Einen deutlichen Erfolg kann die Hallesche 'Fridays For Future' – Bewegung bereits verbuchen. Die Stadt versucht sich an die Demonstrierenden anzunähern. Nachdem schon im April einige Schüler den Stadtrat eingeladen wurden, kamen in der vergangenen Woche mehrere Politiker und Stadtvertreter in die Goldene Rose, um dort direkt und konkret mit ihnen über ihre Forderungen zu diskutieren.
Unter den Teilnehmenden Stadträten waren unter anderem Dennis Henning von den Grünen, Hendrik Lange von den Linken, Kai Krause von der FDP und Malthe Hirschbach von Die Partei. Von den Stadtwerken waren Matthias Lux und Jens Rudolph zugegen. Von der städtischen Verwaltung kamen Oliver Pausen (Grüne) in Begleitung von Sabine Ernst und Pressesprecher Drago Bock. Der Forderungskatalog enthielt die vier Themenfelder Mobilität, Energie, Ernährung und Sonstiges.
Konkrete Vorstellungen und Forderungen
Beim ersten Punkt ging es gleich zur Sache: Hier verlangten die jungen Aktivisten eine Senkung des Benzinverbrauchs um 50 Prozent. Dafür soll der Umweltverbund (ÖPNV, Rad und Fußverkehr, Car- u. Bikesharing) gestärkt, Fahrradmobilität ausgebaut und zeitnah der Verkehr in der Innenstadt verringert werden, bis hin zur Idee einer autofreien Innenstadt.
Auch der kostenlose Nahverkehr kam zur Sprache. Hier kam man erwartungsgemäß schnell zur Kostenfrage. Sollte dafür eine Steuer für alle Bürger der Stadt oder nur für Unternehmen an Stelle des Fahrpreises kommen? Fridays For Future schlug hier eine Zusatzsteuer vor. Am Ende war man sich einig, dass die Finanzierungsebenen auf kommunaler Ebene diskutiert werden müssen.
Vision autofreie Stadt
Beim Thema 'autofreie Innenstadt' diskutierten die Schüler*innen mit Hendrik Lange (Linke) und Oliver Pausen (Grüne). Während Lange die Idee temporärer Verkehrseinschränkungen unterstützt, brachte Paulsen hier bedenken zum Ausdruck. Regelmäßige Fahreinschränkungen dürften von von kommunaler Seite den Bürgern nicht auferlegt werden, da dies auf Bundesebene entschieden werden müsse. Hier wünschten sich die 'Fridays For Future'-Aktivisten mehr Mut zur Lösungssuche und langfristige Planstrategien nach Vorbild der Niederlande. Solche wären in der Stadt zwar gegeben, jedoch nicht mit ausreichender Entscheidungskraft angegangen.
Botschaft an die Stadtwerke
Auch für die Energiewende legte Fridays For Future konkrete Forderungen vor: 50 Prozent erneuerbare Energiegewinnung bis 2026, Stopp des Zukaufs von Kohle- und Atomstrom, und die ausschließliche Versorgung von öffentlichen Einrichtungen mit Ökostrom. Desweiteren solle die Stadt stärker klimaneutrale Projekte fördern und Ideen für Klimaschutz sicherbarer machen.
In die Kritik gerieten hier vor allem die Stadtwerke, welche zwar in ihrer Palette fair angepreiste grüne Stromangebote haben, jedoch unsaubere Sparangebote gern in ihrer Liste nach ganz oben stellt und so am sichtbarsten macht. Ganz offensichtlich werde das Thema Nachhaltigkeit auf die Verantwortung der Kunden abgewälzt. Der Kanon der Schüler: Das soll zukünftig besser angegangen werden.
Regio und Bio auf den Tisch!
Beim Thema Ernährung wurde eine Zusammenarbeit der Stadt mit der umliegenden Landwirtschaft gefordert. Vegane, vegetarische und ökologisch hergestellte Lebensmitteln sollen in öffentlichen Einrichtungen wie Universitäten und Schulen verstärkt angeboten und gefördert werden. Auch ein Wegwerfverbot für Lebensmittel im Handel sowie die Stärkung von Projekten gegen Verschwendung kamen zur Sprache.
Last but not least fielen unter Sonstiges die allgemeinen Umweltschutzbemühungen: Aufklärung über die Folgen des Klimawandels, Insektenschutz (z.B. durch Blühstreifen an Straßen- und Wegesrändern), Verringerung der Müllproduktion, z.B. durch Verbot von Einwegplastik auf städtischen Veranstaltungen, Recyclingpapier an öffentlichen Einrichtungen und den Abzug von Investitionen in fossile Brennstoffunternehmen und wenn möglich die Reinvestition in nachhaltige Anlagen.
Noch nicht das letzte Wort
Auch hier fürten die Teilnehmer eine weitgefächerte Diskussion. Im Anschluss boten die Vertreter der Stadt weitere Treffen für Gespräche und gemeinsame Projektarbeit an. Besonderes Lob kam von Hendrik Lange (Linke), welcher die Ideenvielfalt begrüßte, den Dialog und das schrittweise Vorgehen als besten Weg für eine ökologische Entwicklung der Stadt sah und wünschte einen baldigen Katalog für eine Arbeitsstrategie. Von Dennis Henning (Grüne) kam der Vorschlag Experten hinzuzuholen, welche immerhin die Thesen von Fridays For Future unterstützen. Weitere Treffen werden nun abgesprochen in den jeweiligen Fraktionen abgesprochen.
Andre Sebald

Foto: A.Sebald