Fast das ganze Schuljahr haben die Schüler ihr Projekt geplant. Im Vorfeld haben eine Verfassung angenommen, Parteien gegründet und ein Parlament gewählt. Zum Projektstart haben sie eine eigene Währung eingeführt und die Wirtschaft in Gang gebracht. Sie haben Behörden wie Polizei, Zoll und ein Standesamt besetzt, haben ein Theater, ein Kino, einen Zoo und einen TanzClub eröffnet.
Laura hat einen Sitz im Parlament und unterstützt den Wirtschaftskontrolldienst, wenn sie gerade keine Sitzung hat. Weil sie ihre Aufgabe ernst nimmt, hat sie auch eine Menge zu tun: Aufmerksam wandert von Firma zu Firma, von Behörde zu Behörde und befragt die Akteure nach ihrer Zufriedenheit und Problemen. Eine Mitschülerin betreibt eine Stickerfirma mit eigenen Motiven und klagt über zu wenig Umsatz. Der reiche nicht aus, um den vereinbarten Tageslohn auszuzahlen. Außer dem verlangt ihre Geschäftspartnerin und Firmenmitinhaberin ganze 50 Prozent vom Umsatz für jedes verkaufte Produkt. Weil aber auch 10 Prozent Steuern und Betriebsausgaben davon abgehen, geht die Rechnung am Ende nicht auf für sie. Laura hat einen pragmatischen Vorschlag: Für Firmen mit derlei Anlaufschwierigkeiten können bei der Regierung Subventionen beantragt werden.
Zwei Jungs vom Zoll stehen am elektronischen Checkout und beschweren sich über ein zu geringes Gehalt: 30 MonetIGS pro Schicht sind eindeutig zu wenig, befinden sie.
Laura verdient als Mitglied des Parlaments das Doppelte, aber längst nicht so viel wie die Jungs durch ein falsches Gerücht glauben: Sie hätten gehört, dass sich Parlamentsangehörige dreistellige Summen auszahlen würden. .. Auch hier gelingt es Laura, den Sozialfrieden zu retten. Die eingesammelten Probleme und Vorschläge nimmt sie mit auf ins tägliche Protokoll und auch in die nächste Parlamentssitzung.
Dieses kommt täglich in den Mittagsstunden zusammen und arbeitet eine Vorschlagsliste ab. Am ersten Projekttag kam sogar ein einstimmiger Beschluss zustande: Einwegbecher wurden im Rahmen eines Umweltgesetzes für alle getränkestände im gesamten Staat verboten.
Erstaunlich, dass das sogar die sehr liberale regierende FDI ( Freie Demokraten der IGS ) mittrugen.. Politisch gehört Laura einer Oppositionspartei an, die sich DUF nennt: Diversität, Umwelt und Fairness. Bei den Wahlen zum Parlament bekamen sie vier Sitze und können nun die Dinge mit beeinflussen. Eine andere erfolgreichere Partei nannte sich einfach EFA wie „Eis für alle“ . So geht’s auch, wenn man Stimmen einsammeln will.
Die Sache mit den MonetIGS ist deshalb so emotional wie im echten Leben vor dem Schultor, weil man sich tatsächlich etwas davon kaufen kann. Am Eingang zum Schulstaat garnIGS gibt es einen Zwangsumtausch in Höhe von 2 bis 5 Euro je Person. Erst danach bekommt man ein Visum. Der Rücktausch ist ausgeschlossen, weil das Geld sonst nur gehortet wird, wie frühere Spieldurchläufe gezeigt haben.. Die Nachrichtensendung auf dem youtubekanal des Staates GarnIGS berichtet von kriminellen Machenschaften. Ein Gefängnis gibt es zwar nicht, doch wer bei illegalen Geschäften, Betrug oder Gewalt erwischt wird, muss mit Geldstrafen rechnen. Immerhin hat die potenzielle Unterwelt auch ihre Bereiche im Schulstaat: Irgendwo auf einer Etage gibt ein richtiges Spielcasino.
„Schule als Staat“ heißt dieses pädagogische Planspielkonzept, welches bundesweit an vielen Schulen für eine Projektwoche stattfindet. Demokratie soll erlebbar gemacht und eingeübt werden, eigene Kompetenzen spielerisch entdeckt und selbstverantwortliches Handeln ermöglicht werden. Hier in der Integrieten Gesamtschule am Steintor funktioniert das erstaunlich gut und realitätsnah: Anstatt in einer utopischen Idealwelt finden sich die Akteure in ihren jewiligen Rollen mit handfesten Problemen konfrontiert, wie sie nun mal auftreten, wenn so viele Interessen ausgleichend und gerecht unter einen Hut gebracht werden wollen.
Mehr Spaß als das Pauken für Abiturnoten macht das allemal.
Und wer als „Erwachsener“ das Treiben beobachtet, stellt schnell fest, dass unsere Kinder uns einen Spiegel vorhalten. Das kann nicht nur sehr amüsant, sondern auch sehr erhellend sein.
mehr zum Projekt auf der >> Schulwebsite