Die Gebrü­der Schwetsch­ke und das Hal­le­sche Zei­tungs­we­sen um 1848

Mit­te des 19. Jahr­hun­derts hielt die Pres­se­frei­heit Ein­zug in Preu­ßen und damit auch in Hal­le an der Saa­le. Die Gebrü­der Schwetsch­ke gehör­ten damals zu den maß­geb­li­chen Akteu­ren im loka­len Zei­tungs­we­sen. Als bür­ger­li­che Demo­kra­ten und Medi­en­pio­nie­re unter­stütz­ten sie mit ihren Blät­tern die Revo­lu­ti­on von 1848. Als sich die Francke­schen Stif­tun­gen als Ver­lags­ei­gen­tü­mer auf die Sei­te der Reak­ti­on schlu­gen, gin­gen die Blatt­ma­cher eige­ne unab­hän­gi­ge Wege – mit Erfolg.

Die bei­den hal­le­schen Ver­le­ger und Dru­cke­rei­be­sit­zer Carl Fer­di­nand Schwetsch­ke und Carl Gus­tav Schwetsch­ke pach­te­ten am 1.Januar 1828 vom Wai­sen­haus die Ver­lags­rech­te für die Her­aus­ga­be einer Zei­tung mit dem Titel „Der Kurier, Hal­li­sche Zei­tung für Stadt und Land“. Die­ser Pacht­ver­trag galt bis 1848/50. Anstel­le von Tief­trunk über­nahm nun­mehr Dr. Carl Gus­tav Schwetsch­ke von 1828 bis 1843 den Platz des Chef­re­dak­teurs. Der Ver­trieb des „Kuriers“ für die 24 500 hal­le­schen Ein­woh­ner lag in den Hän­den der Buch­hand­lung Hem­mer­de und Schwetsch­ke in einem Gebäu­de am Markt/Ecke Klein­schmie­den. Die Zei­tung erschien von 1828 bis 1834 wöchent­lich zwei­mal. Der vier­tel­jähr­li­che Abon­ne­ments­preis betrug zwan­zig Silbergroschen.

Wei­te­re hal­le­sche Zei­tun­gen in der ers­ten Hälf­te des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts waren die im Jah­re 1830 von Fried­rich Wei­de­mann her­aus­ge­ge­be­ne Zeit­schrift „Sali­na die Zwei­te“ und das vom glei­chen Ver­le­ger 1833 ver­öf­fent­lich­te „Pfen­nig­blatt“. Die­se Blät­ter waren aber nur kurz­le­big und stell­ten für den „Kurier“ kei­ne ernst­haf­te Kon­kur­renz dar. Ab 1835 erschien der „Kurier“ unter der geän­der­ten Schreib­wei­se als „Der Cou­rier, Hal­li­sche Zei­tung für Stadt und Land“ mit wöchent­lich sechs Ausgaben.

Mit der Über­schrift: „Revo­lu­ti­on in Paris. Die Repu­blik pro­kla­miert“... brach­te am 29. Febru­ar 1848 „Der Cou­rier, Hal­li­sche Zei­tung für Stadt und Land“ bereits kurz vor Aus­bruch der Bür­ger­li­chen Revo­lu­ti­on in Deutsch­land ein revo­lu­tio­nä­res Flug­blatt her­aus. Die am 17. März 1848 in Preu­ßen ver­kün­de­te Bewil­li­gung der Pres­se­frei­heit wur­de von allen Zei­tungs­her­aus­ge­bern und so auch vom Ver­lag Schwetsch­ke freu­dig begrüßt. Nach Ver­kün­dung der Pres­se­frei­heit und der Auf­he­bung von Pri­vi­le­gi­en im Zei­tungs­we­sen fühl­te sich nun der Schwetsch­ke­sche Ver­lag nicht mehr an sei­nen Pacht­ver­trag mit dem Wai­sen­haus der Francke­schen Stif­tun­gen gebun­den und stell­te die Pacht­zah­lun­gen ein. Die Fol­ge waren zwei­jäh­ri­ge Besitz- und Zah­lungs­strei­tig­kei­ten, da sich die Francke­schen Stif­tun­gen wei­ter­hin als Eigen­tü­mer der Ver­lags­rech­te betrachteten.

