der Halleschen Kaffeerösterei am Eselsbrunnen kein Interesse). Darüber hinaus führen zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte fair gehandelte Produkte in ihrem Sortiment, verschiedene Cafes, Eiscafes (z.B. ein neu entstandenes Eiscafe am August-Bebel-Platz) und z.B. auch das neue vegane Bistro "superfood" haben fair gehandelte Produkte im Sortiment. Biomarkt am Reileck, Ökohalle, Biotopia und Naturell sowie der Naturkostladen "Rucola" von Andreas Merker im Süden der Stadt und auch die Food-Coop Rübchen führen als kleinere Läden (bzw. bei der Food-Coop als Verbrauchergemeinschaft) ebenfalls fair gehandelte Produkte im Sortiment. Und natürlich gibt es den Weltladen, der als Vorreiter ausstrahlt. Nicht zu vergessen auch die unabhängigen Programmkinos PuschKino und Luchs.Kino, die schon seit Jahren fair gehandelte Produkte im Sortiment haben. Die Liste ist lang und hier können nur Beispiele genannt werden.
Im Textilbereich gibt es auch gute Entwicklungen, z.B. auch das Ankleidezimmer und die Libelle führen als Textilgeschäfte fair gehandelte Kleidung, das Lolalü hat fair gehandeltes Spielzeug im Sortimente. Im Rahmen der Titelverleihung kamen wir auch im Bereich Outdoor-Bekleidung in Kontakt und Austausch mit dem Ötzi, die bei einzelnen Marken auch bereits Kleidung mit dem
Fair Wear Logo im Sortiment haben.
Unsere Karte mit den Geschäften und gastronomischen Einrichtungen auf der Website www.fairtrade-halle.de ist sicher unvollständig, wir freuen uns immer über neue Informationen dazu, um die interaktive Karte auf der Website weiter zu füllen...
Halle ist von seiner Sozialstruktur sehr disparat in Milieus aufgeteilt, die sich auch in Stadtbezirken und Lebenswelten abbilden. Welche Menschen würdet Ihr nach Euren Beobachtungen als fair-affin bezeichnen und wer hätte eher Nachholbedarf? Anders gefragt: Wo seht Ihr als Projektgruppe noch Potenzial, um das Thema fair Trade in Halle stärker zu verorten?
Wir würden gerne vor allem Menschen in Wohngebieten wie Halle-Neustadt aber auch aus anderen Stadtteilen stärker erreichen. Da ist auf alle Fälle Nachholebedarf. Deshalb versuchen wir auch niedrigschwellige Angebote zum Fairen Handel /zum Thema Globale Gerechtigkeit zu machen, z.b. das Faire Frühstück. Günstig sind hier auch Bildungsveranstaltungen zum Globalen Lernen direkt in Schulen und Kitas, die ja einige NGO`s in Halle regelmässig- und auch gerade in Schulen in Halle-Neustadt durchführen.
Aber das Thema Globale Gerechtigkeit hat in allen Bevölkerungsgruppen in Halle noch Potenzial. Gerade in Zeiten von knappen Kassen ist Perspektivenwechsel auf die Lebenssituation anderswo (Global denken) oft nicht angesagt. Das ist eine Herausforderung, hier auch immer wieder andere Zielgruppen zu erreichen.
Veranstaltungstipps zur Fairen Woche 2016 Halle
//15.9.2016, 18 Uhr im PuschKino//
//FSC- Illegale Abholzung mit Siegel- Film und Diskussion mit Marianne Klute von Rettet den Regenwald//
//17.9.2016 //
//Faires Mitbringfrühstück auf dem Marktplatz Halle//
//9.30-11.30 Uhr//
//21.9. 2016, 19 Uhr//
//Preda- deutschsprachiges Musical//
// im Puschkinhaus in der Kardinal-Albrecht-Straße 6, Halle//