Biosphärenreservate werden in Deutschland zunächst nach Landesrecht ausgewiesen. Ziel war dabei bisher immer die Anerkennung durch die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation) und die Aufnahme in das weltweite Netz der Biosphärenreservate, die mit üppigen Fördermöglichkeiten verbunden ist.
Bereits in der DDR gab es zwei Biosphärenreservate: den Steckby-Lödderitzer Forst und das Vessertal. Im vereinigten Deutschland gibt es mittlerweile 16 UNESCO-Biosphärenreservate, wobei es von der Ausweisung nach Landesrecht bis zur Anerkennung durch die UNESCO unterschiedlich lange dauerte.
Landesherrliche Allgemeinverfügung
Besonders lange dauert es im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz. Die Allgemeinverfügung des Landes Sachsen-Anhalt über die Erklärung zum Biosphärenreservat "Karstlandschaft Südharz" stammt vom 23. 02.2009. Schon vor der Gemeinde-Strukturreform stellte eine stabile Mehrheit in den betroffenen Städten und Gemeinden Bedingungen für die Zustimmung zum Großschutzgebiet. Das Land ging darauf nicht ein, also waren die Gemeinden dagegen. Seit September 2010 gibt es die Einheitsgemeinde Südharz in ihrer jetzigen Ausdehnung. Diese verlangt weiterhin eine vertragliche Regelung mit dem Land zur Vereinbarkeit von Wirtschaft und Naturschutz in der Gemeinde. Eine Verordnung des Landes sollte sicherstellen, dass es „keine Verschlechterung für die Wirtschaftsbetriebe“ gebe. Die Einheitsgemeinde forderte Mitbestimmung bei der Besetzung des Beirates der Reservatsverwaltung. Das Rottleberöder Gewerbegebiet sollte erweitert werden dürfen und die Höhle "Heimkehle" ganzjährig genutzt werden.
So umfassende Garantien wollte der damalige Umweltminister Herrmann Onko Aikens (CDU) nicht geben, also lehnte die Einheitsgemeinde Südharz den Antrag an die UNESCO ab, er wurde gar nicht erst gestellt. Doch das Land schuf Tatsachen: 25 Vollzeit-Stellen in der Verwaltung des landesherrlichen Biosphärenreservats, obwohl diese erst drei Jahre nach Anerkennung des Schutzgebietes durch die UNESCO gefordert wären. Eine Kritik des Landesrechnungshofs wurde lässig ignoriert, das NDR-Satire-Magazin "extra 3" berichtete 2014.
Wir sehen uns vor Gericht!
Inzwischen haben sich die Fronten weiter verhärtet. Im September 2016 wurde eine alte Klage der 2009 noch eigenständigen Gemeinde Rottleberode gegen die Ausweisung des Reservats durch das Land vom Verwaltungsgericht Halle verhandelt und abgewiesen. Die nun zuständige Einheitsgemeinde Südharz hat dagegen Berufung beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg eingelegt. Von einer lückenhaft informierenden Presse wird zumeist Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (parteilos) persönlich angegriffen, auch unterhalb der Gürtellinie. Dabei gab es in allen einschlägigen Abstimmungen in der Region stabile Mehrheiten von 60 bis 80 % gegen das "alternativlose" Reservat.
Die Kritik am Klageweg der Einheitsgemeinde Südharz gegen das Land scheint hingegen berechtigt: da das deutsche Verwaltungsrecht immer noch feudal strukturiert ist, könnte das Land auch in einer Allgemeinverfügung anweisen, dass der redensartige Mond in Sachsen-Anhalt künftig mit einer Stange weitergeschoben werde. Solange die Mehrheitsverhältnisse im Landtag dies hergeben, könnte das Land dafür Mittel und Vollzeitstellen bereitstellen. Um nicht falsch verstanden zu werden: der einzigartigen Gipskarstlandschaft im Mansfelder Land sind Schutz und Entwicklung in einem allgemein akzeptierten Biosphärenreservat sehr zu wünschen. Nur eben nicht auf dem Wege Merkelscher "Alternativlosigkeit" und brutaler Missachtung lokaler Politik(er).
MZ: Gemeinde Südharz geht in Berufung
Extra 3: Realer Irrsinn - Biosphäerenreservat im Harz
Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz
(Foto von Pixabay)
Gerade habe ich eine Umwelt-Nachricht von 2013 gefunden, die auch schon gegen die Legende von einem einzelnen Verhinderer spricht.
http://uxc.twoday.net/20130228/