Als ers­te demo­kra­ti­sche Zei­tung erschie­nen vom 22. April 1848 bis 7. Juli 1848 die Aus­ga­ben der Zei­tung „Das Volk“. Im kras­sen Gegen­satz zu die­ser Zei­tung stand die Hal­tung des seit 1799 her­aus­ge­ge­be­nen kon­ser­va­ti­ven „Hal­li­schen patrio­ti­schen Wochen­blat­tes“. In schar­fer Form wand­te sich die­ses Blatt am 24. Juni 1848 gegen die Bür­ger­li­che Revo­lu­ti­on und ihre Zie­le.´ Da sich die Francke­schen Stif­tun­gen wei­ter­hin als Eigen­tü­mer des Pri­vi­legs für die Her­aus­ga­be des „Cou­riers“ betrach­te­ten, distan­zier­ten sie sich mit einem Schrei­ben vom 1. Novem­ber 1850 von dem Ver­lag der Gebrü­der Schwetsch­ke. Die sofor­ti­ge Ant­wort des Schwetsch­ke­schen Ver­la­ges lautete:

„Der vor­ste­hen­den Benach­rich­ti­gung glau­be ich hin­zu­fü­gen zu müs­sen, daß nach dem Erschei­nen der neu­es­ten Preß­ver­ord­nun­gen der bis­he­ri­ge Pacht­kon­trakt unse­rer­seits aller­dings gekün­digt, den Fran­cki­schen Stif­tun­gen dage­gen für alle Fäl­le ein den ver­än­der­ten Umstän­den ent­spre­chen­der Jah­res­be­trag, so lan­ge die finan­zi­el­len Ver­hält­nis­se der Zei­tung es gestat­ten, von uns dar­ge­bo­ten, die Annah­me des letz­tern aber durch eine Ver­fü­gung des König­li­chen Minis­te­ri­ums der Geist­li­chen, Unter­richts- und Medi­ci­nal­an­ge­le­gen­hei­ten abge­lehnt wor­den ist. Mit Beginn des künf­ti­gen Jah­res wird in dem bis­he­ri­gen Schwetsch­ke­schen Ver­la­ge eine poli­ti­sche Zei­tung erschei­nen, wel­che nach wie vor der Sache der deut­schen Ein­heit und des Kon­sti­tu­tio­na­lis­mus die­nen und nament­lich auch die Inter­es­sen der Land­wirt­schaft und des vater­län­di­schen Gewer­be­we­sens in der gewohn­ten Wei­se ver­tre­ten soll. Eine nähe­re Mit­tei­lung dar­über wird vorbehalten.

Hal­le, den 2. Novem­ber 1850.

Dr. G. Schwetschke“

Jeder der bei­den Kon­tra­hen­ten gab des­halb ab 1. Janu­ar 1851 eine eige­ne Zei­tung her­aus. Im Titel unter­schie­den sich die bei­den Zei­tun­gen nur wenig. Die Francke­schen Stif­tun­gen gaben ab dem genann­ten Tage eine Zei­tung mit dem Titel „Cou­rier, Hal­li­sche Zei­tung für Stadt und Land“ her­aus, die jedoch schon nach drei Mona­ten ihr Erschei­nen been­de­te. Der als erfolg­rei­cher Kon­kur­rent sich behaup­ten­de Schwetsch­ke­sche Ver­lag im Grund­stück Gro­ße Mär­ker­stra­ße 10 mit sei­nem seit 1844 (bis 1880) nun als Chef­re­dak­teur täti­gen Dr. Scha­de­berg gab ab 1. Janu­ar 1851 eine Zei­tung mit dem Titel „Der Hal­li­sche Cou­rier (im Schwetsch­ke­schen Ver­la­ge) Zei­tung für Stadt und Land“ her­aus. Um mög­li­che Miss­ver­ständ­nis­se aus­zu­schlie­ßen, änder­te der Schwetsch­ke­sche Ver­lag ab 1. Okto­ber 1851 den Namen sei­nes „Cou­riers“ in den Titel „Hal­li­sche Zei­tung (im Schwetsch­ke ´schen Ver­la­ge) Poli­ti­sches und lite­ra­ri­sches Blatt für Stadt und Land“.

Dirck Wein­reich

 






 

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